Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
zwitscherte Oprah fröhlich. Währenddie Kameras wie geübte Ballerinen um das Set tanzten, brachte ein Adrenalinschub Evs Blut in Wallung.
Oprah stellte dem Publikum nun Twitter vor, erzählte von der Unterhaltung, die sie am Morgen darüber mit dem Portier geführt hatte, und stellte dann ohne Umschweife einem aufgewühlten Ev ihre Fragen.
»Wie sind Sie auf die Idee gekommen?«
»Meine Mitgründer, Biz und Jack, sind echte Genies«, antwortete Ev. Er erläuterte Oprah den Unterschied zwischen Bloggen und Twittern und wie sich mit der Webseite in Sekundenschnelle Nachrichten verbreiten ließen. Twitter sei so schnell, sagte er, dass Feuerwehr und Polizei es für dringende Mitteilungen benutzten. Oprah entging nicht, wie nervös Ev war. Mit gewohnter Professionalität ergriff sie seine Hand und sorgte auf diese Weise dafür, dass sich ihr Gast etwas beruhigte.
Doch der eigentliche Schreck sollte für Ev erst noch kommen. Wieder und wieder hatten ihn Oprahs Mitarbeiter gewarnt, dass die TV-Königin nicht das Geringste von Technik verstehe. Damit sie ihren ersten Tweet nicht verpatzte, hatte ihr Stab auf einem Laptop die Reihenfolge der Tasten, die sie drücken sollte, nachdem sie ihre erste Mitteilung von 140 Zeichen geschrieben hatte, bunt markiert. Es war wie Malen nach Zahlen, nur eben auf einer Tastatur für einen unbeholfenen Computerlaien.
Die Live-Sendung war bis ins Kleinste vorbereitet. Oprah sollte den Tweet schreiben und senden, dann kam ein Werbeblock. Während die Werbeclips eingespielt wurden, sollte Oprah »den Knopf auf der Tastatur mit dem gelben Aufkleber drücken«, wodurch sie die Tweets ihrer Freunden aufrufen würde, darunter George Stephanopoulos, Ellen De Generes, Shaquille O’Neal, Demi Moore und andere, die alle von den Produzenten gebeten worden waren, Oprah zu antworten und sie bei Twitter willkommen zu heißen.
Doch Oprah drückte zuerst die Feststelltaste und fing dann an zu tippen: »HI TWITTERER DANKE FÜR DAS LIEBE WILLKOMMEN FÜHLE MICH WIRKLICH WIE IM 21. JAHRHUNDERT.« Statt dannauf »senden« zu klicken, kam sie aus Versehen auf die mit dem gelben Klebeband markierte Taste – und löschte damit ihren gesamten ersten Tweet wieder. Die Werbung wurde eingeblendet. Oprah hatte nicht getwittert. Ev hatte genau verfolgt, was geschehen war. Seine Kehle schnürte sich zu. Sofort ließ er Oprah zur Seite rücken, schnappte sich ihren Laptop und hämmerte wie wild auf die Tastatur, tippte exakt den gleichen Tweet in Großbuchstaben noch einmal ein und klickte mit pochendem Herzen auf »senden«, während der Produktionsassistent rief: »Und wir sind zurück in fünf, vier, drei …«
Schließlich wurde Kutcher zugeschaltet, aus demselben Arbeitszimmer, in dem er ein paar Stunden zuvor gesessen hatte, als er im Wettkampf um die erste Million Follower CNN geschlagen hatte. »Herzlichen Glückwunsch«, gratulierte Oprah. »Das sagt viel über den Stand der Medien aus«, antwortete Kutcher . »Ich glaube, dass wir bei den sozialen Medien heute einen Punkt erreicht haben, an dem die Stimme eines Einzelnen so mächtig werden kann wie die eines Medienkonzerns. Das ist die Macht sozialer Netzwerke.« Twitter, erzählte er, verschaffe ihm persönlich die Möglichkeit, den Paparazzi ein Schnippchen zu schlagen, weil er jetzt selbst die Fotos und Videos auswählen könne, die über ihn in Umlauf kommen sollten, noch bevor die Klatschblätter und Boulevardzeitungen die Öffentlichkeit erreichten.
Noch während der Sendung fingen Oprahs Zuschauer an, sich in Scharen bei Twitter anzumelden. Von Chicago bis Clearwater, von Modesto bis Miami, von Seattle bis Statesboro registrierten sich an diesem Tag mehr Menschen auf der Webseite als zuvor an jedem anderen Tag in ihrer Geschichte. In den ersten 24 Stunden gewann Twitter beinahe eine halbe Million neuer Nutzer. Obwohl die Server unter der Last ächzten, hielten sie durch.
Nach der Show schauten Ev und Sara noch in den Oprah-Shop, um sich Lätzchen für ihr Baby auszusuchen, das in ein paar Monaten zur Welt kommen und Miles heißen sollte.
Später schrieb Ev eine E-Mail an die gesamte Belegschaft. »Gehe hier in Chicago gerade zu Bett«, berichtete er. »Werde ungefähr vier Stunden Schlaf bekommen.« Überschwänglich dankte er seinen35 Mitarbeitern, dass sie es geschafft hatten, einen Ausfall der Webseite zu verhindern und den Betrieb trotz der Flut von Neuanmeldungen aufrechtzuerhalten. »Was für eine Woche für Twitter! Dank an alle für
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