U47 mit Kapitänleutnant Prien gegen England - Der Bericht des Funkers Carl Steinhagen
durcheinander und schimpfen taten sie auch noch dazu. Es half alles nichts, wir mußten uns selbst in den Kojen anschnallen, um nicht noch einmal derartige Scherze Neptuns über uns ergehen zu lassen.
Jetzt scheint wieder die Sonne. Einer nach dem andern klettert auf den Turm, um dort mal ordentlich auszulüften und sich die Lungen voll frische Seeluft zu pumpen. Hier sieht man erst so recht, was wir hinter uns haben, ganz bleiche Gesichter kommen da zum Vorschein. Wenn auch wohl hin und wieder dem Meeresgott geopfert wurde, so kommt doch das bleiche Aussehen in der Hauptsache von den Strapazen. Inzwischen ist auch der Bart ganz ordentlich gewachsen, das macht den Anblick der Männer noch wunderlicher. Rasieren an Bord eines Unterseebootes ist bei längeren Fahrten als stillschweigendes Übereinkommen nicht gestattet. Dazu hat man erstens keine Zeit, dann kein Wasser und drittens auch zu wenig Platz. Mit dem Waschen ist es auch so eine Sache; wir können ja nur sehr wenig Waschwasser mit an Bord nehmen, deshalb wäscht man sich in der Woche zwei- bis dreimal mit Seewasser. Die Männer auf der Brücke haben das auch nicht mal nötig, das überkommende Wasser besorgt schon alles. Zum Zähneputzen nehmen wir in den letzten Tagen Kaffee oder Tee, denn mit Trinkwasser muß natürlich auch sehr gespart werden. Wenn das Boot dann nach Wochen wieder den Heimathafen anläuft, haben wir eine mehr oder minder dicke Dreckschicht angesetzt. Bei sehr kräftiger Bewegung platzt sie dann von selbst ab!
Ja, das ist so das Leben auf einem Unterseeboot. Andererseits macht es auch sehr viel Freude. Jeder Mann muß selbständig an Bord arbeiten können, ausfallen darf auch niemand, denn dazu sind wir zu wenig Leute. Aber vor allen Dingen sind wir diejenigen, die dicht am Feinde liegen, und das ist doch die Hauptsache! Unsere Schuld ist es ja nicht, daß wir nur Handelsdampfer zur Strecke bringen, wir würden genau so gern auch Kriegsschiffe mit der gleichen, wenn nicht noch größerer Genugtuung versenken. Aber die haben sich wohl in ihren Häfen verkrochen. Zu sehen waren sie bis jetzt jedenfalls noch nicht.
Heute gibt es mal wieder ein schönes Mittagessen: unser altbekanntes Marineessen — Labskaus — steht dampfend auf der Back. Dazu gibt es einen Rollmops pro Nase. Uns läuft schon allen das Wasser im Munde zusammen.
Plötzlich kommt der Befehl durch: „Auf Gefechtsstationen!" Es läßt sich denken, mit welchen Gefühlen wir hinaufhasten. Eine solche Wut habe ich jedenfalls noch nicht gehabt. Wehe dem, der uns diesen Streich gespielt! Der läßt denn auch nicht lange auf sich warten. Ein Frachter, ein ganz neues Schiff von anständiger Größe, läuft uns so schön vor die Nase. Auch hier das gleiche Spiel, wie bei unserem ersten Dampfer, den wir aufbrachten. Unser Flaggensignal zum Stoppen kümmert ihn wenig. Im Gegenteil. Dicker gelber Qualm steigt aus seinem Schornstein, und mit vermehrter Kraft versucht auch er, uns zu entkommen. Er versucht es aber auch nur. Der Kommandant hat ihn schon als Engländer ausgemacht. Die Geschützbedienung tritt wieder in Tätigkeit, ruhig und sicher wird Granate um Granate geladen. Erst bekommt er einen Schuß als Warnung vor den Bug. Unser Kommandant will unter allen Umständen das Leben der Dampferbesatzung retten. Aber der englische Kapitän ist hartnäckig, in Zickzackkursen flüchtet er weiter. Na warte, du Bursche! Erst hast du uns um unser Mittagessen gebracht, und nun willst du uns auch wohl noch ausbimsen! Du bist uns gerade richtig gekommen, auf dich haben wir schon lange gewartet. Jede Granate bekommt einen sehr frommen Wunsch mit auf den Weg. Drüben blitzt es dann auf von den Einschlägen, große Löcher werden in seinen Rumpf gerissen. Das Kartenhaus wird von einem Volltreffer angelüftet und sackt in sich zusammen. Jemand reißt drüben das Schott auf, es ist wohl der Funker. Er stürzt aus den Trümmern hervor und bringt sich schnell in Sicherheit vor den heran-heulenden Granaten. Dann wird es plötzlich auf dem Dampfer lebendig. Aber was machen die denn? Einige Engländer jumpen da doch außenbords, als sie uns „Barbaren" hinter sich herjagen sehen. Sie haben wohl sehr schnell die Sinnlosigkeit ihrer Flucht eingesehen.
Endlich stoppt der Engländer, die Rettungsboote werden schnell ausgeschwungen, und schon gleiten die Leute an herunterhängenden Tampen nach unten. Die Boote schlagen gegen die Bordwand, hoffentlich passiert da nichts. Allmählich kommen sie vom
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