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Turm der Lügen

Turm der Lügen

Titel: Turm der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cristen
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sein. Was ist geschehen?«
    »Séverine.«
    Mehr wollte Adrien nicht sagen.
    Philippe hob die Augenbrauen. »Ein Streit? Das gehört zum Alltag.«
    »Schlimmer als ein Streit.« Adrien ballte eine Faust. »Es geht um Mahaut. Seit Séverine unter ihrem Einfluss steht, kann sie nicht mehr vernünftig denken. Wäre sie bloß nie in ihre Hände geraten.«
    »Gilt dein Zorn Mahaut oder Séverine?«
    »Beiden. Du kennst vermutlich die Gerüchte, die über Mahaut in Umlauf sind. Jeanne hat ihnen mit ihrem überhasteten Umzug in das
Hôtel d’Alençon
zusätzliche Nahrung verschafft. Kein Mensch in Paris glaubt an Mahauts Unschuld. Nur Séverine. Sie will nichts davon hören. Meinem Urteil vertraut sie nicht mehr.«
    »Erwartest du einen Rat von mir?« Philippe wog jedes Wort sorgfältig ab. »Ich kann dir keinen geben. Jeder muss für sich selbst entscheiden, was er glaubt und was nicht. Blind vertrauen sollte ein vernünftiger Mann allein auf Gott.«
    Überdruss hinderte Adrien daran, etwas darauf zu erwidern. Seit Jahren erlebte er bei Hofe Lügen und Intrigen. Er war es müde, sich immer wieder damit befassen zu müssen. Diese Machenschaften hatten nun sogar einen Keil zwischen Séverine und ihn getrieben. Er würde am Hof nie glücklich mit ihr werden können. Mit einem Male fiel ihm die Entscheidung leicht.
    »Sicher bin ich mir nur in einem Punkt«, sagte er deshalb und suchte den Blick Philippes, ehe er von Freund zu Freund weitersprach. »Ich bin nicht der richtige Mann für das Leben, das mich an der Seite eines Königs erwartet. Ich bitte dich, mich aus deinen Diensten zu entlassen. Erlaube mir, mich nach Faucheville zurückzuziehen und das zu sein, was ich immer sein wollte. Ein getreuer Lehnsmann meines Königs. Ein Ritter, der für seine Leute, sein Land und seinen König kämpft. In eben dieser Reihenfolge.«
    »Du könntest es weit bringen«, antwortete Philippe, ohne den Wunsch zur Kenntnis zu nehmen. »Ich brauche Männer, die mir zur Seite stehen und meine Sache vertreten. Gefährten, auf die ich mich in jeder Lage und ohne Zweifel verlassen kann. Es gibt nur wenige wie dich.«
    »Ich bin nicht klug genug, nicht geschmeidig genug, nicht raffiniert genug, um dir so zu dienen, wie du es mit Fug und Recht von mir erwarten kannst. Gib mich frei.«
    »Du achtest dich zu gering.«
    Adrien schüttelte stumm den Kopf.
    »Du weißt nicht, was du verlangst. So viele Jahre des gegenseitigen Verstehens und der Freundschaft. Willst du sie wirklich vergessen?«
    Da kam der Diplomat zum Vorschein. Der geschickte Taktierer. Philippe griff selten auf den Charme zurück, den er von seinem Vater hatte. Schon kämpfte Adrien mit dem vertrauten Impuls, ihm jeden Gefallen zu tun. Alles Gesagte rückgängig zu machen.
    War es nicht eine grandiose Dummheit, den König im Stich zu lassen?
    Höre auf dein Herz. Du wirst Séverine verlieren, wenn du dich für ein Leben am Hof entscheidest. Sie ist nicht die Frau, die sich im Dickicht gesellschaftlicher Lügen zurechtfindet. Ihre Ehrlichkeit wird ihr das Genick brechen,
hörte er sich zu sich selbst sagen.
    »Von Vergessen kann keine Rede sein«, widersprach er nach einem tiefen Atemzug. »Ich bitte lediglich darum, mein eigenes Leben führen zu dürfen. Ich liebe Séverine, du weißt es. Du hast versprochen, dass wir auf deine Unterstützung rechnen können. Einer Verbindung wolltest du keine Hindernisse in den Weg legen. Tatsache ist freilich, dass nicht einmal du die Gerüchte zum Verstummen bringen wirst, wenn sie als meine Frau bei Hofe erscheint. Wie sollten wir die Ähnlichkeit zwischen Jeanne und ihr erklären? Wie Mahaut aus dem Getuschel heraushalten?«
    Er hielt inne. Tief in Gedanken versunken spielte Philippe mit einem Federkiel. Hörte er ihm überhaupt zu? Was konnte er noch vorbringen, um ihn zu überzeugen? Manchmal wusste er in diesen Tagen nicht mehr, ob er mit Philippe oder dem König sprach. Hatte er noch das Recht, seine Freundschaft zu beschwören?
    »Eine Zukunft für Séverine und mich kann es nur in Faucheville geben, fernab vom Königshof. Erlaube uns, nach Hause zu gehen. Meine Loyalität und Freundschaft für dich bleiben davon auf ewig unberührt. Im Ernstfall werde ich an deine Seite eilen und dir zur Verfügung stehen.«
    Philippe erhob sich so abrupt, dass der Stuhl misstönend über die glasierten Steinquadrate des Bodens glitt. Er wandte Adrien den Rücken zu und starrte in das Kaminfeuer. Als er sich umwandte, wirkten seine Züge

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