Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte
Entscheidungsgewalt beenden konnte, ohne dass sie diesen von ihr so sehr geliebten Mann verlor. Im Süden ihres Reiches hatte Katharina dem türkischen Sultan riesige Gebiete abgerungen, die das russische Staatsgebiet um eine halbe Million Quadratkilometer vergrößerten. Die Bevölkerungszahl wuchs von 20 auf 36 Millionen Menschen. In einem Friedensvertrag mit den Türken hatte sich Russland die freie Schifffahrt in allen türkischen Gewässern gesichert. Die Tartaren auf der Krim, an der unteren Donau und am Asowschen Meer, die zunächst die Unabhängigkeit erhalten hatten, wurden dem russischen Reich einverleibt. Potemkin, der mit allen Vollmachten ausgestattet wurde und über Millionenbeträge verfügen konnte, erhielt die Verwaltung über diese „neurussischen Gebiete“. Bei der Kolonisation dieser riesigen, fast menschenleeren Gebiete konnte Potemkin seine ganzen Fähigkeiten unter Beweis stellen. In kurzer Zeit entstanden Häfen und Städte an Don, Dnjepr und Bug. Zur Sicherung vor feindlichen Angriffen wurden Militärdörfer und Festungen angelegt, die die neu eroberten Gebiete mit einem hundert Kilometer langen Gürtelumgaben. Aber er sah sehr schnell ein, dass diese gewaltigen Gebiete nicht besiedelt werden konnten, wenn man den russischen Adligen große Güter schenkte, damit sie ihre Leibeigenen dorthin schickten. Dieses „Neurussland“ konnte auf die halb- und ganzasiatischen Völkerschaften nicht verzichten. Potemkins erfolgreicher Kolonisationspolitik ist es zu verdanken, dass Russland zu einem Vielvölkerreich mit einer starken asiatischen Komponente wurde. Aber die ehrgeizige Zarin war damit noch nicht zufrieden. Sie begeisterte ihren Geliebten für den Plan, die Türken ganz aus Europa zu vertreiben und diese ehemaligen Türkengebiete unter die Herrschaft ihres Enkels Konstantin zu stellen. Während er in Byzanz wie sein berühmter Namensvetter Kaiser Konstantin über die griechischen Gebiete regieren sollte, hatte sie ihren Enkel Alexander dazu auserwählt, das europäische Russland von Petersburg aus, das von ihr mit großen Aufwand zur Metropole Russlands ausgebaut worden war, zu regieren.
Obwohl Potemkin ein gewaltiges Werk vollbracht hatte, wollte er seine Leistungen vor seiner Zarin und vor der europäischen Öffentlichkeit noch imposanter erscheinen lassen. Er organisierte ein riesiges Schauspiel, das als „Potemkinsche Dörfer“ in die Geschichte einging. Im Jahre 1787 unternahm die Zarin, begleitet von ausländischen Diplomaten und ihrem Hofstaat von 148 Personen, eine Krimreise, um sich persönlich von der Aufbauarbeit ihres Geliebten zu überzeugen. Für sie war eigens ein Schlitten angefertigt worden, der alle Annehmlichkeiten ihres Palastes im Miniaturformat enthielt. Ihr Gefolge war auf 14 weniger pompös ausgestatteten Schlitten untergebracht. Damit diese Reisegesellschaft unterwegs auf nichts verzichten musste, folgten diesem Zug 40 Gepäckschlitten. An jeder Raststation auf dem 1300 Kilometer langenWeg nach Kiew standen 500 frische Pferde bereit. Als man nach 21 Tagen Kiew erreichte, musste eine Pause eingelegt werden, weil man auf dem zugefrorenen Dnjepr die Reise zur Krim nicht fortsetzen konnte. Um die Zarin und ihre ausländischen Gäste zu täuschen, hatte Potemkin am Ufer des Dnjepr zahllose Trugdörfer anlegen lassen, die von Ukrainern zum Schein bevölkert wurden. Man hatte diese Menschen mit Gewalt von überall herbeigetrieben, wo die Zarin nicht vorbeifuhr, damit sie dieser Reisegesellschaft am Ufer zujubelten. Unterwegs schlossen sich diesem Zug der polnische König Stanislaus II. und der österreichische Kaiser Joseph II. an.
Potemkin hatte aber noch ein anderes Amt inne, das er gelegentlich in Petersburg ausübte. Er war der Kuppler der Zarin, der immer dafür sorgte, dass Katharina sich mit jungen Männern vergnügen konnte. Wenn er einen geeigneten Kandidaten, meist unter den Petersburger Gardesoldaten, gefunden hatte, wurde dieser gründlich vom englischen Leibarzt der Zarin untersucht. Nach bestandener ärztlicher Prüfung musste er seine Talente als Liebhaber bei einer der Hofdamen Katharinas unter Beweis stellen. Es kam auch vor, dass man ihn in einen verdunkelten Raum führte, in dem sich die Kaiserin aufhielt. Ohne zu wissen, wen er vor sich hatte, musste der Auserwählte seine Liebeskunst vorführen. Wenn die Fähigkeiten des Kandidaten Katharina überzeugten, gab sie sich ihm zu erkennen. Andernfalls wurde er wieder aus dem Zimmer hinausgeführt, ohne
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