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Turner 01 - Dunkle Schuld

Turner 01 - Dunkle Schuld

Titel: Turner 01 - Dunkle Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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hier?«
    »Damals ist für Sie Geschichte«, sagte Lonnie. »Könnte sich genauso gut um den Peloponnesischen Krieg oder Penelopes Verehrer handeln. Klar, sind sie wichtig, natürlich bedeuten sie was. Aber inzwischen wird Ihr Kaffee kalt, und die heißblütige Frau, mit der Sie heute zu Abend essen sollten, wartet schon auf Sie.«
    In der Zwischenzeit waren noch zwei Videokassetten via FedEx aus einem Fachgeschäft in Kalifornien eingetroffen. Ich war von Mel Goldman darauf aufmerksam gemacht worden. Das eine sollte ein Rohschnitt von The Giving sein, das andere eine seltsame Art von Dokumentation, die ein frühreifes Highschool-Gör in Midwest zusammengestellt hatte und diverse Clips aus BRs Filmen und andere Auftritte von Sammy Cash beinhaltete. Bei Letzterem lag das Gewicht schwer auf Science-Fiction, Gangster-und Gefängnisfilmen und schloss Teile einer vierzehnteiligen Serie über einen blinden Mann mit ein, der, »um die Liste der Kandidaten ins Gleichgewicht zu bringen«, von der »Königin des Morgens« mit übernatürlichen Kräften ausgestattet worden war. Da ich keine Kreditkarten besaß, ließ mich Lonnie seine benutzen, um sie zu bestellen. Der Verkäufer schlug eine saftige Gebühr für die Express-Lieferung drauf.
    Ich musste mir auch einen Fernseher und ein Videogerät leihen, diesmal von Val, aber als ich sie erst einmal hatte, ließ ich die Tapes nonstop laufen. Ich ging raus, um mir ein Sandwich zu machen oder Kaffee zu kochen, und kam gerade rechtzeitig zurück, um zu sehen, wie der blinde Mann
seinen Gehstock anhob und damit einen Schulbus stoppte, der auf die Klippen zu schleuderte; ich ging raus auf die Veranda, um Luft zu schnappen, und wieder zurück durch die Fliegengittertür zu Bildern eines gigantischen Sammy Cash, Opfer einer Atomexplosion, bei einem Picknick mit seiner Miniatur-Krankenschwester-Freundin Carla; machte einen kurzen Spaziergang durch den Wald und kam zu diesem seltsamen Anfang von The Giving zurück.
    Es ist die Kreuzigung, die Ermordung, über die immer alle reden, und die Bilder sind beeindruckend - selbst wenn das Ganze in Bezug auf den Rest des Films wenig Sinn ergibt. Es sieht vielmehr so aus, als sei diese heilsame Szene erst im letzten Moment hinzugefügt worden. Vielleicht, weil das Budget ausgeschöpft war? Als der Film unter allen Umständen irgendwie zu Ende gebracht werden musste. Im Gegensatz dazu quillt der Anfangsteil förmlich über vor Atmosphäre, Verbindungen und Omen. Ein Mann geht die Straßen einer Stadt entlang. Von jeder Seite, fast außerhalb des Bildes, erhaschen wir Blicke davon, wie es für die meisten sein muss, in dieser Stadt zu leben. Dunkeläugige, zerlumpte Kinder stehen wartend im Schatten von Gassen. Frauen in Hauseingängen mit offenen Blusen, die schlaffe Brüste zur Schau stellen. Schläfer, oder vielleicht sind es nur Leichen, liegen neben Häusern in Pfützen voller Exkremente. Hunde trinken aus diesen Pfützen und fressen die Leichen. Aasgeier segeln in den Lüften und warten, bis sie dran sind.
    Der Mann sieht oder registriert wenig von alldem. Für ihn ist es Alltag. Er hat eine Bestimmung, ein Ziel und rauscht durch alles hindurch. Im weiteren Verlauf geht er an einem
Fenster einer Wohnung vorbei, hinter dessen Gitterstäben ein Pärchen sitzt, seinen Nachmittagstee trinkt und Fernsehen guckt. Der Soundtrack, der bisher nur aus Schritten, Knurren und schrecklichem Schlürfen bestand, wird nun zu einem Echo des drinnen stehenden Fernsehers.
    In einer Eilmeldung schwört der Gouverneur des
Territoriums, seine Wiederwahl aus seiner Gefängnis
zelle weiter voranzutreiben. »Ich habe nichts Falsches
getan«, ereiferte er sich in der heutigen Pressekonfe
renz, kurz bevor er die Reporter um eine Zigarette
bat ...
… An der internationalen Front wurden heute fünf
zigtausend Mann der Bodentruppen gegen Mittag am
Ayatollah Beach abgesetzt. Der Invasionsmacht, die
in der Dämmerung zuschlagen sollte, waren unge
naue Daten gegeben worden.
    Wie sich herausstellt, ist der Mann ein Detektiv. Er geht in eine Bar.
    »Was kann ich für dich tun, mein Freund?«, fragt der Typ hinter der Bar. Was ihm an Haaren auf dem Kopf fehlt, wird zur Genüge durch Haare ausgeglichen, die aus Nase und Ohren wachsen.
    »Scotch. Irgendwas Billiges.«
    Der Barkeeper schenkt ein. »Dann bist du hier richtig. Hier ist alles billig.«
    Der Freund greift nach dem Handgelenk des Barkeepers.
    »Hey, kein Problem, ich kann die Flasche stehen lassen.«
    »Ice

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