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Tuermer - Roman

Tuermer - Roman

Titel: Tuermer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Danz
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Zimmertüren auf dem Hotelgang wieder die Radios durcheinander senden, daß ich endlich auch das Radio anschalten kann, weil es nicht mehr zu früh und zu trostlos ist, allein vor dem Radio. Daß ich nicht mehr allein im Hotel bin und rausgehen kann auf ein Bier. Daß es mir egal ist, ob die Tage getan oder ungetan vergehn. Einsehen, daß heute nichts mehr zu tun bleibt. Essensgerüche und Streitgerüche und die erste Vorfreude auf das Ebene des Schlafs oder die Wellenform der Liebe. Daß kleine Mädchen in kurzen Röcken barfuß übers Linoleum laufen und von den Duschräumen Töpfe randvoll mit Wasser zum Zimmer balancieren, anmutig in ihrer Ernsthaftigkeit wie mitgeführte Fohlen. Pferde, ja, in der Schumadija muß es auch Pferde geben und Menschen, die am Abend im Garten die Pfirsiche betasten und die Beerenranken hochbinden, lange vor den Rosen stehen und sich wundern, daß sie einmal Rosenstöcke gepflanzt haben, als ob das wichtig wäre, und sich erinnern, daß sie beim Aufworfeln der Erde im niedrig schleichenden Herbst an den Sommer gedacht haben, an das Geräusch des Schnittes einer quietschenden Schere, wenn Mittelfinger und Zeigefinger der andern Hand den Stengel unter der Knospe halten und die Blüte wie aus eigenem Willen auf den Handteller sinkt. Und jetzt ist dieser Sommer da und der Herbst unvorstellbar. Der hohe Sommer, der dahinfährt, die Tage sind lang und werden länger, und der Rosenstrauch trägt wirklich Blüten. Ich aber habe nichts getan heute. Doch es ist vorbei. Das Ebene des Schlafs.
Tagpfauenauge
    Ich rücke mir den Tisch und einen Stuhl ans Fenster. Ich beginne zu schreiben: Ianna, ich suche einen Ort, der außerhalb ist. Aber warum Ianna? Was habe ich da geschrieben, warum sollte ich etwas suchen, ohne es zu wissen. Bin ich verliebt? Verliebt in Ianna? Man verliebt sich gern auf Reisen, weil man sich zugleich aufgeben und mitteilen will. Ja, ich bin verliebt in Ianna. Aber darum scheint es nicht zu gehen, muß ich mir leider eingestehen. Ich scheine mit ihr anderes vorzuhaben. Sagen Sie es mir, Ianna. Ja, ich werde an der Rezeption anrufen und sie fragen, ob sie mir helfen kann. Ich tue es wirklich, sie sagt, sie komme sofort. Ein paar Minuten später ist sie da, ich lehne wie immer am Fensterbrett und beginne mich unbehaglich zu fühlen unter ihrem Blick. Sie sieht, daß ich umgeräumt habe. Brauchen Sie eine Lampe für den Tisch? fragt sie. Ja – nein, ich arbeite nicht, ich sehe nur hinaus. Sie nickt zweifelnd, und wir schweigen eine Weile. Dann kommt sie näher, steht sehr dicht vor mir, daß ich, viel zu spät schon, meine lässige Haltung aufgebe und mich aufrecht vor sie stelle. Ich schätze den Abstand ihrer Brust zu meinem Brustkorb, das Harte, das Weiche, auf dreißig Zentimeter. Wenn sie den Kopf etwas hebt, wenn ich meinen Kopf etwas hinunterbeuge, wenn ich einen kleinen Schritt mache … Wir sehen uns an wie Gegner. Tun Sie etwas, sagt Ianna.
    Ich tat etwas, natürlich und sie tat das Ihre. Ihre Brüste sind schön, ihre Haut ist weich, ihr Körper fest und scheu. Sie hat zwei Leberflecke wie die Zeichnung eines Tagpfauenauges auf ihren Schulterblättern.
    Sie stand auf, nachdem wir noch eine Weile schweigend nebeneinandergelegen hatten, und sagte mit schöner Stimme: Sie wollten mich etwas fragen … Ich konnte nicht anders als ehrlich sein: Ich wollte Sie fragen, warum ich hier bin, Ianna. Sie lächelt ein bißchen traurig, ein bißchen so, daß ich mich nicht mehr traue, ihr noch einmal um die Hüfte zu greifen: Nicht wegen mir, sagt sie einfach. Es tut mir leid, Ianna. Da hat sie schon ihr Kleid übergezogen und ist auf dem Weg zur Tür. Sie dreht sich nicht noch einmal um, ihr Nacken redet vieles, sie ist nicht böse, nicht traurig, nicht froh. Sie hat mehr verstanden als ich, aber ich habe meine Frage verspielt.
    Als ich später noch ein Bier trinken gehe, steht sie an der Rezeption mit dem Rücken zu mir, ordnet dort etwas, dreht mir aber freundlich und mit gleichmäßiger Aufmerksamkeit das Gesicht zu und wünscht mir einen guten Abend. Ich staune, als ich bemerke, daß sie das nicht tut, weil sie mich für einen anderen Gast hält. Sie ist auch noch da, als ich wiederkomme, es sind ihre regulären Dienstzeiten, sie hätte auch gehen können, da ohnehin die Rezeption oft geschlossen ist, wenn sie in den Zimmern aufräumt oder auswärts eine Erledigung für das Hotel machen muß. Sie scheint mit Bestellungen, Rechnungen oder dergleichen beschäftigt zu sein, sie

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