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Turner 02 - Dunkle Vergeltung

Turner 02 - Dunkle Vergeltung

Titel: Turner 02 - Dunkle Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Ruder ergriff und das Boot langsam zurück an Land ruderte.
    Wie schwerfällig das Boot ohne seinen Motor wirkte.
    Was sich wohl auf Louis oder Monty übertrug, nehme ich an.
    Ich wusste nie so recht, worüber ich mit ihnen reden sollte. Es waren freundliche Männer, die sich bemühten, meinen Bruder und mich miteinzubeziehen, sie kümmerten sich rührend um uns, aber die Wahrheit ist, dass sie sich in unserer Gesellschaft unwohl fühlten. Wir waren ihnen ebenso suspekt wie all die Städte, die um sie herum aus dem Boden gestampft wurden, mit ihren Scharen von Entscheidungsträgern und Müllsammlern, Rechnungen und Pfandverschreibungen. Ich vermute, dass Louis und Monty sich mit den nach Luft schnappenden Barschen und Brassen, die sie aus der Bucht zogen, verbundener fühlten als mit Thomas oder mir. In ihrem tiefsten Innern sehnten sich meine Onkel nach Außenposten, Grenzland, Wäldern und der Einöde.
    Deine eigene Neigung, am Rande der Gesellschaft zu leben, könnte die etwas mit Louis und Monty zu tun haben? , soufflierte mir mein innerer Psychologe, der
ewige stille Begleiter hier auf der Veranda - oder leider nicht so still, wie ich es mir gewünscht hätte. Auch so etwas, von dem ich gedacht hatte, ich hätte es hinter mir gelassen, als ich hierherkam.
    Der Eintopf war lecker. Ich hatte das Kaninchen zerlegt, mit grobem Salz und Pfeffer eingerieben und in einen Schmortopf gelegt, dann einen Schuss aus einer von Nathans Flaschen hinzugegeben, dazu ein paar Möhren, Sellerie, Lauch und Petersilie, schließlich das Ganze abgedeckt und die Flamme so klein wie nur möglich gestellt.
    Val war gegen Mitternacht gegangen. Sie hatte sich nicht nur unheimlich gut auf mein Bedürfnis nach Einsamkeit eingestellt, sie teilte dieses Verlangen sogar. Wir hatten vorher an ihrem Haus gearbeitet und waren danach hierhergekommen, wo ich den Eintopf aufsetzte und köcheln ließ. Währenddessen saßen wir auf der Veranda, wo wir über nichts Besonderes redeten, während der Whiskypegel in der Flasche Glenfiddich barometergleich sank, im Takt mit dem rhythmischen Zirpen der Zikaden und Heuschrecken, das in der Abenddämmerung anschwoll und wieder verebbte. Vögel flogen dicht über den See, zeichneten sich ab gegen einen Himmel, der glühte wie ein Korb voller abstrakter Früchte: Pfirsich, Pflaume, rosa Grapefruit.
    »Dritter Sitzungstag in einem Sorgerechtsfall«, antwortete Val, als ich mich nach ihrem Tag erkundigte. Neben der Tätigkeit als Rechtsberaterin der State Police betrieb sie noch eine auf Familienrecht spezialisierte
kleine Kanzlei. »Die Mutter gehört der Church of the Old God an.«
    »Was ist das? Eine Art Sekte?«
    »Fast. Sie behaupten, zur Ur-Kirche zurückgekehrt zu sein, wie sie zu biblischer Zeit war. Stell dir die Baptisten oder die Church of Christ im Turbogang vor.«
    »Lieber nicht.«
    »Genau … Der Vater ist Lehrer. Mittelalterliche Geschichte auf Universitätsniveau.«
    »Je nach Sichtweise ist das sicher ein interessanter Unterricht.«
    »Ich nehm’s an, ja.«
    »Wie alt ist das Mädchen?«
    »Ich habe nicht gesagt, dass es ein Mädchen ist.«
    »Geraten.«
    »Sie ist dreizehn. Sarah.«
    »Was will sie denn?«
    Val schnappte sich die Flasche und schenkte uns beiden noch zwei Fingerbreit Single Malt ein.
    »Was will man schon in diesem Alter? Alles.«
    Es war inzwischen stockdunkel. Tiefe Stille - nur unterbrochen vom Quaken eines Frosches unten am See.
    »Riecht gut da drinnen.« Val hob ihren Whisky und visierte den Mond an, als ob das Glas ein Sextant wäre. Finde deine Position und peile deinen Kurs. »Ich vermute, sie wird wahrscheinlich bei ihrer Mutter landen.«
    »Du vertrittst den Vater?«

    Sie nickte. »Obwohl mir eindeutig Sarah am Herzen liegt.«
    »In Anbetracht der Umstände müsste sie einen Soundso haben … wie nennt ihr das noch? Vom Gericht bestellter Rechtsanwalt, Fürsprecher?«
    »Verfahrenspfleger, ein Vormund ad item, allerdings fürchte ich, in diesem Fall wohl eher ein Vormund pro forma.«
    Ich nahm mein Glas mit dem Rest Glenfiddich und ging hinein, um nach dem Abendessen zu schauen. Morgen würde es zwar noch besser schmecken, aber es war fertig, und wir hatten Hunger. Ich nahm zwei Schüsseln aus dem Schrank, schöpfte Kanincheneintopf mit Graupen und dicken Karottenstücken hinein und legte Brotscheiben oben drauf.
    Wieder draußen, saßen Val und ich nebeneinander, löffelten und pusteten den dampfenden Eintopf.
    »Das ganze System taugt nichts«, sagte Val heftig

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