Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
zur Rettung des Iraks geschickt«, titelte eine britische Zeitung mit einem Bild von Jack Dorsey darunter.
Am letzten Morgen wurde die Delegation zum Flughafen gebracht, wo sie auf dem löchrigen, von Trümmern übersäten Asphalt auf die C-130 wartete, die sie wieder ausfliegen würde. Jack zog sein Handy hervor und rief Twitter auf. Während über ihnen Helikopter hinwegdonnerten und Kampfjets Löcher in den Morgenhimmel rissen, sah Jack zu seiner Freude, dass der irakische Vizepremier tatsächlich Wort gehalten hatte.
»Leider, mein erster Tweet nicht angenehm«, twitterte Barham Salim in seinem ersten Tweet. »Sandsturm über Bagdad heute & wieder ein Selbstmordattentat. Schlimme Erinnerung daran, dass noch nicht alles in Ordnung ist.«
101 Leute auf der Time -100-Gala
Blitzlichter leuchteten vor Jack, Biz und Ev auf wie ein Miniaturfeuerwerk. Tschiung, tschiung, tschiung .
»Hierher bitte!«, »Zu mir schauen!«, riefen die Fotografen, während sie ihre Ziele in gedämpftem Stakkato unter freundliches Feuer nahmen. Klick, klick, klick . »Hierher!«, tönte es. »Schauen Sie hierher!«
Die Twitter-Gründer hielten alle paar Schritte inne – tschiung, klick, popp, tschiung, klick, tschiung – und folgten weiter dem roten Teppich. Aus den Ohren breitschultriger Anzugträger baumelten weiße Spiralkabel. Die Beamten vom Secret Service hatten die Lage im Griff.
»Hi, Jack Dorsey«, sagte eine junge Frau mit Klemmbrett. »Hallo, Evan Williams«, grüßte eine andere Dame, der Ev noch nie begegnet war, freudig. »Sie müssen Sara sein«, fügte sie, an Evs Frau gewandt, hinzu. »Mr. und Mrs. Stone«, verkündete eine andere nüchtern. Die Empfangsdamen begleiteten die Twitter-Gründer in den Saal, während hinter ihnen die Rufe der Paparazzi im Hintergrund verblassten. »Liv! Liv Tyler!« – »Kate!« – »Whoopi, hierher!«
Auf roten Teppichen vor rotem Hintergrund gelangten sie zu Metalldetektoren und passierten die zweite Sicherheitsschleuse, hinter der Fernsehteams auf Interviews lauerten. »Hey, da sind die Twitter-Leute!«, rief jemand, und schon schwebten Mikrofone und TV-Kameras direkt vor ihren Nasen. Fragen wurden gestellt und mit launigen Bemerkungen beantwortet. Ein paar Schritte weiterwiederholte sich das gleiche Spiel: Mikros, Kameras, die nächsten Fragen, wieder ein paar geistreiche Antworten. Am Ende des Medienspießrutenlaufs fanden sie sich in einer Kabine wieder, wo sie eine Karte mit ihrer Tischnummer erhielten. »Bevor Sie hineingehen, muss ich Ihnen noch etwas überreichen«, sagte der Betreuer. »Sie müssen diese Anstecknadel tragen, damit die Gäste wissen, dass Sie zu den von Time ausgewählten 100 einflussreichsten Menschen der Welt zählen.« Mit diesen Worten bekamen sie glänzende gold-rote Ehrenabzeichen ans Revers geheftet.
Drinnen segelten, getragen von weißen Handschuhen, Champagnertabletts so elegant wie Zauberteppiche durch die Luft, unbeeindruckt von der Zusammenballung mächtiger Menschen um sie herum. Spitzenpolitiker, Musiker, Schauspieler, milliardenschwere Firmenvorstände, Medienmoguln, Nobelpreisträger, First Ladys, Second Ladys vermischten sich, prosteten einander gesittet zu und schielten ringsum zur Crème de la Crème unter ihnen, jenen 100 Gästen, die vom Magazin Time als die aktuell einflussreichsten Menschen der Welt gekürt worden waren.
Mitten unter ihnen standen Jack, Biz und Ev. Wie weit sie es doch gebracht hatten! Erst ein paar Jahre zuvor waren sie nur Eingeweihten in der IT-Szene von San Francisco bekannt und noch ein paar weitere Jahre früher absolute Nobodys gewesen: Jack ein Typ mit blauen Dreadlocks, der mit einem Kinderwagen durch Berkeley zuckelte, ein kinderhütender, auf Sofas schlafender Hacker; Biz ein von Flugangst geplagter Kreditkartenjongleur, der mit 50
000 Dollar Schulden nicht wusste, wie er die nächste Miete berappen sollte; Ev ein für 600 Dollar über einer Garage hausender Nerd, der tagaus, tagein auf einem geborgten Fahrrad über Schotterwege zu seinem kleinen Kabuff radelte, wo er, einsam und allein, schweigend dahockte, auf der Suche nach etwas, das er nicht genau zu benennen wusste. Und nun waren sie angekommen – zumindest sah es ganz danach aus. Manche Menschen sind zur Größe geboren, andere müssen dafür Unmögliches vollbringen.
Jack musterte den Raum. Ihm wurde klar, dass er die Welt wissen lassen musste, wo er sich befand. »Trinke Champagner auf der Time -100-Gala«, twitterte er.
»Ach, Sie sind
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