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Türme Der Dämmerung

Titel: Türme Der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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erwartest, dass alle dir folgen. Doch ich bin nicht deine Marketenderin! Ich muss deinen Schutzengel spielen, aber nicht, weil ich mich nach deinem Körper oder deiner Seele sehne.«
    »Aber du bist doch stets an meiner Seite geblieben …« Creslin runzelt verwirrt die Stirn.
    »So war es leichter für uns beide.«
    Sie sagt nicht die ganze Wahrheit, denn sie tritt unruhig von einem Fuß auf den anderen.
    »Warum lügst du?«
    »Sei verdammt! Du meinst, du wüsstest alles! Ein freundliches Wort – und du glaubst, ich würde sogleich mit dir ins Bett springen!«
    »Das habe ich nicht gedacht, und du weißt das.« Creslin ist müde, körperlich müde von der schweren Arbeit und geistig müde von den ständigen Reibereien mit Megaera.
    »Du schenkst dem, was ich gesagt habe, keine Beachtung – dass du mich und alle anderen ständig unter Druck setzt. Wie jeder Mann! Wenn es dir passt, bist du verständnisvoll, und wenn nicht – oh, tut mir leid, sagst du dann. Aber es tut dir nicht leid.« Megaera greift zum Knauf des Schwertes, das sie in letzter Zeit ständig bei sich trägt.
    Creslin zuckt zusammen, als er sieht, dass sie den kalten Stahl mühelos hält und die weiße Aura, die sie umgeben hat, fast völlig verschwunden ist … Sie strahlt jetzt beinahe die gleiche Schwärze wie Lydya aus. Nur gelegentlich flackern kleine weiße Flämmchen auf.
    »Du hörst gar nicht zu – wie immer.«
    »Ich habe dir zugehört, aber ich habe darüber nachgedacht, wie stark du dich verändert hast.«
    »Wie stark du mich verändert hast, willst du wohl sagen.«
    »Das meine ich nicht.«
    »O doch, genau das hast du gemeint«, widerspricht die Rothaarige aufgebracht.
    Creslin blickt nach Osten, wo eine Wolkenbank über dem dunkelgrünen Meer am Himmel schwebt.
    »Bis du zuhörst – richtig zuhörst –, wird sich gar nichts ändern.« Damit lässt Megaera ihn stehen.
    Creslin schaut ihr nach, wie sie zum neuen Übungshof der Garde schreitet.
    Die Wolken im Osten ballen sich zusammen, als die Sonne höher steigt.

 
LXXXIX
     
    M egaera bricht das schlichte Wachssiegel und liest die folgenden Zeilen. »Geschrieben von Helisse, für Aldonya, die treue Dienerin Megaeras, Sub-Tyrannin von Sarronnyn und Regentin von Recluce …«
    Die Rothaarige fragt sich, wem diese Titel eingefallen wären? Helisse aus Ironie oder Aldonya aus Verehrung?
     
    … obgleich die Niederkunft nicht leicht war, haben wir jetzt eine Tochter, die ich Euch zu Ehren Lynnya genannt habe. Ich flehe Euch inständig an, für die Kleine zu sorgen, dass sie sich nicht einer ungewissen Zukunft unterwerfen muss, falls mir etwas zustoßen sollte. Frischgebackenen Müttern kann oft etwas Unerwartetes zustoßen.
    Die Hebammen meinen, dass wir in weniger als fünf Achttagen imstande seien zu reisen, und in dieser Zeit soll auch ein Schiff ablegen. Helisse meint, wir könnten es nehmen. Das heißt, falls es uns beiden gesundheitlich gut geht.
    Lynnya ist ein wunderschönes Mädchen, und sie hat rotes Haar. Ich glaube, es wird etwas dunkler sein als das Eure.
    Wir freuen uns, Euch wieder zu sehen und Euch zu dienen.
     
    Ganz unten steht noch eine Zeile: »Beiden geht es gut -Helisse.«
    Megaera Lynnya tritt zum Fenster und muss blinzeln, da ihre Augen feucht sind.
    Lange lauscht sie der Brandung und presst das gefaltete Pergament an die Brust.

 
XC
     
    Der Weg ist der Weg,
    wie die Berge im Westen sind.
    Der Weg ist der Weg,
    so fest wie die Türme der Dämmerung
    und die Meere im Süden.
    Der Weg ist der Weg,
    wie das gesamte Leben Leid ist.
    Der Weg ist der Weg,
    wie jegliches Leid Freude ist.
     
    Der Weg ist der Weg. Der Mann mit den Silberhaaren grübelt über diese Worte nach und tritt in die Schatten, die es nicht gegeben hatte, bis er an Leid gedacht hatte. Dann schreitet er aus den Schatten hinaus ins blendende Sonnenlicht. Staub wirbelt unter seinen Stiefeln auf.
    Er hebt einen Stein auf, legt ihn vorsichtig auf den Block. Die Mauern der Terrasse sind fertig, jetzt arbeitet er an den Gästehäusern. Alles, was er bisher errichtet hat, hat er zwischen Morgendämmerung und Frühstück oder zwischen Nachtmahl und Schlafenszeit vollbracht. Doch was soll er tun? Seit dem Abend auf der Terrasse wirkt Megaera noch unzugänglicher als zuvor.
    In Kürze wird sie von ihrem Morgenlauf zurückkehren. Er hat zugeschaut, wie sie mit Shierra kämpfte. Bald wird sie besser als die meisten der Elite Westwinds sein.
    Der Hammer trifft den Stein genau, ein Splitter fliegt

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