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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Kahn weiterhin geblieben?« fragte Lawler, der allmählich ärgerlich wurde.
    »Weil ich zufällig grad bei euch auf Sorve lebte. Aber ich könnte genauso leicht auch in meinem Boot überleben. Meinst du wirklich, eure Inseln sind so was verdammt Wundervolles. Doc? Ihr latscht auf harten Holzbrettern herum, die ganze Zeit, und die ganze Zeit freßt ihr Tang und Fisch, und es ist zu heiß, wenn die Sonne scheint, und zu kalt, wenn es regnet, und das nennt ihr Leben. Jedenfalls ist das die Art Leben, die wir haben. Nicht besonders viel. Deshalb ist es mir ziemlich egal, ob das auf Sorve oder Salimil stattfindet, oder in einer Kabine auf der Queen of Hydros - oder in einem verdammten kleinen Ruderboot. Ich will bloß was zu essen haben, wenn ich hungrig bin, und ich will ficken, wenn ich fickerig bin, und am Leben bleiben, bis ich sterbe, klar?«
    Es war vielleicht die längste Rede, die Kinverson je von sich gegeben hatte. Er wirkte über sich selbst ganz erstaunt, daß er soviel gesagt hatte. Als er fertig war, starrte er Lawler einen Augenblick lang in sichtlichem Ärger und verwirrt kalt an. Dann wandte er sich erneut seinem Fanggerät zu.
    Lawler fragte: »Es stört dich also gar nicht, daß unser großer Führer uns direkt ins Unbekannte führt und daß er sich nicht mal die Mühe macht, uns davon zu unterrichten, was er damit bezweckt?«
    »Nein. Das stört mich gar nicht. Mich stört eigentlich kaum was - außer Leuten, die mir auf den Nerv gehen. Ich lebe jeden Tag und von Tag zu Tag. Laß mich in Frieden, Doc. Ich habe zu tun. Okay?«
    DAG THARP SAGTE: »Willst du jetzt schon deine Anrufe machen? Du bist ‘ne Stunde zu früh dran, Doc, weißt du?«
    »Möglich. Macht das was?«
    »Wie du willst.« Tharps Hände glitten über die Schaltscheiben und Knöpfe. »Wenn du so früh anrufen willst, dann ist es mir recht. Aber gib nicht mir die Schuld, wenn da draußen keiner auf dich vorbereitet ist.«
    »Hol mir zuerst mal Bamber Cadrell rein.«
    »Sonst rufst du aber immer die Star zuerst.«
    »Weiß ich. Ruf mir heute Cadrell zuerst.«
    Tharp blickte verwirrt auf. »Hast du ‘nen Zitteraal im Arsch, heut morgen, Doc?«
    »Wenn du hörst, was ich Cadrell zu sagen hab, dann wirst du schon merken, was mich stört. Und jetzt ruf ihn endlich an, ja?«
    »Schon gut. Gleich. Sofort.« Von der Funkkonsole ertönte Schnarren und Klicken. »Dieser verflixte Nebel«, brummte Tharp. »Es issen Wunder, daß mir nicht der ganze Kram hier verrottet. Meldet euch, Goddess! Meldet euch, Goddess! Hier ruft die Queen. Goddess? Goddess, meldet euch.«
    »Queen, hier die Goddess«, ertönte eine Knabenstimme, quäkend und hell. Auf der Sorve Goddess war Bard, Nicko Thalheims Sohn, der Funker.
    »Sag ihm, ich will mit Cadrell sprechen«, erklärte Lawler.
    Tharp sprach ins Mikrophon. Die blecherne Antwort konnte Lawler nicht genau verstehen.
    »Wie war das?«
    »Er sagt, Bamber ist am Ruder. Seine Wache läuft noch zwei Stunden.«
    »Sag ihm, er soll Bamber sofort vom Ruder ans Horn holen. Es duldet keinen Aufschub.«
    Weiteres Spucken und Klicken. Anscheinend machte der Junge Einwände. Tharp wiederholte Lawlers Verlangen, und danach herrschte auf der anderen Seite eine Minute lang Stille.
    Schließlich war die Stimme von Bamber Cadrell zu hören: »Was ist denn bloß so verdammt wichtig, Doc?«
    »Schick den Jungen weg, dann sag ich’s dir.«
    »Er ist mein Funker.«
    »Schön und gut, aber ich will nicht, daß er hört, was ich dir sagen werde.«
    »Probleme, was?«
    »Ist der Kleine noch da?«
    »Ich hab ihn rausgeschickt. Was ist los, Doc?«
    »Wir liegen neunzig Grad vom Kurs ab, in äquatorialen Gewässern und fahren nach Süd-Südwest. Delagard steuert uns direkt ins Leere Meer.« Neben Lawler hatte Dag mitgehört und holte jetzt scharf und verblüfft Luft. »Hast du das gemerkt, Bamber?«
    Und wieder ein langes Schweigen von der Sorve Goddess.
    »Selbstverständlich hab ich das, Doc. Für was für ‘nen miserablen Nautiker hältst du mich denn?«
    »Aber - in die Leere See, Bamber!«
    »Richtig. Ich hab dich gut gehört.«
    »Aber wir sollten doch nach Grayvard segeln!«
    »Auch das ist mir bekannt, Doc.«
    »Und für dich ist das ganz in Ordnung, daß wir in die falsche Richtung fahren?«
    »Ich nehme an, Delagard weiß schon, was er tut.«
    »Du nimmst es an?«
    »Es sind seine Schiffe. Ich arbeite nur für ihn. Als wir nach Süden ausscherten, nahm ich an, es gibt im Norden irgendwelchen Ärger, vielleicht einen Sturm,

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