Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
Twitter-Gründer am Morgen nach der Time -100-Gala zur Talkshow The View eingeladen waren, deren Gastgeberin sie zusammen mit Joy Behar und Whoopi Goldberg war.
Jack war fassungslos. Sofort fing er an, seine Version der Ereignisse des letzten Jahres auszubreiten, als hätte Walters ihn gerade um ein Exklusivinterview gebeten.
Er hatte erst vor ein paar Wochen gehört, dass Time bei der Kür der 100 einflussreichsten Menschen auch die Twitter-Gründer ehren wollte. Weil aber 98 Plätze schon von Politikern, Physikern, Nobelpreisträgern, Ökonomen, Musikern und großen Stars belegt waren, blieben für die Repräsentanten von Twitter nur zwei Plätze übrig, einer für Evan Williams, der andere für Biz Stone. Für Jack Dorsey war kein Platz mehr.
Sofort hatte Jack Biz eine wütende Nachricht geschickt und verlangt, in die Liste aufgenommen zu werden. Doch das lag nicht in Biz’ Hand. Die Herausgeber von Time hatten in Jack kein aktives Firmenmitglied erkannt und daher beschlossen, dass er auch nicht auf die Liste gehöre. Biz wusste, wie heikel die Situation war, und bemühte sich erfolglos, Jack nachträglich auf die Liste setzen zu lassen. E-Mails zwischen Jack, Biz, Ev und den Herausgebern von Time gingen hin und her, doch das Magazin beharrte auf seiner Position und argumentierte, dass Jack an der Geschäftsführungvon Twitter nicht beteiligt sei. Schließlich, nach angespannten Verhandlungen, hatte Biz es geschafft, Jack eine Einladung zum Dinner zu verschaffen, aber genau genommen wurde er damit nicht als einer der 100 einflussreichsten Menschen geehrt. Das wusste allerdings niemand, außer den Herausgebern, den Twitter-Gründern und eben nun Barbara Walters.
Walters lauschte all dem wie eine Mutter, deren Sohn sich gerade mit seinem besten Freund geprügelt hat. »Wir werden uns darum kümmern«, versicherte sie. Am nächsten Tag würde sie ja Ev interviewen und mit ihm über den Fauxpas sprechen können. Doch Jack konnte sich vor Entrüstung gar nicht mehr einkriegen, und so musste sich die berühmte Talkmasterin, die es gewohnt war, mit Präsidenten und königliche Hoheiten zu plaudern, Jacks Lamento über Ev und Biz bis zu Ende anhören.
Vor der Ehrung, als die Sonderausgabe von Time mit einer stattlichen Auflage von 25 Millionen erschienen war, hatte sich Jack ein Exemplar besorgt und rasch die Seite mit der Twitter-Geschichte aufgeblättert. Das Magazin hatte Prominente gebeten, in kurzen Lobreden die Bedeutung der Geehrten herauszustreichen, und für Twitter hatte sich Ashton Kutcher dazu bereit erklärt.
»In vielen Jahren«, schrieb Kutcher in seiner Lobeshymne, »wenn Historiker über die Zeit nachdenken, in der wir heute leben, werden die Namen Biz Stone und Evan Williams in einem Atemzug mit Samuel Morse, Alexander Graham Bell, Guglielmo Marconi, Philo Farnsworth, Bill Gates und Steve Jobs genannt werden.« Unter »ferner liefen« fand Jack weiter unten in dem Artikel auch selbst als einer der Mitschöpfer von Twitter Erwähnung, aber es gab kein Foto von ihm, sondern nur eines von Ev und Biz unter einem Zweig mit bunten Vogelattrappen.
Für Jack spielte es keine Rolle, dass Kutcher Twitter als »Eingangsportal des Internets« lobte. Es war ihm genauso gleichgültig, dass Time Twitter eine »Bühne der Menschheit und des Verbundenseins« nannte oder dass seit dem letzten Update über zwei Billiarden Tweets über die Seite geschickt worden waren. Für Jack zählte nur, dass er selbst in dem Time -Artikel nicht häufiger erwähnt wurde. Er wurde nicht mit dem Erfinder des Telefons oder mit dem Schöpfer der Morsezeichen oder mit dem genialen Erfinder des Fernsehens verglichen.
Biz und Ev hatten Jack zu einer klärenden Aussprache über die Verwirrung um die Nominierung von Time in die Twitter-Zentrale gebeten, hatte Jack doch begonnen, sich bei Leuten aus dem Umfeld von Twitter lautstark darüber zu beklagen, dass ihm in dem ganzen Presserummel um die Firma kaum noch Aufmerksamkeit zuteil wurde.
Ev wurde nur selten auf jemanden richtig böse. Selbst als die Firma unter seiner Leitung immer weiter wuchs, blieb er seiner Abneigung gegen Konfrontationen treu und ging Streitereien nach Möglichkeit aus dem Weg. Doch auch Evs Geduld hatte ihre Grenzen, und Jack, der nicht aufhörte, einen riesigen Medienzirkus um sich herum zu veranstalten, fing an, Ev sehr wütend zu machen. Auch im Verwaltungsrat war man mittlerweile besorgt. Es war aufgefallen, dass Jack häufig Kommentare zu Themen abgab,
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