U47 mit Kapitänleutnant Prien gegen England - Der Bericht des Funkers Carl Steinhagen
Dampfer frei. Drei oder vier Mann aber schwimmen immer noch in der hohen Dünung. Jetzt machen die andern sich daran, sie aufzufischen. Die Boote kommen längsseit.
Unser Kommandant fährt den englischen Kapitän mächtig an, weil er so unverantwortlich gehandelt hat, es fliegen ihm eine Menge saftiger Flüche an den Kopf; das hat unser Kommandant wohl in seiner eigenen Handelsschiffahrtszeit so gelernt. Wir gönnen es dem Engländer, wenn auch nur wenige von uns etwas verstehen. Der Kapitän will erst mal mit einem gewaltigen Speach beginnen, aber seine Mannschaft läßt ihn gar nicht zu Worte kommen, sie haben festgestellt, daß von ihnen ein Mann fehlt. Den „mess boy" haben sie in der Aufregung nicht mit aufgefischt. — Da hat ihn auch schon jemand von uns gesehen, kieloben treibt er da, im Gesicht schon ganz blau. Er will doch wohl nicht absaufen?
Einen Augenblick später liegt er dann bei uns an Oberdeck. Sofort eingeleitete Wiederbelebungsversuche haben nach kurzer Zeit Erfolg. Seine Kameraden in den Booten sehen interessiert zu. Sie hätten sich wohl nicht träumen lassen, daß wir „Barbaren" so menschlich handeln würden. Nun kann auch er die Heimreise nach seinem Dear OLD England antreten, allerdings wohl etwas anders, als er es sich vorgestellt hatte.
Aus den Schiffspapieren hat sich ergeben, daß der Dampfer Schwefel und Phosphor geladen hat. Die Boote sind nun weit genug von ihrem Dampfer entfernt, ein Torpedo kann auch diesem Schiff ein schnelles Ende bereiten. „Rohr los!" Augenblicke später gibt es drüben einen dumpfen Knall — Treffer mitschiffs, ein riesiges Loch ist zu sehen — und schon bricht das Schiff durch. Vorschiff und Achterschiff klappen wie ein Taschenmesser zusammen. Bald ragen noch Schraube und Bug aus den Wellen hervor, Sekunden später ist nichts mehr zu sehen.
Leider kann unser Kommandant die Engländer nicht auf ein neutrales Schiff übersteigen lassen, es ist keins in der Nähe. So müssen sie also mit ihren Booten an Land segeln, weit ist die Küste ja nicht mehr entfernt.
Und wieder einmal können wir kaltes Essen verzehren, aber es macht uns nach diesem zweiten Erfolg nun schon fast gar nichts mehr aus. —
So schwabbern wir hier im Atlantik umher. Wir wollen England mit den gleichen Waffen schlagen, die es gegen unser Volk anwenden will. Vor fünfundzwanzig Jahren ist es ihm durch unsere eigene Schuld gelungen, heute wird dies nicht mehr geschehen. Der Krieg ist für uns keine Spielerei, sondern blutiger Ernst, Kampf um Sein oder Nichtsein unseres Volkes.
Noch einen Dampfer können wir so stellen und versenken, auch dieser hatte Bannware geladen, Eisenerz für England. Nun liegt er bei den anderen auf dem Grunde des Meeres.
Allmählich denken wir jetzt an die Heimreise; Tag um Tag bringt uns höher nach Norden. Der Kommandant wählt den Weg oben um England herum. Das blaue Wasser des endlosen Atlantiks färbt sich wieder grau, die Delphine sind verschwunden, dafür begleiten uns jetzt wieder die Wale. Ihre Wasserdampffontänen stehen klar in der kalten Luft. An Steuerbordseite kommen vereinzelt die Berge Schottlands in Sicht, sie sind unsere Wegweiser auf dem Rückmarsch in die Heimat. Und so kommen wir eines Nachts auch an den Orkneys vorbei.
Hier oben liegt die Stätte, an welcher der Deutsche Admiral von Reuter den Waffenschild der deutschen Kriegsmarine vor zweiundzwanzig Jahren blank uyd fleckenlos erhielt. Hier liegen sie nun verrottet und verrostet, die alten ruhmreichen Schiffe, die gleichen Schiffe, die unter der alten Kriegsflagge ein Skagerrak erlebten, jenen Tag, da die englische Grand Fleet geschlagen wurde. Diesen Tag wollte England nicht noch einmal erleben. Die deutsche Flotte sollte also verschwinden, England selbst konnte unsere Schiffe nur zu gut gebrauchen. Zorn und zugleich unbändiger Stolz ergreift uns alle, können wir doch jetzt diese Schande und Schmach wieder gutmachen mit unseren neuen Schiffen und Booten!
So denken wir alle. Heute geht es noch nicht, aber der Tag wird kommen. Zu oft fahren deutsche Unterseeboote hier oben an der Scapa-Bucht vorbei, zu oft werden sie daran erinnert, welch Schicksal sich hier erfüllte!
Anmerkung der Redaktion:
Nach Ende des Ersten Weltkriegs wurde ab 21. November 1918 in Scapa Flow der Kern der deutschen Hochseeflotte interniert (5 Schlachtschiffe, 11 Linienschiffe, 8 kleine Kreuzer, 50 Zerstörer) – entgegen der ursprünglichen Zu sage der Alliierten.
Befehlshaber des 74 Einheiten umfa
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