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Über Alle Grenzen

Über Alle Grenzen

Titel: Über Alle Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lama Ole Nydahl
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hatte die Ehre, zu übersetzen.
    Am 28. Dezember zeigte Karmapa wieder vor vollem Saal die Schwarze Krone. Damit schenkte er den Besuchern die Begegnung mit dem Buddha in uns allen.
    Unterrichtet wurde nicht viel. Karmapa hielt die Belehrungen kurz, weil die englische Nonne, die auf das Übersetzen bestand, nicht viel tibetisch konnte. Sie hatte auch nicht die Fähigkeit, seinen unmittelbaren Verwirklicher-Geist zu vermitteln, wurde leicht moralisierend und steif. Dafür gab Karmapa mehr Segen und Einzelgespräche. Fast jeden Tag fand er Zeit für Einweihungen und Zuflucht. Viele legten auch das Bodhisattva-Versprechen ab, den tiefen Wunsch, Erleuchtung zum Besten aller anzustreben.
    Mehrmals ließ Karmapa sich eine Straße im Botschaftsviertel Kopenhagens entlangfahren. Heute befindet sich genau dort unser Zentrum, bestehend aus zwei großen Jugendstilhäusern. Er machte uns auch die große Freude, zweimal meine Eltern zu besuchen, zuerst zu einem Mittagessen mit seinem ganzen Gefolge, dann “nur so”. Als er im Norden der Insel Seeland war, fragte er Hannah plötzlich, wo ihr Vater wohne. Es war nur einen Kilometer entfernt, und so bekam auch er an diesem Tag besonderen Besuch.

    Karmapa segnete das neu gestartete Zentrum in Rödby auf dem Weg nach Deutschland, und noch einmal kamen wir zum “Haus der Stille”, in dem Kalu Rinpoches Zuhörer geflüchtet waren. Diesmal ging unser Aufenthalt auf Kosten der Hausordnung. Unser Verwirklicher-Stil zog den wohl meinenden, aber Theravada geprägten Leuten den Boden unter den Füßen weg. Sobald die Lamas entdeckten, dass die Küche vegetarisch war, liefen sie los und kamen mit gekauften Hühnchen wieder zurück. Sie lachten und redeten laut, was nicht erlaubt war, und ich unterrichtete bis zwei Uhr morgens, obwohl alle um elf Uhr hätten schlafen sollen.

    Karmapa hatte etwas mit den Deutschen vor, das war eindeutig! Auch wenn nur wenige kamen, zeigte er mehrfach die Schwarze Krone. In der Nähe von Kiel öffneten sich einige Psychologen und Medizinstudenten der Lehre. Ich mochte ihr Mitgefühl, ihre Ehrlichkeit und Kraft, sah aber auch die Schwächen, die dem Diamantweg in allen Ländern Schwierigkeiten bereiten: die abhängigen und unzufriedenen Leute. Statt freudvoll zu sein, selbst Stellung zu nehmen, tratschten sie sogar über die Lehrer anderer und zerstörten damit die gemeinsame Vertrauensebene. Es ist dieser humorlose Menschenschlag, der gerne “Kirche spielt” und Lehrer und Freunde, vor allem für das verehrt, was diese nicht tun oder nicht zu tun wagen. Kraftvolle Fähigkeiten verunsichern sie eher, und das Heiligste für sie wäre wohl jemand vom Friedhof. Schon damals beschloss ich, so ehrlich zu leben, dass solche Menschen schreiend vor mir davonlaufen würden - und das gelingt mir jeden Tag.

    Karmapa hatte etwas mit den Deutschen vor

    Karmapa tat alles, um mein starkes Band zum deutschsprachigen Teil Europas noch zu stärken. Er bat mich oft, dort sein Mann zu sein. Von dem Augenblick an, in dem er, das Wunschjuwel, dies sagte, wurde die Verbindung unlösbar und ist seit all den Jahren nur gewachsen. Meine Familie ist dänisch-norwegisch, wohnte aber in Südjütland und wurde erst 1920 nach der Abstimmung dänisch. Mein Vater schrieb fünfzig Deutschbücher, um den Dänen nach dem Zweiten Weltkrieg die deutsche Sprache wieder beizubringen. Karmapa stärkte also ein altes Band, und heute habe ich nirgendwo bessere Freunde als in Deutschland. Es ist der Teil der Welt, in dem ich die meiste Zeit verbringe.
    Kurz vor Lübeck sagte Karmapa etwas, was wir weder davor noch danach von ihm hörten: “Hier war ich in einem früheren Leben.” Er meinte das wirklich. Einen Moment lang dachte ich an Johann Sebastian Bach, da Karmapa viele Ausstrahlungen hat. Ich weiß nicht, was den anderen durch den Kopf ging. Dann rollten wir durch Deutschland, das jetzt in meiner Verantwortung lag, weiter zu den theosophischen Damen in den Niederlanden.

    Die Deutschen sind für den Diamantweg besonders gut geeignet. Sie haben starke Gefühle, die genutzt und umgewandelt werden können. Holland dagegen ist eher ein “ Mahayana -Land”, mit beiden Beinen auf dem Boden stehend und “vernünftig”. Das war spürbar. In den “Randstaaten” sind eher Stolz und Verwirrung ausgeprägt, während in Mitteleuropa die Begierde im Vordergrund steht. Die Zentraleuropäer kamen zu Karmapa, um berührt und erfüllt zu werden, während die Holländer und Engländer vor allem Wissen

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