Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte
hatte unter diesen Umständen keine andere Wahl, als sich anderweitig Befriedigung zu verschaffen. Ihr erstes Liebesverhältnis hatte die noch jungfräuliche Katharina, wie diemeisten Historiker übereinstimmend schreiben, mit einem Kammerdiener. Als dies der Zarin zu Ohren kam, wurde der Kammerdiener entlassen und zu einem weit entfernten Regiment versetzt.
Doch allmählich verlor die Zarin die Geduld und ließ über ihre Anstandsdamen die beiden Eheleute nachdrücklich an ihre ehelichen Pflichten erinnern. Elisabeth, die das junge Paar beobachten ließ und mit größter Ungeduld auf Anzeichen von „ehelichen Vertraulichkeiten“ wartete, gab schließlich die Weisung, dass Katharina ein Liebhaber zugeführt werden solle. Die Zarin selbst hatte ein ausschweifendes Leben geführt, was den preußischen Gesandten in Petersburg zu der Feststellung veranlasste, die Wollust sei bei ihr die vorherrschende Leidenschaft. Sie soll über 300 Liebhaber „verbraucht“ haben. Katharina wurden zwei junge Adlige, Sergej Saltykow und Lew Naryschkin, zur Auswahl gestellt. Sie entschied sich für den 26-jährigen Saltykow, mit dem sie, wie sie später oft wehmütig bekannte, die schönste Zeit ihres Lebens verbrachte. Sie wurde endlich schwanger, und nach zwei Fehlgeburten brachte sie dann im Jahre 1754 den erwünschten Thronerben Paul zur Welt. Sofort nach der Geburt wurde das Kind auf Befehl der Zarin aus ihrem Zimmer getragen und unter ihrer Aufsicht großgezogen. Als Katharinas Gemahl den Hofklatsch, der hartnäckig Saltykow zum Vater des russischen Thronfolgers machte, nicht mehr ignorieren konnte und in seinem vertrauten Kreis selbst Zweifel an seiner Vaterschaft äußerte, ließ sich Katharina schriftlich von ihm bestätigen, dass er seinen Sohn anerkennt. Die Gerüchte und Zweifel wurden später, wahrscheinlich auf Katharinas Veranlassung, widerlegt, indem man auf die auffallende äußerliche Übereinstimmung zwischen Vater und Sohn verwies. Später tadelteKatharina ihren Sohn des Öfteren, dass er dieselben charakterlichen Mängel wie ihr Gatte Peter hätte. Möglich ist, dass zur selben Zeit, als Katharina das Verhältnis mit Saltykow hatte, ihr Mann seine Impotenz überwand. Ihm wurde nämlich von seinen Vertrauten eine Frau, die Gattin eines deutschen Malers, zugeführt, die ihn in die Liebe einführen sollte. Seit dieser Zeit soll Peter gelegentlich mit Katharina intime Beziehungen gepflegt haben.
Die Affäre mit Saltykow endete so plötzlich, wie sie begonnen hatte. Saltykow wurde auf eine Auslandsreise geschickt, und nach seiner Rückkehr waren seine Gefühle für Katharina offenbar erloschen. Aber Katharina, die so lange auf das Liebesglück hatte warten müssen, fand jetzt Gefallen an der Liebe und genoss sie in vollen Zügen. Diese Frau, die nach ihrer Hochzeit fast neun Jahre enthaltsam gelebt hatte, suchte sich bis fast zu ihrem Lebensende in immer kürzeren Abständen neue, meist jüngere Liebhaber. Ihr letzter Liebhaber war sogar vierzig Jahre jünger als sie. Man hat oft nach den Gründen für diese Vorliebe für jüngere und unreife Männer gesucht. Offenbar wollte Katharina all ihren Geliebten, an denen sie fast ausschließlich ihre körperlichen Kräfte schätzte, überlegen sein und sie mit ihrem Verstand beherrschen.
Als 1756 der neue englische Botschafter Hanbury-William mit seinem Sekretär, dem Polen Poniatowski nach Petersburg kam, musste Katharina die Erfahrung machen, dass ihre Liebesaffären auch sehr gefährlich für sie werden konnten. Sie verliebte sich nämlich Hals über Kopf in den jungen Polen, der in den Petersburger Hofkreisen als ausgesprochene „männliche Schönheit“ galt. Zu spät merkte sie, dass dieser Pole ein vollkommen treuer Diener seines englischen Herrn war und ihr Schlafzimmer dazu dienen sollte, sie für die Ziele der englischenPolitik zu gewinnen. Der englische Botschafter, der selbst in Katharina verliebt war, aber aus diplomatischen Gründen und vielleicht auch wegen seines Alters hinter seinem Sekretär zurückstehen musste, unterstützte Katharina großzügig mit Geldzuwendungen, wenn sie finanzielle Probleme hatte. Von der Persönlichkeit Katharinas gibt Poniatowski in seinen Memoiren eine eindrucksvolle Schilderung:
„Obwohl sie sich von der Geburt ihres Sohnes noch nicht ganz erholt hatte, besaß diese 25-jährige Frau eine ungewöhnliche Schönheit. Ihr weißes Gesicht, das von ihren schwarzen Haaren umrahmt war, strahlte eine ungewöhnliche Lüsternheit aus.
Weitere Kostenlose Bücher