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Turner 02 - Dunkle Vergeltung

Turner 02 - Dunkle Vergeltung

Titel: Turner 02 - Dunkle Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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als sein Deputy auszuhelfen. Ein unerwartetes Problem ergab sich, als Lonnie Gefallen an seiner neu gewonnenen Freiheit fand, weil er gern zu Hause bei seiner Familie war, tagsüber zum Angeln gehen konnte, wenn ihm der Sinn danach stand, stundenlange Nickerchen machte und sich im Fernsehen Gerichtssendungen und Wiederholungen von Andy Griffith und Bonanza ansah. Inzwischen dauerte dieses Arrangement ein Jahr, und das Wörtchen »zeitweilig« hatte eine ganz neue Bedeutung angenommen.
    Grelles Scheinwerferlicht fiel auf die Fenster unseres Büros.
    »Das wird Sonny sein. Er war vorhin auf dem Geburtstag seiner Mutter. Konnte sich erst jetzt losreißen, um den Mustang in Schlepptau zu nehmen.«
    Wir gingen raus, um uns bei Sonny zu bedanken und die Rechnung abzuzeichnen. Wahrscheinlich würde er
zwei bis drei Monate auf sein Geld warten müssen. Das wussten wir genauso gut wie er. Der Stadtrat und Bürgermeister Sims ließen sich immer sehr viel Zeit, wenn es ums Ausstellen von Schecks ging. Die Stadtkämmerin packte Geld auf geheime Konten, um alle Rechnungen begleichen zu können, die bezahlt werden mussten, damit die Stadt funktionsfähig blieb - also Gehälter, Strom und so weiter. Auch darüber redete niemand, obwohl es allgemein bekannt war.
    »Könnte eine Weile dauern, bis du dein Geld bekommst«, sagte ich, als ich ihm das Klemmbrett zurückgab.
    »Kein Problem«, erwiderte Sonny. In dem einen Jahr, das ich ihn kannte, hatte ich ihn nie viel reden hören. Ich hab kurz vorn aufgetankt. Kein Problem. Der Jeep zieht nach rechts, könntest du mal einen Blick drauf werfen? Kein Problem.
    Sonnys Schlusslichter verblassten, als er zurück zur Gulf-Tankstelle fuhr, um den Abschleppwagen gegen seinen Honda einzutauschen. Don Lee und ich standen neben dem Mustang. Die Außenbeleuchtung verwandelte sein Rot in ein krankes Lila.
    »Du hast ihn schon am Tatort untersucht, oder?«, fragte ich.
    »Nicht so richtig. Hatte alle Hände voll zu tun mit Junior da drin. War ja nicht so, als könnten er oder der Wagen irgendwohin verschwinden.«
    Don Lee zog die Schlüssel aus der Tasche seines Khakihemdes aus Polyester-Mischgewebe.

    Die Karre roch nach Patschuli-Aftershave und Schweiß. Im Innern befand sich die kleine Flasche Jack Daniel’s, auf dem Beifahrersitz wie ein schlecht aufgestelltes Zelt eine zerknüllte Landkarte, auf dem Fußboden ein Taschenbuch von Elmore Leonard mit abgerissenem Buchdeckel, mehrere Ersatzhemden und Hosen sowie ein Sakko mit Hahnentrittmuster am Haken über der Rückbank, eine kleine Reisetasche mit Toilettenartikeln, vier oder fünf Garnituren Unterwäsche, ein halbes Dutzend identischer dunkelblauer Socken, einige aufgerollte Krawatten.
    Eine Nylon-Sporttasche im Kofferraum enthielt zweihunderttausend Dollar und ein paar Zerquetschte.

Kapitel Zwei
    Zwei Tage zuvor hatte ich mit dem letzten Rest vom Kanincheneintopf auf meiner Veranda gesessen. Nicht, dass ich selbst auf die Jagd ging. Mein Nachbar Nathan hatte das Kaninchen geschossen. Nathan lebte seit über sechzig Jahren hier oben in einer Blockhütte. »Wenn du auch nur einen Fuß auf sein Land setzt, musst du mit einer Ladung Schrot rechnen«, pflegten die Leute zu sagen, aber unmittelbar nach meinem Einzug war er mit einer Flasche Selbstgebranntem bei mir aufgetaucht. Wir saßen hier draußen schweigend zusammen und tranken seinen Fusel. Seitdem kreuzt Nathan alle paar Wochen auf. Bringt immer eine Flasche mit, manchmal auch ein paar Eichhörnchen, so frisch geschlachtet, dass sie noch diesen typischen Geruch von Blut an sich haben, nach Erde und Kupfer, oder einen Schwung Wachteln, eine Ente, ein Kaninchen.
    Ich bin mit Verwandten aufgewachsen, die Nathan sehr ähnlich waren. Wir sahen sie vielleicht ein-, zweimal im Jahr. Irgendwann sonntags stiegen wir alle in unseren cremefarbenen Dodge mit dem grünen Plastik-Blendschutz an der Oberkante der Windschutzscheibe und vor den vorderen Fensterflügeln, und fuhren auf schmalen Landstraßen zu Asphaltstraßen, an beiden Seiten flankiert von Baumwollfeldern, mit Bällen so weiß und
unregelmäßig wie Popcorn, über die dann und wann ein Doppeldecker im Tiefflug massenweise Insektizide versprühte; dann weiter über Schotterstraßen zu einem mit Spurrillen durchzogenen Abladeplatz an der Nähe der Madden Bay, auf dem Pick-ups und leere Bootsanhänger herumstanden und wo Louis oder Monty uns von der Bucht aus zuwinkte, während er den Außenborder drosselte, ihn schließlich abstellte, die

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