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Tyrann Aus Der Tiefe

Tyrann Aus Der Tiefe

Titel: Tyrann Aus Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Sie erkennen, O’Banyon«, sagte Andara ruhig. »Keine Sorge. Ich verfüge nur noch über einen Bruchteil der Macht, über die ich einst gebot, aber sie reicht noch, Sie zu beschützen, wenn auch nur für kurze Zeit. Und jetzt hören Sie zu: Gehen Sie zu ihm. Suchen Sie ihn, und sagen Sie ihm, dass ich Sie schicke. Es gibt etwas, das er wissen muss. Sagen Sie ihm, dass dieses Dorf eine Falle ist, eine Falle, die für mich bestimmt war und nun ihm zum Verhängnis werden wird, wenn er nicht flieht. Donhill und Leyman sind Magier, und die Bestie draußen im See ist nur ein Werkzeug, das ihren Befehlen gehorcht.«
    »Magier?«, wiederholte O’Banyon ungläubig.
    Andara nickte ungeduldig. »Sagen Sie es ihm einfach, O’Banyon. Und sagen Sie ihm, dass er fliehen muss. Er ahnt die Wahrheit bereits, aber es gibt etwas, das er nicht weiß: Sagen Sie ihm, dass es immer drei sind. Es gibt einen dritten Hexer hier im Ort. Er soll sich vor ihm in Acht nehmen.«
    »Aber wer? Warum …«
    »Ich weiß nicht, wer der Dritte ist«, sagte Andara traurig. »Er ist stark, viel stärker als ich. Ich kann seine Identität nicht ergründen. Aber es gibt ihn, und er wird Robert vernichten, wenn er nicht flieht. Und jetzt gehen Sie, O’Banyon. Die Zeit wird knapp.«
    »Aber warum gehen Sie nicht selbst?«, fragte O’Banyon hastig. »Warum warnen Sie ihn nicht selbst vor der Gefahr?«
    Andaras Gestalt begann zusehends an Substanz zu verlieren. »Weil ich es nicht kann«, sagte er. Seine Stimme klang plötzlich dünn und leise, nur noch ein schwacher Hauch, der kaum mehr zu verstehen war. »Es ist mir unmöglich, mich ihm zu nähern. Der dritte Magier verhindert es. Er weiß, dass ich hier bin. Er kann mir nicht schaden, aber er verhindert, dass ich Robert nahe komme. Und jetzt gehen Sie, O’Banyon, ich bitte Sie. Warnen Sie meinen Sohn. Sagen Sie ihm, es gibt einen dritten Magier!«
    Seine Stimme war immer leiser geworden, und im gleichen Moment, in dem das letzte Wort verklungen war, verschwand seine Gestalt vom Fußende des Bettes, als wäre sie niemals dagewesen.
    O’Banyon starrte die Stelle, an der die Erscheinung gesessen hatte, noch einen Moment lang an. Dann schwang er die Beine vom Bett, stand auf und ging langsam zum Ausgang.
    Das metallene Türblatt schwang lautlos nach außen, als er sich der Tür näherte.
    Die Schritte der Verfolger kamen unbarmherzig näher. Die Straße hinter uns war erfüllt vom Trappeln zahlloser Füße und dem aufgeregten Schreien aus Dutzenden von Kehlen. Ein Schuss krachte. Der peitschende Knall riss mich vollends aus meiner Erstarrung. Nach dem, was Bannermann gerade getan hatte, würde der Mob garantiert keine Rücksicht mehr nehmen. Sie würden Bannermann und mich zerreißen, wenn Sie uns in die Finger bekamen.
    Ich packte Bannermann bei der Schulter, zerrte ihn hinter mir her und rannte los, so schnell ich konnte. Mein Blick tastete verzweifelt über die Rückfronten der Häuser, die die Straße zu beiden Seiten flankierten. Es gab eine Anzahl Fenster und sogar eine Tür, aber sie waren ausnahmslos verschlossen, und die Zeit, eines von ihnen aufzubrechen, würde uns nicht bleiben.
    Wir erreichten das Ende der Gasse und blieben stehen. Ich ließ Bannermanns Arm los, sah mich verzweifelt um – und griff entschlossen nach dem rauen Stein der Wand, die die Sackgasse begrenzte.
    »Was haben Sie vor?«, fragte Bannermann erschrocken. Sein Blick fiel zurück zum Ende der Gasse. Von den Verfolgern war noch keine Spur zu sehen, aber es konnte nur noch Sekunden dauern, ehe sie auftauchten.
    »Klettern!«, antwortete ich gepresst, während ich bereits die Finger in eine Mauerritze krallte und mich hochzuziehen versuchte. »Und zwar um mein Leben!«
    »Aber das ist Wahnsinn!«, keuchte Bannermann. »Sie werden uns wie die Tontauben herunterschießen, Craven!«
    »Dann bleiben Sie doch hier!«, brüllte ich. »Ich versuche es wenigstens. Ich …«
    Bannermann griff warnungslos nach meinem Arm, zerrte mich mit einem Ruck auf den Boden zurück und drehte mich reichlich unsanft herum, als ich protestieren wollte.
    Kaum fünf Meter neben uns hatte sich eine schmale Tür in einer der Wände geöffnet. Eine kleinwüchsige, in einen dunkelbraunen Kapuzenmantel gehüllte Gestalt war halb ins Freie getreten und winkte aufgeregt zu uns herüber. Ihr Gesicht war nicht zu erkennen.
    Ich überlegte nicht mehr. Vielleicht war es eine Falle. Vielleicht warteten hinter der Tür ein Dutzend entsicherter Gewehre auf

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