Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
öffnete gerade den Mund, um das Angebot höflich auszuschlagen, da fiel ihm Biz betrunken ins Wort.
»Al, Al! Ich glaube, Sie haben völlig Recht«, lallte er. »Aber wenn Sie Recht haben – und davon bin ich überzeugt –, warum sollten wir uns dann nur an Sie binden? Warum sollten wir das, was Sie vorschlagen, nicht mit jedem TV-Sender da draußen machen?«
Gore stutzte kurz und schwang sich gleich wieder zu einem leidenschaftlichen Plädoyer für eine Zusammenarbeit auf. Sein Werben war verlockend, aber Ev und Biz waren nicht wirklich überzeugt. Freundlich erwiderte Ev, dass sie es sich überlegen würden. Sie würden darüber schlafen und das Angebot in der Firma diskutieren.
Das Essen neigte sich dem Ende zu, doch Gore ließ nicht locker. Er kam mit einer Flasche Tequila der Marke Patrón und einer Hand voll Schnapsgläsern aus der Küche. »Ich habe gehört, das hier ist der wahre Stoff«, prustete er laut lachend. Schnäpse wurden eingeschenkt, und bald spülten sie den vizepräsidentialen Patrón wieder mit Wein hinunter, bis Ev mahnte, dass es nun wohl an der Zeit sei, sich zu verabschieden. »Vielen Dank für das Essen und alles andere«, sagte er zu Gore. »Wir melden uns bald.«
Ev und Biz schritten zum Fahrstuhl, fuhren zum Foyer hinunter, hockten sich an die Hotelbar und schlürften noch ein paar Drinks, um die Anspannung des Abends abzuschütteln.
»Heilige Scheiße!«, tönte Biz und fiel, betrunken, wie er war, beinahe vom Hocker. »Wir waren gerade bei dem Typ, der beinahe der verdammte Präsident geworden wäre!«
Sie brauchten nicht lange, bis ihnen klar wurde, dass ihre Antwort abermals »nein« lauten würde. Sie waren entschlossen, Twitter unabhängig zu halten.
»Wir müssen aufhören, uns mit diesen berühmten Leuten zu treffen«, resümierte Ev. »Sie versuchen ständig, uns zu kaufen!«
Zu Gast bei Oprah
Vor dem Bett im Trump International Hotel & Tower stand eine mit beigefarbenem Satin bezogene Bank, auf die sich Ev gesetzt hatte, bis das Licht mit einem Flackern wieder anging. In der Tiefe glitzerte der Chicago River und reflektierte die (ehemals) zweite Stadt der USA mit der Pracht eines Feuerwerks.
Eine Gewitterkette rollte über den Mittleren Westen, verursachte Stromausfälle und Verzögerungen im Flugverkehr. Auch der Flieger von Ev und Sara war viel später als erwartet in Chicago eingetroffen, und bei der Anmeldung im Hotel war dann auch noch der Strom ausgefallen.
Sara war mit ihrem ersten Kind schwanger und hatte in einem Anfall von Heißhunger die Minibar geplündert. Tüten von Erdnüssen, Chips und Süßigkeiten lagen über das Zimmer verstreut, während sie sich ans Auspacken der Koffer machte.
Es war Donnerstag, der 16. April 2009; eine der turbulentesten Wochen, die Twitter bislang erlebt hatte, war noch nicht zu Ende.
Sobald sie wieder Strom hatten, griff sich Ev die Fernbedienung des Hotelfernsehers. Er schaltete rasch CNN ein, lauschte einen Augenblick und schüttelte mit einem ungläubigen Lachen den Kopf. Moderator Anderson Cooper starrte in die Kamera, als ob er nur zu Ev und Sara spräche und nicht auch zu den Millionen anderer Menschen, die den 24-Stunden-Nachrichtenkanal eingeschaltet hatten. »Bitte gehen Sie auf Twitter.com und werden Sie ein Follower von CNN«, bat er die Zuschauer wiederholt. Sara hielt kurz inne undwarf Ev einen amüsierten Blick zu, während sie sein braunes Hemd für den folgenden Tag aufhing.
»Du meine Güte«, rief Ev beeindruckt. »Das ist ja ein Riesending!«
Wortlos ließen sie die Situation auf sich wirken: Da waren sie nun, im schicken Trump Hotel in Chicago, und verfolgten im Fernsehen, wie der Kanal CNN mit dem Schauspieler Ashton Kutcher um den ersten Twitter-Account mit mehr als einer Million Follower wetteiferte. Und damit nicht genug: In ein paar Stunden würde Ev in der Oprah Winfrey Show der Gastgeberin Oprah, eine der berühmtesten und einflussreichsten Frauen der Welt, dabei helfen, ihren ersten Tweet zu verschicken.
So surreal ihnen das alles anmuten mochte, es war kein Traum, sondern die Wirklichkeit. In Kürze würde Ev zu Gast in der Show von Oprah Winfrey sein.
Schon seit ein paar Tagen hatte Ev deswegen ein flaues Gefühl im Magen. Es hatte angefangen, als bei Twitter eine gewöhnliche E-Mail von den Produzenten der Oprah Winfrey Show mit einer schlichten Anfrage einging: Wäre das Unternehmen so freundlich, kurz zurückzurufen, um über die Erwähnung von Twitter in der Show zu
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