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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Schwarm Fische.«
    »Ach, du bist also nicht mehr auf unserer Seite? Ich hab gedacht, du brennst genauso drauf, daß wir kehrtmachen, wie wir.«
    »Onyos hat da einen stichhaltigen Punkt erwähnt«, sagte Lawler zurückhaltend. »Der Wind steht hier gegen uns. Und möglicherweise würden wir es nicht schaffen, wieder ostwärts zurückzukreuzen, ob mit oder ohne Delagard.«
    »Was sagst du da, Doc? Daß wir glatt um die ganze Welt herumfahren müssen, bis wir auf der anderen Seite wieder in unsere Heimatsee kommen?«
    »Vergeßt bloß nicht das Land«, mischte Dann Henders sich ein. »Erst kommen wir mal dahin, bevor wir auf der anderen Seite der Welt wieder rauffahren können.«
    »Das Land«, sagte Tharp dumpf. »Dieses Land, Land, Land! Ich scheiß drauf, auf dieses Land!«
    »Ich wollte, es würde dazu kommen«, sagte Henders.
    ENDLICH KAM eine frische Brise auf und sprang von Nordost auf Ostsüdost, wehte mit erstaunlicher Kühle und Kraft, und die See ging hoch und unstet und warf häufig Brecher über das Heck. Und plötzlich gab es wieder Fische, große silbrig-schimmernde Mengen, und Kinverson holte einen schweren Fang ein.
    »Immer langsam!« mahnte Delagard, als sie bei Tisch saßen. »Stopft euch nicht gleich so voll, sonst platzt ihr!«
    Lis übertraf sich selbst in der Zubereitung und zauberte sozusagen aus dem Nichts ein Dutzend verschiedene Tunken. Leider gab es noch immer kein frisches Wasser, und das machte den Genuß beim Essen mühselig. Erneut riet Kinverson, sie sollten den Fisch roh verzehren, wegen der in ihm enthaltenen Feuchtigkeit. Wenn man die blutigen frischen Stücke in Meerwasser tauchte, wurden sie etwas genießbarer, obwohl es das Durstproblem nur verschlimmerte.
    »Was passiert, wenn wir Meerwasser trinken, Doc?« fragte Neyana Golghoz. »Stirbt man davon? Wird man verrückt?«
    »Verrückt sind wir doch schon«, sagte Dag Tharp leise.
    »Wir können ein gewisses Quantum Salzwasser aushalten«, dozierte Lawler und dachte dabei an die Menge, die er selbst in jüngster Zeit zu sich genommen hatte; allerdings gedachte er darüber nicht zu sprechen. »Wenn wir Trinkwasser hätten, könnten wir in der Tat die Menge durch eine Beimischung von zehn-, fünfzehn Prozent Salzwasser strecken, und es würde uns nicht schaden. Tatsächlich könnten wir dadurch den Salzverlust ausgleichen, den wir durch ständiges Schwitzen in diesem heißen Klima erleiden. Aber mit reinem Meerwasser können wir nicht lange überleben. Zwar könnten wir es im Körper zu reinem Wasser ausfiltern, aber unsere Nieren würden die Akkumulation der Salze nicht abbauen können, ohne dem übrigen Körpergewebe Flüssigkeit zu entziehen. Wir würden also ziemlich rasch austrocknen. Und dann: Fieber, Erbrechen, Delirium, der Tod.«
    Dann Henders stellte eine Reihe kleiner Destillierapparate auf, indem er klare Plastikfolie über die Öffnung von Gefäßen spannte, die etwas Seewasser enthielten. In jedem Topf war sorgfältig ein Becher plaziert, um die Tropfen aufzufangen, die an der Unterseite der Plastikfolie kondensierten. Es war allerdings eine mühselige Prozedur. Es war irgendwie unmöglich, auf diese Weise genug Trinkwasser für ihre Bedürfnisse zu gewinnen.
    »Und wenn es weiter nicht regnet?« fragte Pilya Braun. »Was werden wir dann machen?«
    Lawler wies mit der Hand auf Father Quillan. »Wir könnten es ja mal mit Beten versuchen.«
    AM FOLGENDEN ABEND klebte die Hitze an ihnen wie ein Handschuh, und das Schiff lag fast völlig reglos in der See. Als Lawler zu seiner Kabine ging, um sich schlafen zu legen, hörte er Henders und Tharp im Funkraum flüstern. Ihre Stimmen klangen aufreizend rauh und krächzend.
    Als Lawler kurz im Gang innehielt, kam Onyos Felk durch den Niedergang herunter, nickte ihm kurz grüßend zu und trat dann in den Funkraum. Und als Lawler vor der Tür zu seiner Kabine zögerte, hörte er Felk sagen: »Der Doc ist da draußen. Soll ich ihn reinholen?«
    Die Antwort konnte er nicht hören, doch sie war wohl bejahend, denn Felk machte kehrt und winkte ihm. »Würdest du wohl ‘ne Minute herkommen, Doc?«
    »Es ist spät, Onyos. Was gibt’s denn?«
    »Nur eine Minute.«
    Tharp und Henders hockten fast Knie an Knie in dem winzigen Kabuff, eine spuckende Trankerze verbreitete trübes Licht. Eine Flasche Traubenschnaps und zwei Becher standen auf dem Tisch. Tharp trank gewöhnlich nicht, erinnerte sich Lawler.
    Henders fragte: »Einen Schluck, Doc?«
    »Nein, ich glaub, lieber nicht.

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