Über den Missouri
Wirkung seiner Worte zufrieden sein könne, und er konnte es nicht lassen, dem jungen Häuptling, der ihm zu widersprechen gewagt hatte, noch einen Hieb zu versetzen.
»Du warst lange fort, Tokei-ihto, und du kennst die Watschitschun. Aber die Geheimnisse der Großen Bärin kennst du nicht alle. Schweige und denke nach!«
Tokei-ihto antwortete darauf nicht mehr. Er hielt dem Blick des Zaubermannes aber stand, und alle fühlten, was er zu denken wagte: daß Hawandschita sich nicht in den Befehlsbereich des Kriegshäuptlings einzumischen habe und daß die Männer dem gehorchen sollten, dem sie sich mit der Kriegspfeife zur Gefolgschaft verpflichtet hatten.
Der Zaubermann wandte sich zum Gehen. Alter Rabe begleitete ihn; seine Haltung war dienstwillig gegenüber der Zauberkraft, voll betonter Würde gegen den Häuptling.
Die Männer, die noch bei Tokei-ihto zurückgeblieben waren, entfernten sich jetzt auch einer nach dem anderen.
»Wir hätten nicht an diesen Platz ziehen sollen«, sagte Tschapa, der mit Tobias als letzter bei Tokei-ihto zurückblieb. »Die Heimat hat zu starke Arme. Vielleicht hätten wir vor unserem Auszug auch gründlicher beraten müssen. Hastig sind wir davongelaufen.«
»Nein. Wir haben richtig gehandelt. Aber euer Zauberer ist ein sehr schlechter Zauberer.« Tobias sprach erregt.
Tokei-ihto sah den Delawaren erst zustimmend an. Aber dann rührte sich der Stammesstolz in ihm, auch eine gewisse Unsicherheit über die Beweggründe des Delawaren, und er sagte: »Du bist nicht als Dakota geboren.«
Tobias zuckte zusammen. Er fühlte sich verletzt.
Das Gespräch der Beratenden war von niemand anderem mit angehört worden; alle hatten den Abstand gewahrt. Auch Hapedah und Tschaske ahnten nichts von dem Zwist. Sie waren sehr vergnügt. Sie freuten sich aufs Schlafen, sie freuten sich auf die Jagdbeute, die es in diesen Wäldern geben mußte. Sie freuten sich, zu dem Fluß zu laufen, bei dem einst Tokei-ihto als Knabe den Burschen Schonka gefoppt hatte, und sie freuten sich, daß sie als Brüder miteinander in einem Zelt wohnen würden.
Das Häuptlingszelt sollte wieder am alten Platz errichtet werden. Schon waren die neuen Zeltstangen dafür zugerichtet.
Die Frauen und Mädchen begannen die Zelte aufzustellen. Bis die acht Tipi alle fertig und wohnlich eingerichtet waren und die Knaben sich schlafen legen konnten, würde noch einige Zeit vergehen. Hapedah und Tschaske benutzten diese Spanne, um zu kundschaften. Eine besonders hohe Kiefer war es, die sie anzog. Ihr Wipfel versprach einen guten Ausguck. Als sie bei dem Baum standen, erkannten sie, daß sich schon ein Späher eingenistet hatte. Das machte aber nichts, sie konnten zu ihm hinaufsteigen.
Geschickt schwangen sie sich auf die unteren starken Äste und kletterten dann weiter. Auf einmal ertönte von oben ein scharfer Warnungspfiff, und sie blieben sofort unbeweglich in den Zweigen stehen. Fragend schauten sie zu dem Späher im Wipfel und erkannten in ihm den jüngsten Raben. Bäuchlings lag er hoch oben auf einem schwankenden Ast und hing ein Bein herab. Mit seinen hellen Lederhosen und dem weißen Wolfsfell über den Rücken sah er selbst aus wie ein verschneiter Ast.
Die Jungen fragten mit den Augen, ob sie wieder
absteigen müßten. Aber das verlangte der Rabe nicht. So nisteten sie sich da ein, wohin sie gestiegen waren, und betrachteten die Umgebung. Sie hatten einen guten Überblick, den waldigen Hang aufwärts und südlich über das Flußtal hinweg auf die verschneite Prärie. Über ihnen kreischte ein Schwarm Krähen. Sie waren oben am Berg aufgescheucht worden, und die Knaben versuchten, den Grund für die Flucht dieser Vögel zu erkennen.
Der Kundschafter über ihnen pfiff wieder, diesmal ganz leise, und sie ließen ihre Blicke seinem wegweisenden Arm folgen. Seine Bewegung verriet Ungeduld, so als ob er sagen wollte: Seht ihr denn immer noch nichts, ihr Tolpatsche? Eure Augen sind wohl schläfrig?
Auf einmal packte Tschaske seinen Bruder Hapedah heftig am Arm. »Bär im Baum!«
Bei diesen Worten erkannte auch Hapedah oben am Berg, in dem alten mächtigen Baum, aus dem die Krähen aufgestoben waren, die dunkelhaarige Masse des Meisters Petz. Ohne Tschaske eine Antwort zu geben, ließ er sich sofort herunter, und Tschaske folgte ihm. Von den letzten Ästen sprangen die Buben in den Schnee hinab und rannten dann, was das Zeug halten wollte, zwischen die Zelte.
Wo war Tokei-ihto?
Er stand noch unten am Fluß im
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