Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tyrann Aus Der Tiefe

Tyrann Aus Der Tiefe

Titel: Tyrann Aus Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
einer von ihnen hat auf Ben geschossen und ihn schwer verletzt. Wenn du sie deckst …«
    »Aber ich habe niemanden gesehen! Ihr … ihr könnt ja selbst nachsehen, ob ich hier irgendjemand verstecke!«
    Die Männerstimme lachte böse. »Darauf kannst du dich verlassen. Los Jungs – stellt die Bude auf den Kopf.«
    Bannermann fuhr erschrocken zusammen und sog hörbar die Luft ein, schwieg aber weiter verbissen. Eine Zeit lang waren durch die dünne Wand polternde und krachende Laute zu hören, vermischt mit dem schweren Stampfen von Schritten und wütendem Fluchen. Mein Herz schien einen schmerzhaften Sprung zu tun, als ich hörte, wie die Schranktür roh aufgestoßen und die Kleider von den Haken gerissen wurden. Schließlich traf sogar ein Kolbenhieb die Rückwand des Schrankes.
    »Die sind wirklich nicht hier«, vernahm ich. »Sie müssen vorne raus sein«, fügte eine andere Stimme hinzu. »Oder über die Dächer. Aber die kriegen wir schon.« Wieder polterten Schritte, dann wurde die Tür unsanft aufgerissen. Glas klirrte.
    »Du sagst uns sofort Bescheid, wenn du sie siehst, ist das klar?« hörte ich wieder die erste Stimme. Unser Retter antwortete irgend etwas, das ich nicht verstand, dann fiel die Tür krachend ins Schloss, und schwere Schritte polterten die Treppe hinunter.
    Bannermann atmete hörbar auf. »Das war knapp«, flüsterte er. »Eine halbe Minute später, und …«
    Er sprach nicht weiter, aber das war auch nicht nötig. Diesmal hatten wir mehr als nur Glück gehabt. Unsere Rettung glich einem Wunder.
    Ich sah auf, als die Schranktür abermals geöffnet wurde und das Geräusch leichter Schritte laut wurde. Knarrend schwang die Rückwand des Schrankes nach innen, und eine schmalschultrige, in ein einfaches braunes Gewand gehüllte Gestalt huschte geduckt zu uns herein.
    Der Anblick verschlug mir für einen Moment die Sprache.
    Unser Retter hatte seinen Mantel abgelegt. Sein Gesicht war im hellen Sonnenschein deutlich zu erkennen.
    Es war ein Mädchen.
    Im ersten Moment schätzte ich sie auf achtzehn, vielleicht neunzehn Jahre, dann, als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte und sich zu Bannermann und mir herumdrehte, erkannte ich, dass sie viel jünger sein musste.
    Vielleicht täuschte ich mich aber auch. Für einen Moment kreuzten sich unsere Blicke, und ich las in ihren dunklen Augen einen Ausdruck solchen Ernstes, dass ich meine erste Schätzung schon wieder für realistischer zu halten begann.
    Plötzlich lächelte sie, und es war …
    Wissen Sie, wie es ist, wenn nach wochenlangem Regen zum ersten Mal ein Sonnenstrahl durch die Wolkendecke bricht, oder wenn man nach einem langen, kalten Winter das erste Mal wieder Vogelstimmen hört, wenn die Sonne aufgeht?
    So war ihr Lächeln. Sie sagte kein Wort, sondern lächelte Bannermann und mich nur an, aber sie hatte eine Art zu lächeln, die einem Mann in einer Sekunde die Sinne verwirren konnte.
    Fast eine Minute lang starrten Bannermann und ich sie nur an, und vermutlich hätten wir uns noch länger zum Narren gemacht und sie angeglotzt, wenn sie nicht schließlich von sich aus das Schweigen gebrochen hätte.
    »Es ist alles in Ordnung«, sagte sie. »Sie sind in Sicherheit. Sie werden nicht wiederkommen.«
    Ich schluckte, tauschte einen Hilfe suchenden Blick mit Bannermann, versuchte aufzustehen und stieß mir abermals den Kopf an einem Balken.
    »Ich …«, stammelte ich. »Ich meine, wir …«
    »Warum setzen Sie sich nicht erst einmal?«, unterbrach sie mich, noch immer lächelnd, aber jetzt auf eine andere, fast spöttische Art. »Die Gefahr ist vorüber. Und wir haben Zeit.« Sie unterstrich ihre Worte mit einer einladenden Geste, eilte leichtfüßig zur Chaiselongue und ließ sich darauf nieder. Bannermann und ich folgten ihr, wenn auch zögernd und in gehörigem Abstand.
    »Warum haben Sie das getan, Miss?«, fragte Bannermann zögernd. »Sie … Sie werden furchtbaren Ärger bekommen, wenn herauskommt, dass Sie uns geholfen haben.«
    »Hören Sie mit dem albernen Miss auf«, sagte das Mädchen lächelnd. »Mein Name ist Priscylla – Pri, für meine Freunde. Und ich werde keinen Ärger bekommen, wenn Donhills Bande herausfindet, dass ich Sie verborgen habe, Captain Bannermann. Sie werden mich umbringen.«
    »Um …« Ich stockte, starrte sie erschrocken an und suchte einen Moment vergeblich nach Worten.
    Priscylla winkte ab. »Machen Sie sich keine Sorgen, Mister Craven.«
    »Robert.«
    »Robert, gut«, lächelte Priscylla. »Sie

Weitere Kostenlose Bücher