Twin Souls - Die Rebellin: Band 2 (German Edition)
Hochzeit. « Sabine kam um den Tresen herum, während sie sich gleichzeitig ihre Handtasche schnappte. » Und ich wollte gerade zum Mittagessen nach Hause gehen. Was gibt’s? «
Ich war bisher noch nie ganz allein mit Sabine gewesen. Nach all der Zeit hätte es sich gut anfühlen müssen, aber so war es nicht. Sabine war ein Fels in der Brandung. Sabine gelang es wie niemandem sonst, Selbstvertrauen in anderen zu wecken. Aber sie trug oftmals auch einen abwägenden Blick zur Schau, so als könne sie ins Innere eines Menschen blicken und den Wert seiner Seele beurteilen. Diesen Blick hatte sie jetzt aufgesetzt.
» Ich wollte nur mit dir reden « , sagte ich. » Über Freitag. «
» Klar « , sagte Sabine leichthin. Sie wedelte mich zur Tür und drehte das Schild auf Geschlossen. » Komm doch einfach mit mir in die Wohnung. «
Sabines Wohnung war nur eine kurze Autofahrt entfernt. Das Gebäude ähnelte dem von Emalia, es war alt und heruntergekommen. Im Treppenhaus roch es nach Bratenfett, und Sabine warnte mich davor, mich auf das Geländer zu stützen.
» Trautes Heim, wenn man so will « , sagte sie, als sie eine der vielen gleich aussehenden Türen auf dem Stockwerk aufschloss. Die Wohnung war klein und wie im Fotoladen hingen hier überall Bilder. Aber im Gegensatz zu den anderen waren diese hier von Leuten, die ich kannte: Sabine, die in die Kamera lachte, Jackson und Cordelia auf dem Bürgersteig, sogar Peter, der sich vom Blitzlicht überrascht umwandte.
Ich starrte eine Panoramaaufnahme des Ozeans bei Nacht an. Das in Schwarz getauchte Wasser, über dessen Schaumkronen aufblitzende Mondstrahlen tanzten, hatte etwas Beunruhigendes und zugleich Verführerisches. Aus dem Augenwinkel bekam ich mit, wie Sabines Blick durch die Wohnung schweifte, nach wie vor auf der Suche nach etwas. Ihre Stirn war gerunzelt.
» Cordelia und Katy sind besessen davon, die perfekte Nachtaufnahme vom Ozean zu machen « , sagte Sabine, der meine Aufmerksamkeit nicht entgangen war und die sie auf diese Weise zurück auf die Fotografie lenkte. » Das Bild da wird alle paar Monate ausgetauscht. Sie sind nie zufrieden. «
In der Wohnung herrschte mehr Chaos, als ich erwartet hatte. Irgendwie war ich immer davon ausgegangen, Sabine wäre ordentlich. Der Dachboden war stets aufgeräumt, genau wie der Rest des Ladens. Die Wohnung war sauber, aber es flogen überall Bücher, Teile der Kameraausrüstung und Blätter herum. Ich musterte ein paar Sekunden lang eine merkwürdige Vorrichtung auf dem Esstisch, ehe mir klar wurde, dass es der Trainingsschließzylinder war, den Sabine benutzt hatte, um Devon beizubringen, wie man ein Schloss knackte.
» Weißt du, was für mich das perfekte Bild vom Ozean wäre? « , fragte Sabine. Sie fuhr mit einem Finger den Bilderrahmen entlang. » Ein Strand, der mit Schnee bedeckt ist. Aber hier schneit es nie. Ich habe noch nicht erlebt, dass hier überhaupt mal ein paar Flocken gefallen wären. Hat es da, wo du herkommst, geschneit? «
Ich nickte. » Aber nicht oft. Und nicht sehr viel. «
» Zu Hause gab es jedes Jahr ein paar Zentimeter Schnee. « Sie lachte auf. » Lustig, nicht, dass ich immer noch zu Hause sage? Ich bin seit acht Jahren nicht mehr dort gewesen, aber es ist immer noch zu Hause. «
Sabine strich über die Kante des Bilderrahmens. » Eines Tages, wenn das hier vorbei ist, werde ich dorthin zurückkehren. Ich werde zur Haustür spazieren und klingeln. Und wenn meine Eltern vor mir stehen, werde ich sie fragen, was sie sich dabei gedacht haben, Jenson zu erlauben, uns mitzunehmen. « Sie wandte sich von dem Foto ab. » Falls sie überhaupt noch dort leben. «
» Du hast ihnen noch nicht verziehen? « , fragte ich leise. Wenn Sabine ihren Eltern selbst nach acht Jahren noch nicht vergeben hatte, wie waren dann meine Aussichten?
» Nein. « Sie lächelte wehmütig. » Aber ich würde trotzdem wieder zu ihnen zurückgehen. «
Sie räumte ein paar Kleidungsstücke von der Couch und bedeutete mir, mich zu setzen. » Du und Ryan, ihr wart wirklich unglaublich, Eva. Das ist dir klar, oder? Addie und Devon schließe ich darin natürlich mit ein. Nichts von alledem wäre ohne euch möglich gewesen. «
Ich zuckte mit den Achseln, eher peinlich berührt von ihrem Lob als erfreut. » Ich habe nicht viel getan. «
» Du hast die Bilder für die Flugblätter gemalt « , sagte Sabine.
» Das war Addie. «
» Aber ihr zwei arbeitet zusammen « , sagte Sabine. » Ihr seid ein Team, Eva.
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