TURT/LE: Riskantes Manöver (German Edition)
konnte. Also kletterte er aus dem Kofferraum, nachdem er sicher war, dass sich niemand in der Nähe aufhielt, erkundete die Gegend und stellte fest, dass er sich deutlich außerhalb des Militärgebiets aufhielt. Und nur einige hundert Meter von ihm entfernt befand sich eine Highway-Auffahrt.
Es war ein Leichtes gewesen, einen Wagen zu finden, der frühestens am nächsten Tag vermisst werden würde, ihn aufzubrechen und einfach loszufahren. In weniger als einer Stunde kam er in Washington an und tauchte in der Stadt unter. Beinahe enttäuschend nach all den Sicherheitsvorkehrungen, dass es ihm so einfach gemacht worden war zu fliehen. Aber umso besser, so hatte er ein wenig Zeit, sich zu erholen und einen Plan zu entwickeln, bevor er zuschlug. Er holte sich Geld aus einem seiner Verstecke, kaufte sich etwas zu essen, nahm sich ein Zimmer in einer kleinen Pension am Prospect Hill und genoss zum ersten Mal seit langer Zeit eine ausgiebige heiße Dusche. Wie lange er mit geschlossenen Augen unter dem Strahl stand, konnte er hinterher nicht sagen, aber es reichte, um für einige Zeit die Erinnerungen an die Monate im Gefängnis zu unterdrücken.
Er war noch nicht einmal sonderlich schlecht behandelt worden, wäre er in Afghanistan in ein Gefängnis gekommen, hätte er viel mehr gelitten. Trotzdem nahm er den Amerikanern übel, dass sie sich in seine lukrativen Geschäfte eingemischt hatten, und das würden sie büßen. Und natürlich hatte er auch nicht den Verräter vergessen. Für ihn würde er eine besondere Überraschung einplanen.
Zuerst musste er sich allerdings ein internetfähiges Gerät besorgen, damit er sich über alles informieren konnte, was in der Zwischenzeit passiert war. Zwar hatte er versucht, auch im Gefängnis auf dem Laufenden zu bleiben, doch es war ihm nicht immer möglich gewesen. Morgen würde er als Erstes Kontakt zu seinem Netzwerk aufnehmen und sich über den Stand der Dinge erkundigen. Soweit er wusste, waren viele seiner Männer verhaftet und ebenfalls in die USA gebracht worden, aber vielleicht waren ja noch welche übrig, die er vor Ort für seine Zwecke nutzen konnte.
Khalawihiri öffnete seine Augen und begann, sich gründlich mit den zur Verfügung gestellten Duschgel- und Shampooproben zu waschen. Der ungewohnte Geruch ließ ihn genüsslich einatmen. Es war Jahre her, seit er das letzte Mal parfümierte Seife benutzt hatte. Im Gefängnis gab es nur übel riechendes Standardzeugs, und in Afghanistan hatte er absichtlich darauf verzichtet, um nicht aufzufallen.
Da er nicht wusste, ob er nicht eventuell mitten in der Nacht verschwinden musste, zog er mit einer Grimasse seine schmutzige Kleidung wieder an und legte sich damit ins Bett. Zuallererst musste er einkaufen gehen. In diesem Zustand würde er zu sehr auffallen. Er sank mit einem Seufzer in die weiche Matratze und schlief ein, während er sich noch ausmalte, wie er sich an seinen Feinden rächen würde.
Hawk hielt die Augen geschlossen, als sich scheinbar Stunden später endlich die Badezimmertür öffnete und Jade den Raum betrat. Selbst wenn er versucht hätte, wieder einzuschlafen, konnte er das nach Jades Zusammenbruch nun nicht mehr. Zwar hatte er geahnt oder eher befürchtet, was ihr alles in Afghanistan angetan worden war, doch es von ihr selbst zu hören und mitzuerleben, wie ihr von den Erinnerungen schlecht wurde, war eine ganz andere Sache. Es führte ihm noch viel deutlicher vor Augen, wie sehr Jade immer noch unter den Ereignissen litt. Wie konnte er da von ihr verlangen, alles zu vergessen und ihr altes Leben wieder aufzunehmen? Oder sogar die Beziehung zwischen ihnen zu erneuern? Es war ein Wunder, dass sie ihm überhaupt erlaubt hatte, sie zu küssen. Er sollte sich schämen, weil er die Situation im Wald ausgenutzt hatte.
Sein Herz klopfte schneller, als er hörte, wie Jade sich auf den Stuhl neben dem Bett setzte und tief seufzte. Sie musste noch viel müder sein als er, nach allem, was sie heute – oder vielmehr gestern – erlebt hatte. Aber es war klar, dass sie nicht von seiner Seite weichen würde, solange sie glaubte, dass noch eine Gefahr wegen der Gehirnerschütterung bestand. Zwar glaubte er das nicht, aber er konnte wegen der permanenten Kopfschmerzen sowieso nicht mehr klar denken.
Schließlich hielt er es nicht mehr aus und öffnete sein Auge ein winziges Stück. Jade hatte sich von Kopf bis Fuß in eine Decke gewickelt und sah aus, als würden ihr jeden Moment vor Erschöpfung die Lider
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