Über den Ursprung des Übels
Scheinen
Zu beider Seligkeit zwei Seelen sich vereinen;
Das innige Gefühl, der Herzen erste Schuld,
Ist ein besondrer Zug der allgemeinen Huld.
Sie ist, was tief in uns für unsre Kinder lodert,
Sie macht die Müh zur Lust, die ihre Schwachheit fodert,
Sie ist des Blutes Ruf, der für die Kleinen fleht
Und unser Innerstes, sobald er spricht, umdreht.
Ja auch dem Himmel zu gehn ihre reinen Flammen,
Sie leiten uns zu Gott, aus dessen Huld sie stammen,
Ihr Trieb zieht ewiglich dem Liebenswürdgen zu
Und findt erst im Besitz des höchsten Gutes Ruh.
Noch weiter wollte Gott für unsre Schwachheit sorgen:
Ein wachsames Gefühl liegt in uns selbst verborgen,
Das nie dem Übel schweigt und immer leicht versehrt,
Zur Rache seiner Not den ganzen Leib empört.
Im zärtlichen Gebäu von wunderkleinen Schläuchen,
Die jedem Teil von uns die Kraft und Nahrung reichen,
Bräch alles Übermaß den schwachen Faden ab,
Und die Gesundheit selbst führt unvermerkt zum Grab.
Allein im weichen Mark der zarten Lebens-Sehnen
Wohnt ein geheimer Reiz, der, zwar ein Brunn der Tränen,
Doch auch des Lebens ist, der wider einen Feind,
Der sonst wohl unerkannt uns auszuhöhlen meint,
Uns zwingt zum Widerstand; er schließt die regen Nerven
Vor Frost und Salze zu, verflößet alle Schärfen
Durch Zufluß süßen Safts und kühlt gesalznes Blut
Durch Zwang vom heißen Durst, mit Strömen dünner Flut.
In allen Arten Not, die unsre Glieder fäulet,
Ist Schmerz der bittre Trank, womit der Leib sich heilet.
Weit nötiger liegt noch, im Innersten von uns,
Der Werke Richterin, der Probstein unsers Tuns:
Vom Himmel stammt ihr Recht; er hat in dem Gewissen
Die Pflichten der Natur den Menschen vorgerissen;
Er grub mit Flammenschrift in uns des Lasters Scheu
Und ihren Nachgeschmack, die bittre Kost der Reu.
Ein Geist, wo Sünde herrscht, ist ewig ohne Frieden,
Sie macht uns selbst zur Höll und wird doch nicht gemieden!
Versehn zu Sturm und See, in allem wohl bestellt,
Betraten wir nunmehr das weite Meer der Welt.
Die Werkzeug' unsers Glücks sind allen gleich gemessen,
Jedweder hat sein Pfund, und niemand ist vergessen.
Zwar in der Seele selbst herrscht Maß und Unterscheid,
Das Glück der Sterblichen will die Verschiedenheit;
Die Ordnung der Natur zeugt minder Gold als Eisen,
Der Staaten schlechtester ist der von eitel Weisen; Dans une Isle remplie de parfait Stoiciens chaque Philosophe ignorant les douceurs de la confiance et de l'amitié, ne pense qu'à se sequestrer des autres humains. Il a calculé ce qu'il en pouvoit attendre; les avantages qu'ils pourroient lui procurer, et les torts qu'ils pourroient lui faire, et a rompu tout cornmerce avec eux. Nouveau Diogène, il fait consister sa perfection à occuper un tonneau plus étroit que celui de son voisin. Essais de Phil. Mor. par Mr. de Maupertuis. Diese Stelle ist eine so genaue Erklärung meines Gedankens, daß ich mich über das Glücke verwundre, welches mir sie durch einen so berühmten Mann zugeschickt zu haben scheint, das aber doch viele Jahre später sich geäußert hat. Ich erinnere mich hier eines Unbills, den der verstorbene Herr Präsident in seinen Oeuvres Philosophiques mir angetan hat. Er sagt, ich sei über seine Erklärung wegen des berüchtigten La Mettrie nicht zu befriedigen gewesen, da doch die größte Eigenliebe sich daran hätte sättigen können. Wie hat doch diese Anklage dem Herrn von Maupertuis entfahren und von andern ihm nachgeschrieben werden können, da ich nicht nur eben diese Erklärung selbst in Göttingen habe abdrucken und meinen Freunden austeilen lassen, sondern ihr auch in meinen kleinen deutschen Schriften eine Stelle gelassen habe, ohne dabei das geringste Merkmal eines Mißvergnügens zu bezeigen. Wohl aber sind andre berühmte Männer, und zumal Hr. König, der mit dem Hrn. v. M. im Streit lebte, der Meinung gewesen, er hätte über die Verleumdungen und offenbare Erdichtungen seines Landsmanns mehr Abscheu bezeugen können. Aber wie kann ich für andrer Gesinnungen haften?
Der eingeteilte Witz ist nirgend unfruchtbar,
Und jeder füllt den Ort, der für ihn ledig war.
Dort würkt ein hoher Geist, betrogen vom Geschicke,
Nur um sich selbst besorgt, an seines Landes Glücke;
Wann hier ein niedrer Sinn, mit Schweiß und Brot vergnügt,
Des Großen Unterhalt im heißen Feld erpflügt.
Hier sucht ein weiser Mann, bei Nacht und stillem Öle,
Des Körpers innre Kraft, das Wesen seiner Seele;
Wann dort mit schwächrem Licht, gleich nützlich in der
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