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Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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denken.
    Unvermittelt befand sich Turil mitsamt seiner schweren Last am Rand jener horizontlosen Landschaft, die frei im All schwebte - und die er seit seiner frühesten Kindheit als Heimat betrachtete. Erschöpft sank er zu Boden. Das Kautium hatte ihm viel, sehr viel Kraft abverlangt. »Wir verschwinden«, befahl er der Schiffssphäre. »Such dir ein beliebiges Ziel aus, mindestens einen Lichtmonat von hier entfernt.«
    Seine Totenbarke gehorchte widerspruchslos, und der Wechsel zwang Turil in die erwartete Ohnmacht.

4 - ARMIDORN
    Kix Karambui war ein Diener vieler Völker, und er hatte größten Respekt vor seiner Aufgabe als Sekretär ARMIDORNs. Vielleicht war er das einzige Wesen im Kahlsack, das an die Zukunft dieses Vielvölkerbunds glaubte, wirklich glaubte.
    Nach und nach trafen die Denksäcke ein. Barken, Schiffe, Sphären, Leitlinier und Pulsboten dockten an den Parkdecks des kleinen Monds namens HALB an, der in jahrhundertelanger Arbeit und mit viel zu geringen Mitteln zur Zentrale ARMIDORNs ausgebaut worden war. Kix Karambui schickte seinen Ehrengästen Fünkchen entgegen, die im pompösen Zeremoniengehabe der Empfänge geschult waren. Er hatte längst gelernt, mit den Unzulänglichkeiten der Kunstwesen umzugehen, und in gewissem Sinne amüsierten sie ihn. Sie agierten nicht gar so kühl und zielgerichtet wie die Vertreter der neuen Helferlein-Generationen. Kix kannte die Schlichen seiner kleinen Untergebenen gut genug, um nicht mehr auf sie hereinzufallen, und er schätzte ihr emotionelles Potenzial.
    Kix erwartete 30 Gäste. 31, wenn sich die Gänzlichkeit von Lum endlich einmal erbarmte, einen Teil ihres planetaren Selbsts abzutrennen und auf die Reise hierher zu schicken. Dies war während seiner Amtszeit erst einmal geschehen, und trotz der Bedeutung des Treffens erwartete er
nicht, dass das als hochnäsig geltende Wesen den Weg nach HALB fand. Doch Kix Karambui wusste, wie ihm beizukommen war. Er würde sein Druckmittel beizeiten einsetzen.
    Nadelstiche unterhalb seines rechten Nasenarms sagten ihm, dass zwei weitere Gäste angelangt waren und sich nun in den bescheiden eingerichteten Quartieren auf die Zusammenkunft vorbereiteten. Nicht ohne Häme dachte Kix an die eingeschränkten Möglichkeiten auf HALB. Die Denksäcke der feinen Herren würden sich über den Mangel an Luxus beklagen, wie immer, und er würde sie darauf hinweisen, dass er mehr Geld benötigte, wie immer. Er würde Gelächter ernten, wie immer. Doch heute - heute würde er Argumente vorbringen, denen sich niemand verschließen konnte.
    Er verrenkte die Nasenarme zu einer verächtlichen Geste. Die Regierungschefs, Despoten, Führer, Heilsbringer und Gottheiten der bedeutendsten Welten kamen niemals persönlich hierher. Sie schickten ihre Denksäcke. Weil sie die Idee, die hinter ARMIDORN stand, nicht oder nur gering schätzten. Weil sie die Interessen ihrer Völker - oder gar persönliche Begierden - in den Vordergrund stellten und nicht an die Zukunft einer interstellaren Völkergemeinschaft glaubten. Seit jeher hatte er es mit diesen faden, eindimensionalen Denksäcken zu tun. Mit Gedankenbildern der jeweiligen Regierungen, mit Gefäßen, in denen die vorab gefassten Meinungen zum Thema »ARMIDORN« abgespeichert und versiegelt worden waren. Hätte Kix Auskünfte zum Alltag eines Ramaischen Treibers verlangt, hätte er keine Antwort bekommen; dafür reichte die Denkleistung der Säcke nicht. In ihnen stauten sich lediglich Ideen, Wünsche und Vorstellungen, die in kurzfristigen Abtastsitzungen aus den Gehirnen der Träger gezogen worden waren und ARMIDORN betrafen. Die Gedankenablagerungen irrlichterten in
ihrem aus ultrafeinem Parinx geflochtenem Tuch hin und her, als suchten sie einen Weg in die Freiheit, um eine selbstständige Existenz zu beginnen. Mistige kleine Biester waren sie, die Kix Karambui zu verachten gelernt hatte.
    Er schraubte seinen emotionellen Level ein wenig zurück. Er musste so nüchtern wie möglich an die Sache herangehen. Im Grunde genommen waren die Denksäcke nichts anderes als Momentaufnahmen; die Launen eines oder mehrerer Regierenden, kaum dafür geeignet, repräsentativ zu wirken. ARMIDORN war zu klein, war in den Augen der Gründungsmitglieder zu unbedeutend , als dass sie zu den Vollversammlungen einen persönlichen Vertreter geschickt hätten. Man strafte Kix mit Verachtung, indem man ihn mit ein paar eindimensionalen Ideen abspeiste. Und dennoch: Das Wort eines Denksackes galt als

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