Über Alle Grenzen
und Wein und schenkte Karmapa einige sehr schöne tibetische Buddhastatuen.
Danach besuchten wir das heute instand gesetzte Kloster in Plaige, wohin erstaunlich viele Einheimische kamen. Sie hatten offenbar gehört, dass Karmapa eine Art Papst war. Dort gab er Hannah und mir eine weitere Übertragung des Großen Siegels und allen eine Einweihung in “Allmächtiger Ozean”. Sie schlug wie ein Blitz ein, und es dauerte Stunden, bis ich wieder auf weltlicher Ebene einsetzbar war.
Diamant in der Hand , Vater von Schwarzer Mantel
Mitte Januar flog Karmapa für zwei Tage nach Rom, da er beim Papst eingeladen war. Dieser beeindruckte die Tibeter nicht besonders, und sie sagten in ihrer üblichen Aufrichtigkeit, dass er alt und müde aussähe.
In “Karma Ling” nahe Clermont-Ferrand verbrachten wir einige schöne Tage, und Karmapa gab eine besondere Diamant in der Hand-Einweihung aus unserer Kagyü-Linie. Wir hatten diese Übertragung noch nicht. Zu meiner Verwunderung glaubte ich, bei Karmapas Berührung nichts zu spüren, dann aber traf mich der Segen mit voller Kraft. Diamant in der Hand ist der Vater von Träger des Schwarzen Mantels und zeigte wirklich seine Nähe. Er hält die geheimen Belehrungen und ist die Kraft aller Buddhas.
Mr. Benson, ein englisches Genie, der das Delta-Flugzeug und eine Reihe elektronischer Kleingeräte erfunden hatte, war mit seiner schönen neuen Frau und einigen seiner elf Kinder gekommen. Er beabsichtigte, Karmapa einen Bergrücken in der Dordogne für ein Zentrum zu schenken. Zugleich aber wollte er das Land zu einem eigenen Staat erklären, ähnlich wie Monaco. Dies gefiel den Behörden überhaupt nicht, und sie verhinderten deswegen jegliche Entwicklung des Gebietes für Jahre.
In “Karma Ling” sahen wir zum ersten Mal Karmapas meditierende Vögel. Ein Lama kam überglücklich mit einem gelben Vogel auf einem Tellerchen die Treppen herunter. Er saß ganz steif da, mit seinem Schnabel nach oben. “Er ist von Karmapa gesegnet”, sagte er, “und er meinte, dass sein Geist heute Abend befreit sein wird.” Zur Essenszeit war der Vogel dann ein kleiner Federklumpen, wie es tote Vögel üblicherweise sind, und wurde mit viel Aufhebens begraben. “Das war ein Bodhisattva”, sagte Karmapa, und von da an schmückten die Vögel während der Fahrt die Altäre.
Da Hannah und ich Karmapas erste westlichen Schüler und wie seine Kinder waren, konnten wir immer zu ihm, sahen und hörten viel Spannendes und bekamen auch mit, was er mit den Vögeln machte. Er sagte Mantras und blies kalte und warme Luft auf sie. “Ich bringe ihnen Meditation bei”, erzählte uns Karmapa. “Vor allem gelbe Finken und Kanarienvögel sind oft Bodhisattvas. Schau, wie sie sich gegenseitig pflegen, wenn sie krank sind. Sie essen auch keine Körner mit Würmern, damit sie den Tierchen kein Leid zufügen.”
Er erweiterte oft sowohl unsere Schulausbildung als auch den gesunden Menschenverstand. Zum Beispiel sagte Karmapa, dass es daumengroße Elfen in Dänemark gibt, die von der Essenz der Blumen leben. Wenn etwas mit einem so kleinen Hirn wie ein Vogel ein Bodhisattva sein kann, dann erübrigt sich die Vorstellung vom Gehirn als dem Hersteller des Bewusstseins, für den wir es meist halten. Das Gehirn kann als Umformer gesehen werden, wie ein Radio, das Erfahrungsströme - Programme - aus den unbegrenzten Möglichkeiten des Raumes herausholt. So wird das zeitlose Vorhandensein erklärt, das Religionen mit unterschiedlicher Klarheit unserem Geist zuschreiben.1
Der Millionär Schultze lud uns für zehn schöne Tage auf sein Schloss bei Zürich ein. Er war ein großer und kräftiger Mann, der Bhutan für den Westen geöffnet hatte; durch seine Hände gingen viele Geschäfte des Landes. Auf dem Schloss konnten die Tibeter ausruhen, und wir hatten Zeit, eine erste Vorstellung vom Gebiet zu entwickeln, das uns Karmapa nach und nach in die Hände gelegt hatte: das kraftvolle Europa östlich des Rheins. Die Leute kamen geradewegs nach ihren Begegnungen mit ihm zu mir. “Karmapa hat gesagt, dass ich dich einladen soll. Wann kannst du kommen?” Es sollten spannende Jahre werden.
Der nächste Besuch galt Rikon, einem tibetischen Kulturzentrum in der Nähe von Winterthur. Als die Politiker in den 60er Jahren noch dachten, dass man den Flüchtlingen der Welt helfen könnte, indem man sie nach Europa einlud, hatten die Schweizer eine kluge Wahl getroffen. Sie hatten 1.000 Tibeter aufgenommen, einen begabten,
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