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Tyrann Aus Der Tiefe

Tyrann Aus Der Tiefe

Titel: Tyrann Aus Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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er erst jetzt die Rechnung präsentiert.
    »Du wirst sie töten«, fuhr die Stimme fort.
    Diesmal widersprach der Mann nicht mehr, sondern neigte nur noch gehorsam das Haupt …
    Es wurde Mittag, ehe wir das Dorf erreichten, und die Uhr schlug annähernd drei, bis wir unseren Gefangenen endlich bei der Polizei abgeliefert und alle Fragen des zuständigen Constablers beantwortet hatten. Jedenfalls zu seiner momentanen Zufriedenheit. Er hatte mir die Geschichte, die ich ihm erzählt hatte, nicht hundertprozentig geglaubt, und ich hätte nicht einmal der Sohn eines Hexers sein müssen, um das zu spüren. Dabei war Constabler Donhill ein durchaus umgänglicher Mensch; leider auch ein ziemlich kleingeistiger. Und wie bei fast allen Menschen, die Gott nicht gerade mit einem Übermaß an Intelligenz gesegnet hatte, hörte seine Umgänglichkeit an dem Punkt auf, wo er nicht mehr verstand, was man von ihm wollte.
    Und diese Schwelle lag bei ihm ziemlich niedrig.
    Ich fühlte mich vollkommen erschöpft, als ich an Bannermanns Seite die Polizeiwache verließ. O’Banyon war, an Händen und Knien mit Handschellen gebunden und zusätzlich auf einer Liege festgeschnallt, damit er nicht wieder anfing zu toben und sich dabei selbst verletzte, in Donhills einziger Zelle zurückgeblieben. Wenigstens den Namen unseres unfreiwilligen Reisebegleiters hatten wir in Erfahrung bringen können, mehr aber auch nicht. Constabler Donhill schien ganz genau zu wissen, wer dieser O’Banyon war und was er draußen am See gesucht hatte, aber er hatte geschwiegen wie eine Auster, und irgendetwas hatte mich davor gewarnt, zu viele und zu neugierige Fragen zu stellen. Donhill war ein freundlicher Mann, aber unter der dünnen Maske, die er trug, verbarg sich ein tiefsitzendes Misstrauen allen Fremden gegenüber, das spürte ich.
    Ich blieb stehen, als wir die Polizeiwache verlassen und die breite, ungepflasterte Hauptstraße zwei Blocks weiter südlich erreicht hatten. Das Meer war von hier aus nicht mehr zu erkennen, wohl aber zu spüren. Ein klammer Salzwasserhauch wob sich unmerklich in die Wärme des Hochsommertages, und wenn man ganz genau hinhörte, konnte man sogar das Rauschen der Brandung hören. Goldspie lag am Ufer eines schmalen Flusses, dessen Namen ich mir nicht gemerkt hatte, aber es lag in einer Senke, aus der heraus der Blick auf den Ozean unmöglich war.
    »Was haben Sie?«, fragte Bannermann, als ich stehen blieb. Die Männer waren schon vorausgegangen und hatten Zimmer im einzigen Hotel des Ortes bezogen, und nach allem, was wir mitgemacht hatten, konnte ich es Bannermann nicht verdenken, wenn er sich ebenfalls nach einer warmen Mahlzeit und einem sauberen Bett sehnte.
    »Gehen Sie ruhig vor, Captain«, sagte ich ausweichend. »Ich komme in ein paar Minuten nach.«
    Bannermann sah mich stirnrunzelnd an, und ich fügte hastig hinzu: »Ich will noch zur Bank, ehe sie schließt. Es wäre doch peinlich, wenn wir im Hotel nicht einmal unser Abendessen bezahlen könnten, oder?«
    In Wirklichkeit war das nur eine Ausrede. Ich wollte allein sein. Ich brauchte diese Zeit, nur ein paar Minuten, um Ordnung in meine Gedanken zu bringen und mich zu beruhigen. Schon am See war mir seltsam zumute gewesen, jetzt, nachdem Wil mit Donhill gesprochen hatten, fühlte ich mich verwirrter als zuvor. Manchmal konnte die Gabe, die ich von meinem Vater geerbt hatte, zum Fluch werden.
    »Soll ich Sie begleiten?«, bot sich Bannermann an. »Ich kenne die Gewohnheiten der Leute hier besser als Sie.«
    Ich lächelte. »Ich glaube, ich werde schon noch aus eigener Kraft einen Kreditbrief einlösen können, Captain. Gehen Sie ruhig ins Hotel zurück. Und trinken Sie einen guten Sherry auf mein Wohl.«
    Bannermann sah mich auf eine Art an, die mir verriet, dass er meine wahren Gründe durchschaut hatte. Aber trotzdem nickte er, verabschiedete sich mit einem wortlosen Kopfnicken und eilte über die staubige Straße davon.
    Ich sah ihm nach, bis er im Eingang des Hotels verschwunden war, wandte mich um und ging – wesentlich langsamer als er – in die entgegengesetzte Richtung. Die Bank lag am hinteren Ende der Straße, weniger als zweihundert Schritte entfernt, aber ich hatte es nicht besonders eilig, dorthin zu kommen.
    Irgend etwas stimmte nicht mit dieser Stadt.
    Ich konnte nicht sagen, was es war, nicht einmal, was mich auf diesen Gedanken brachte – aber ich spürte einfach, dass Goldspie nicht das verschlafene kleine Fischernest war, als das es sich gab.

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