Türme Der Dämmerung
über den dunkelgrünen Wogen des Ostmeeres auf.
Der Erzmagier nickt. »Bald …«
»Was bald?« Hartor betrachtet das Bild im Spiegel.
»Bald werden wir ihre Flotte gegen Blicke und Magie schützend verhüllen.«
»Jenred, glaubst du wirklich, dass Creslin diese Hülle nicht zu durchdringen vermag?«
Der dünne Magier lächelt, doch nur mit dem Mund. Seine rotbraunen Augen glitzern bösartig. »Selbstverständlich könnte er das … falls er hinsieht. Doch entspricht das nicht seiner Gewohnheit. Und diejenigen, die Ausschau halten, sind dazu nicht imstande.«
»Was ist mit der Abteilung aus Westwind? Warum hast du sie landen lassen?«
»Hätten wir sie angegriffen, hätten wir ihn alarmiert.«
»Ich weiß nicht. Mir missfällt die Vorstellung, dass sich die Garde von Westwind auf Recluce befindet. Und wie hätte er es erfahren sollen?«
»Von Klerris. Dessen Schwarze Hure war auf dem Küstenschoner.«
»Aber wird die Garde von Westwind nicht große Schwierigkeiten machen, falls … wenn die Hamoraner Landende stürmen?« fragt Hartor.
»Und wenn schon? Wir haben nichts zu verlieren. Entweder die Marschallin verliert Soldatinnen oder die Hamoraner. Creslin ist vernichtet, oder die Hamoraner erkennen, dass sie einen weiteren Feind auf den westlichen Kontinenten haben.«
»Gut. Und wenn Creslin siegt? Was ist mit Montgren?«
Jenred schnaubt verächtlich. »Was soll sein? Weder Creslin noch dieses Miststück Megaera werden je ihren Anspruch darauf geltend machen – und Sarronnyn kann es nicht. Der Herzog hat keine Erben. Dafür haben wir gesorgt. Es wird uns gehören – sogar ohne Kampf. Korweil kann nicht mehr lange leben.«
»Ich wünschte, ich wäre dessen so sicher wie du.« Jenred blickt in den Spiegel und auf die Schiffe darin. Mehr als genug, um Landende zu erobern. Mehr als genug.
XCIII
» B ist du sicher, dass du nicht versuchen willst, das Blutsband zu ihr zu brechen?«
Die beiden Männer schauen über die dunklen Klippen auf die lang gezogene Dünung des grünschwarzen Nordmeers in die Ferne. Nur gelegentlich zeigen sich Schaumkronen. Trotz der Wolken ist kein Regen gefallen, und der feine rote Staub von der Straße ist auf die Terrasse geweht.
Die Frauen der Garde beginnen mit den Mauern des zweiten Gästehauses. Dazu verwenden sie die Steine, die Creslin behauen hat. Klerris hat genügend Holz für das Dach herbeigeschafft.
»Was würde das nützen? Lydya sagt, das Band würde sich trotzdem bilden.« Creslin stützt sich auf die niedrige Mauer. Die Schwarze Residenz ist zwar weitgehend fertig, doch es fehlen die Fenster, und die Küche ist noch kahl. Creslin arbeitet an den Steinplatten für die Wege zum zweiten und dritten Gästehaus. Er hofft, dass jemand sie benutzen wird.
»Es könnte dir etwas Zeit erkaufen.«
»Hat uns das geholfen?« Creslin kann nicht mehr dastehen und auf Megaera warten. Obgleich sie auf Geduld besteht, spürt er ihre Gefühle ständig deutlicher, und es ist ihm klar, dass sie Geduld nur als Vorwand benutzt, um sich ihren Gefühlen zu ihm nicht zu stellen – und seinen für sie.
Er begehrt sie. Das vermag er nicht zu leugnen. Aber er liebt sie auch aufgrund anderer Qualitäten, die sie besitzt. Sie ist entschlossen, klug, scharfzüngig, doch freundlich und mitfühlend, wenn sie sich nicht bedroht fühlt.
»Ich bezweifle noch immer, dass dieses Doppelband klug ist«, erklärt Klerris.
»Ich hatte keine Wahl.«
Klerris runzelt die Stirn.
»Lydya hat recht behalten. Ich habe bereits Megaeras Gefühle und Gedanken gespürt. Wir sind aneinander gebunden, in guten und in schlechten Zeiten. Jetzt – wenn sie in der Feste wohnt und ich hier – haben wir nur die stärksten Gefühle, doch über kurz oder lang wird das keine Rolle mehr spielen.«
»Was willst du tun?«
»Warten, bis das Band fester geworden ist.« Creslin macht eine Pause. »In der Zwischenzeit sollten wir über einen guten Fluss und ein Wasserschöpfrad nachdenken.«
»Ein Wasserschöpfrad?« Der Schwarze Magier schüttelt den Kopf. »Ich glaube nicht, dass du es begriffen hast. Wenn Megaera das will, vermag sie euch beide in wenigen Tagen zu töten. Vielleicht wartet sie nur darauf.«
Der junge Mann mit dem Silberhaar hört zu, bearbeitet jedoch weiter mit Hammer und Meißel den schwarzen Stein auf dem Block. Einen Augenblick lang spürt er salzige Gischt und hört den Schrei einer Möwe. Ist das nur eine Einbildung? Er glaubt es nicht.
»Könnte sie so verzweifelt sein?«
Klerris
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