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Twig im Dunkelwald

Twig im Dunkelwald

Titel: Twig im Dunkelwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Stewart
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hinwegfegten. Die Wig-Wigs folgten einfach der Schneise, die der Bär schlug – und schon bald hatten die ersten sie eingeholt.
    Twig sah angstvoll nach unten. Vier oder fünf der Tiere sprangen an den Beinen des Banderbären hoch und schließlich gelang es einem von ihnen, sich festzuhalten.
    »Himmel!«, rief Twig erschrocken. Der Flaumball zerteilte sich und zwei Reihen scharfer Zähne, ähnlich den Zacken einer Bärenfalle, kamen zum Vorschein. Im nächsten Augenblick gruben sie sich in das Bein des Banderbären.
    »Wuauuu!«, brüllte der Bär.
    Er bückte sich, riss das Wig-Wig los und schleuderte es fort. Twig klammerte sich krampfhaft fest. Das bissige kleine Tier rollte über den Boden, doch schon waren vier andere zur Stelle.
    »Tritt auf sie drauf!«, schrie Twig. »Zertrample sie!«

    Doch es war hoffnungslos. Egal wie viele Wig-Wigs der Banderbär wegschleuderte, sofort war er wieder von einem Dutzend oder mehr umringt. Sie hielten sich an den Armen und Beinen des Banderbären fest und kletterten an seinem Rücken zum Hals hinauf, dorthin, wo Twig saß!
    »HILFE!«, schrie Twig.
    Der Banderbär richtete sich abrupt auf und stolperte zu einem hohen Baum. Twig spürte, wie der Bär seine Hüften umfasste, ihn von den Schultern hob und auf einen Ast setzte, oberhalb der Reichweite der blutdurstigen Wig-Wigs.
    »T-wu-g«, sagte er. »Fr-wu-nde.«
    »Komm auch rauf«, schrie Twig. Doch dann sah er in die traurigen Augen des Banderbärs und wusste, dass es unmöglich war.
    Unablässig bissen die Wig-Wigs in die Beine des Banderbärs, bis das gewaltige Tier schließlich leise stöhnend zu Boden sackte. Sofort war der Bär über und über mit den tückischen Biestern bedeckt.
    Twigs Augen füllten sich mit Tränen. Er sah weg und hielt sich die Ohren fest zu, aber trotzdem hörte er die Schreie des sich verzweifelt wehrenden Banderbären. Dann kehrte im Wald wieder Stille ein. Twig wusste, alles war vorbei.
    »Ach Banderbär«, schluchzte er. »Warum? Warum bloß?« Am liebsten wäre er mit gezücktem Messer hinuntergesprungen und hätte die Wig-Wigs eins nach dem anderen erledigt. Er wollte den Tod des Freundes rächen, aber er wusste ganz genau, dass er nichts tun konnte.
    Er wischte sich die Tränen aus den Augen und sah hinunter. Die Wig-Wigs waren verschwunden. Auch von dem Banderbären war keine Spur mehr zu sehen, kein Knochen, kein Zahn, keine Klaue, nicht das kleinste Büschel moosgrünen Fells. Von weit weg kam der verlorene Ruf eines Banderbären. Immer wieder hallte der herzzerreißende Schrei durch den Wald.
    Twig nahm den Zahn an seinem Hals fest in die Hand. »Ich kann dir nicht antworten«, flüsterte er tränenerstickt. »Du bekommst nie mehr eine Antwort.«

 
KAPITEL 9
    Der Faulsauger
     
    T wig starrte in den dämmrigen Schatten unter ihm. Von den Wig-Wigs war nichts zu sehen. Sie hatten den tödlichen Angriff vollkommen geräuschlos ausgeführt, ohne ein einziges Quieken oder Kreischen. Allein das Aufbrechen der Knochen und das gierige Schlürfen des Blutes war zu hören gewesen. Nach der Mahlzeit waren die tückischen Biester verschwunden.
    Wenigstem hoffte Twig das. Er schluchzte noch einmal auf und wischte die Nase am Ärmel ab. Einen Fehler durfte er sich jetzt nicht erlauben.
    Der Himmel über ihm verfärbte sich von Braun zu Schwarz und der Mond ging auf. Tief und hell stand er am Himmel. In die Stille der Abenddämmerung mischten sich die ersten Laute der Nachttiere und während Twig noch dasaß und vor sich hin starrte, unfähig sich zu bewegen, schwoll der nächtliche Lärm an. Es heulte und jammerte, raschelte und krächzte in einem fort, unsichtbar für das Auge, aber dafür umso besser hörbar, denn im Dunkeln sieht man mit den Ohren.

    Der Waldboden dampfte, dünne Nebelschwaden wickelten sich um die Baumstämme. Es war, als kochte der ganze Wald, wie ein unheilschwangeres Gebrodel.
    »Ich bleibe lieber hier oben«, murmelte Twig und richtete sich auf. »Jedenfalls bis morgen früh.«
    Mit ausgestreckten Armen balancierte er über den dicken Ast bis zum Stamm. Dort begann er hinaufzuklettern, immer höher, auf der Suche nach Ästen, die sein Gewicht aushielten und auf denen er eine ganze Nacht zubringen konnte.
    Das Laub um ihn wurde dichter und seine Augen begannen zu brennen und zu tränen. Er riss ein Blatt ab und betrachtete es genauer. Es war eckig und leuchtete schwach türkisfarben. »Ach Banderbär«, seufzte er. »Musstest du mich denn von allen Bäumen ausgerechnet

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