TURT/LE: Riskantes Manöver (German Edition)
ihren Willen zu brechen und sie dazu zu bringen, das zu verraten, was sie erfahren hatte? Nein, sie würde nichts sagen, egal, was sie ihr auch antaten. Jade unterdrückte den Schluchzer, der in ihrer Kehle aufstieg. Als könnten sie noch viel tun, das schlimmer war, als das, was sie bereits überlebt hatte. Wenn doch nur Hawk bei ihr wäre und sie sich einfach an ihm festhalten könnte – und wenn es nur für ein paar Minuten wäre. Aber er war nicht hier, und es konnte gut sein, dass sie ihn nie wieder sah. Wie so oft glaubte sie beinahe seinen unverwechselbaren Duft riechen zu können, doch das war nur eine Täuschung.
Ein Zittern lief durch ihren Körper, und das Stahlband legte sich enger um ihre Taille. Wärme drang an ihren Rücken, etwas Hartes presste sich an ihren Po. Erst jetzt erkannte sie, dass sie nicht gefesselt war, sondern von jemandem festgehalten wurde. Einem erregten Mann, um genau zu sein. Nein! Übelkeit stieg in ihr auf, und sie wusste, dass sie das nicht zulassen konnte. Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, rammte sie ihren Ellbogen nach hinten, und es war ihr ziemlich egal, wo sie ihren Angreifer traf. Ein Schmerzenslaut erklang hinter ihr, der Griff lockerte sich. Sofort nutzte Jade die Gelegenheit und krabbelte aus seiner Reichweite. Sie fiel ein ganzes Stück hinunter und schlug hart auf dem Boden auf. Schmerz schoss durch ihre Knie und Handgelenke, doch sie kroch einfach weiter.
Sie wusste, dass sie nicht entkommen konnte, sie waren stets zu zweit, und die Tür der Zelle oder des Folterraums war immer verschlossen. Mogadir war zu schlau, um nachlässig zu sein, und seine Männer wussten, was sie erwartete, wenn sie einen Fehler machten: Folter oder der Tod. Wobei nach ihrer Meinung Letzteres vorzuziehen war.
Jade kroch weiter, bis sie die Wand erreichte und kauerte sich dagegen. So konnte sich zumindest niemand von hinten an sie heranschleichen.
»Jade?«
Oh Gott, woher kannten sie ihren Namen? Hatte sie ihn irgendwann während der Folter preisgegeben? Kälte breitete sich in ihr aus, als ihr ein anderer Gedanke kam: Sie hatten Kyla gefangen genommen und folterten sie ebenso wie Jade! Sie hatte Mogadir nicht geglaubt, als er ihr das blonde Haarbüschel gezeigt hatte, aber vielleicht war ihre Partnerin doch hier irgendwo in der Festung und musste unaussprechliche Qualen erleiden. Tränen stiegen in Jades Augen, denn das bedeutete auch, dass niemand zu ihrer Rettung kommen würde. Das Attentat auf die Wolesi Jirga würde stattfinden und viele Menschen würden getötet werden. Und was das Schlimmste war: Sie hatte in ihrer Mission versagt. Sie würde völlig umsonst sterben und alle zurücklassen, die sie liebte. Ihre Familie, ihre Freunde – und Hawk.
Licht flammte auf und blendete sie. Sie konnte nur einen riesigen Umriss sehen, der sich auf sie zubewegte. Jade suchte nach einem Ausweg, aber es gab keinen. Sie schlang die Arme um ihren Kopf, um sich zu schützen und vergrub ihr Gesicht an ihren Knien. Ihr gesamter Körper spannte sich in Erwartung der Schläge an. Doch es kam nichts. Eine warme Hand legte sich auf ihre Schulter, und Jade zuckte zusammen. Quälender als die Misshandlungen war es, wenn Mogadir versuchte, sie mit seiner freundlichen Art zu täuschen. Er wusste, wie sehr sie sich inzwischen nach einer sanften Berührung sehnte, nach einem freundlichen Wort.
»Jade, ich bin es, Hawk.«
Hawk? Nein, das musste eine Täuschung sein, Hawk war Tausende von Kilometern entfernt. Eine Hand strich über ihre Haare, sanft und so vertraut, dass ihre Tränen überliefen. Trauer lähmte ihren Körper. Das war es, sie konnte nicht mehr. Mogadir hatte es geschafft, sie zu brechen.
»Bitte Jade, sieh mich an. Du bist in Sicherheit, niemand wird dir etwas tun.«
Es hörte sich an wie Hawks Stimme, aber ihr Verstand musste ihr einen Streich spielen. Vielleicht war sie jetzt völlig verrückt geworden. Mit sanfter Gewalt wurden ihre Arme von ihrem Kopf gelöst und ihr Kinn angehoben. Jade hielt die Augen geschlossen, weil sie nicht sehen wollte, wie Mogadir sie triumphierend angrinste.
»Sieh mich an, Fibi.«
Das Kosewort konnte Mogadir nicht kennen, Hawk benutzte es nur, wenn sie alleine waren. Aber das hieß … Ihre Lider hoben sich und sie starrte den Mann an, der vor ihr hockte. Es war tatsächlich Hawk! Aber wie …? In einem Rutsch kamen alle Erinnerungen zurück und sämtliche Muskeln in ihrem Körper verwandelten sich vor Erleichterung in Pudding. »Daniel.« Ihre
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