Türme Der Dämmerung
sich wieder übergeben.
Diesmal hält auch Creslins geschwächter Magen nicht stand, er beugt sich schnell über das Geländer der Veranda und übergibt sich.
»Es war deine Idee«, erinnert Megaera ihn. »Du wolltest fühlen, was ich fühle.«
Creslin hört nicht zu. Seine Gedanken schweifen an den Stränden im Osten entlang von einem Wrack zum nächsten. Endlich entdeckt er einen nahezu unbeschädigten Schoner auf einer weißen Sandbank. Unterhalb der Mündung des Feyn schwimmen Leichen und Planken auf den Wellen. Die Weiße des Todes schlägt ihm entgegen. Seine Gedanken eilen weiter nach Süden. Dort liegt ein gutes Dutzend noch recht brauchbarer Schiffe, die man für den Handel oder zur Verteidigung einsetzen könnte.
Dann bemerkt er, dass sich mehrere Gruppen Bewaffneter gebildet haben, vor allem an dem einzigen westlichen Strand, wo Megaera die Flotte Nordlas angegriffen hatte. Er runzelt die Stirn und fragt sich, ob das kleine Heer Recluces mit diesen Eindringlingen fertig würde, zumal letztere nichts zu verlieren hätten.
Er richtet sich auf. »Ich muss jetzt weiter.«
Megaera greift nach ihrem Schwertgurt. Im Gegensatz zu Creslin und der Garde zieht sie den Gurt dem Schultergeschirr vor.
»Musst du wirklich mitkommen?« Sein Magen verkrampft sich.
»Spielt das eine Rolle, Liebster?« Ihre Stimme klingt hart.
Er neigt den Kopf, da seine Augen brennen. Sie legt ihre warme zitternde Hand auf die seine.
»Und jetzt, ihr beiden, trinkt das!«
»Was?«
»Ihr seid beide fast völlig erschöpft. Das wird helfen.« Die Heilerin reicht ihnen zwei kleine Becher. Ihre Züge wirken angespannt.
Creslin leert den Becher mit einem großen Schluck, wischt sich den Mund ab und schnallt seinen Schultergurt um. »Klerris?«
Megaera trinkt ebenfalls aus und blickt in die Gesichter der beiden.
»Nur zu. Sie sind am Weststrand. Das war der nächste Landeplatz.«
»Oh.« Megaeras leiser Verwunderungsruf zerreißt ihm fast das Herz.
»Erfolg hat seinen Preis«, meint er, als er zu Vola geht, die an der Stange unterhalb der Veranda angebunden steht.
Er reicht Megaera die Hand, doch diese schwingt sich ohne seine Hilfe geschmeidig in den Sattel. Creslin folgt ihr.
Was kann er sagen? So oft hat er ausgeführt, was er geplant hatte, und musste feststellen, dass die Ergebnisse zu noch größeren Problemen geführt hatten. Jetzt hatte Megaera das gleiche getan. Weil sie dafür sorgte, dass die meisten Schiffe, die sie an den Strand trieb, fahrbereit blieben, hatten zu viele Soldaten überlebt.
»Hör auf, so überheblich dreinzuschauen.«
Er schluckt. »Befindet sich noch jemand in der Feste?«
»Du hattest Thoirkel befohlen, dort zu bleiben.«
»Gut, wir nehmen ihn und alle anderen mit.«
»Gut!«
Leichter Regen fällt, doch hier sind die Tropfen klein und nicht so schwer wie im östlichen Candar.
Thoirkel wartet bereits. »Herr?«
»Rufe alle zusammen, die kämpfen können«, befiehlt Creslin barsch. »Marschiere zum Weststrand, dem unter dem zweiten Feld.«
»Jawohl, Herr.«
»Sind Pferde da?« fragt Megaera.
»Nur vier. Die anderen haben die Abteilungen genommen, die nach Osten mussten, weil sie den weitesten Weg hatten.«
»Suche vier aus der Garde von Westwind, falls davon noch einige da sind. Sie sollen mit uns reiten. Die anderen führst du zum Strand – so schnell wie möglich«, fügt Creslin hinzu.
Dann reitet er mit dem Rappen unter ein Schutzdach. Es ist nicht nötig, im Regen stehenzubleiben. Megaera hält sich neben ihm. »Ist das wirklich eine gute Idee?«
»Wahrscheinlich nicht. Aber Lydya weiß, dass sie in der Klemme sitzen, und etwas Besseres fällt mir nicht ein. Ich bin nicht sicher, ob ich die Winde aus dieser Entfernung lenken könnte.«
»Ich könnte es nicht.«
»Jeder Erfolg kostet mehr.«
»Wann hören wir auf zu bezahlen?«
»Niemals.«
Die beiden Regenten schweigen, bis die vier Frauen der Garde von Westwind auf sie zureiten. Creslin treibt den Rappen an, Megaera reitet neben ihm, die Garde dahinter.
Nebel senkt sich von Norden her auf die sechs Reiter, die über die niedrigen Felder nach Westen ziehen, vorbei an den mit Steinen ausgelegten Gräben, in denen das Wasser aus den Quellen in den gemauerten Wasserspeicher fließt, den Klerris für die Stadt gebaut hat.
Sie reiten bis zu dem Einschnitt zwischen den Hügeln, von dem aus der Weg zum Weststrand führt. Creslin stellt sich im Sattel auf und späht hinab.
Auf dem weißen Sand wogt ein blutiger Kampf. Die
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