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Twig im Dunkelwald

Twig im Dunkelwald

Titel: Twig im Dunkelwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Stewart
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Luftholzbaum – ein Inferno aus blutroten Flammen – schwebte über dem Boden. Das Holz, das so viel Auftrieb bekam, wenn es brannte, hatte den Baum mitsamt den Wurzeln aus der Erde gezogen und stieg langsam nach oben. Im selben Moment wurden zwei weitere Luftholzbäume rechts und links davon aus dem Boden gerissen und Twig hörte das melancholische Summen eines vierten Luftholzbaums, der ebenfalls über dem Wald aufstieg. Der Himmel selbst schien zu brennen.
    Dort, wo die Bäume gestanden hatten, war jetzt ein dunkles Loch wie eine Zahnlücke. Twig nutzte seine Chance und rannte, so schnell er konnte, darauf zu. Er musste dort sein, bevor sich die Lücke wieder schloss.

    »Gleich … hab ich’s …«, keuchte er.
    Rechts und links von ihm tobte die Feuersbrunst. Mit eingezogenem Kopf und hochgeschlagenem Kragen sprang er durch die brennende Schneise. Nur noch ein paar Schritte … wenige Meter …
    Er hob schützend die Arme vor die Augen und taumelte durch die sich bereits schließenden Flammen. Sein Hals schmerzte, seine Haut glühte, der Gestank seiner versengten Haare stieg ihm in die Nase.
    Dann plötzlich ließ die Hitze nach. Er hatte das Feuer hinter sich gelassen. Er lief noch ein wenig weiter. Der Wind hatte sich gelegt, der Rauch wurde dicker. Twig blieb stehen und sah die Bäume wie purpur- und türkisfarbene Feuerbälle majestätisch zum Himmel aufsteigen.
    Geschafft! Er war dem Waldbrand entkommen!
    Doch war es noch zu früh zum Jubeln. Dicke Rauchschwaden legten sich um ihn und drangen ihm in Mund und Augen. Er konnte nichts mehr sehen, bekam keine Luft mehr.
    Blindlings stolperte er weiter. Er atmete durch das Halstuch, das er sich vor das Gesicht hielt. Immer weiter. Sein Kopf dröhnte, seine Lungen drohten zu bersten, seine Augen brannten und tränten. »Ich kann nicht mehr«, japste er. »Aber ich muss weiter.«
    Er lief, bis das Tosen des Waldbrands nur noch in seiner Einbildung existierte und ihn anstelle des beißenden Rauchs ein kalter, grauer Nebel umgab, in dem er zwar genauso wenig sehen konnte, der dafür aber wunderbar erfrischend war. Er ging weiter bis an den Rand des Dunkelwalds, doch selbst da hielt er noch nicht inne.
    Der Nebel wurde abwechselnd dicker und dünner.
    Bäume gab es nicht mehr. Auch keine Sträucher und Büsche, keine Pflanzen und keine Blumen. Der Boden unter seinen Füßen wurde hart, die federnde Erde des Dunkelwalds wich verwitterten Felsen, die vom feuchten Nebel rutschig waren. Vorsichtig stieg Twig über die glatten Steine. Ein einziger Fehltritt und sein Bein steckte in einer der tiefen Spalten zwischen den Felsen fest.
    Er war an der Nebelkante angelangt, jenem schmalen felsigen Landstreifen, der den Dunkelwald von der eigentlichen Klippe trennte. Jenseits der Felskante kam unbekanntes, nicht vermessenes Gebiet mit brodelnden Kratern und wirbelnden Nebeln – sogar die Himmelspiraten mieden diesen Ort.
    Der Wind blies landeinwärts. Er roch nach Schwefel und trieb breite Nebelzungen über das verwitterte Gestein. Die Luft war erfüllt vom kummervollen Stöhnen und Wimmern unendlich vieler verlorener Seelen. Oder war es nur das Heulen des stärker werdenden Windes?
    Twig zitterte. Hatte der Raupenvogel diesen Ort gemeint, als er gesagt hatte, seine Zukunft liege jenseits des Dunkelwalds? Er wischte sich die Schweißperlen vom Gesicht und sprang über eine breite Felsspalte. Als er auf der anderen Seite aufkam, knickte sein Knöchel um. Er schrie auf, fiel hin und rieb sich das Gelenk. Die Schmerzen ließen nach. Unsicher stand er auf und belastete vorsichtig das Bein.
    »Ich glaube, es geht«, murmelte er erleichtert.
    »Freut mich zu hören, Master Twig«, ertönte eine Stimme aus dem schweflig riechenden Nebel.
    Twig erstarrte. Diesmal hatte er bestimmt nicht das Heulen des Windes gehört, sondern eine Stimme, eine wirkliche Stimme. Mehr noch, eine Stimme, die er kannte .
    »Ihr seid weit herumgekommen, seit Ihr damals den Weg der Waldtrolle verlassen habt«, fuhr die Stimme lebhaft fort. Sie hatte einen spöttischen Unterton. »Sehr weit. Und ich habe Euch bei jedem Schritt begleitet.«
    »W … wer bist du?«, stammelte Twig und spähte angestrengt in die grauen Nebelschwaden. »Warum kann ich dich nicht sehen?«
    »Aber Ihr habt mich doch schon oft gesehen, Master Twig«, sagte die Stimme einschmeichelnd. »Damals, als Ihr im Dorf der Schlächter aufgewacht seid, in den schwülen Gängen der Honigkobolde, in der unterirdischen Höhle der Höhlenfurien

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