Über den Wassern
Danke.«
»Läuft alles klar?«
»Ich bin müde«, sagte Lawler mit recht wenig Geduld. »Also, was gibt’s, Dann?«
»Wir, Dag und ich, haben über Delagard geredet. Und Onyos. Und darüber, wie der uns in diese idiotische beschissene Scheiße von ‘ner Reise reingetrieben hat. Was hältst du von ihm, Doc?«
»Delagard?« Lawler zuckte die Achseln. »Ich wißt doch, was ich von ihm halte.«
»Wir wissen alle, was wir alle denken. Wir kennen uns schon so verdammt lange. Aber sag es uns trotzdem.«
»Ein Mann von sehr starker Entschlußkraft. Stur, Halsstarrig, stark, völlig skrupellos. Seiner selbst absolut sicher.«
»Verrückt?«
»Das kann nicht sagen.«
»Ich möchte wetten, du kannst!« warf Dag Tharp ein. »Weil du nämlich denkst, daß er völlig irre ist.«
»Das ist sehr gut möglich. Oder aber auch nicht. Manchmal ist es nicht so leicht, zwischen besessener Zielstrebigkeit und Wahnsinn zu unterscheiden. Viele geniale Menschen haben in ihrer Zeit als wahnsinnig gegolten.«
»Ach, du meinst, er ist ein Genie?« fragte Henders grinsend.
»Nicht unbedingt. Aber er ist ein außergewöhnlicher Mensch, das wenigstens. Ich bin nicht qualifiziert, über seine Denkvorgänge zu urteilen. Es ist durchaus möglich, daß er verrückt ist. Aber er kann vollkommen vernünftige Gründe für sein Verhalten vorlegen, darauf möchte ich wetten. Diese ganze Geschichte mit diesem ‚Antlitz’, dem Festen Land über dem Wasser, kann für ihn durchaus logisch, sinnvoll und konsequent sein.«
Felk sagte: »Tu doch nicht so unschuldig, Doc! Jeder Irre glaubt doch, daß sein Wahnsinn völlig sinnvoll ist. In der ganzen Welt hat’s noch nie ‘nen Irren gegeben, der geglaubt hat, daß er irre ist.«
»Du bewunderst ihn, den Delagard?« fragte Henders.
»Eigentlich nicht«, erwiderte Lawler achselzuckend. »Aber er hat beachtliche Qualitäten, wie ihr zugeben müßt. Und er ist ein Mann mit Visionen. Auch wenn ich nicht unbedingt glaube, daß seine Visionen besonders wundervoll sind.«
»Aber du magst ihn?«
»Nein. Nein, ganz und nicht.«
»Na, wenigstens in dem Punkt redest du ja mal offen.«
»Sagt mal, was soll eigentlich das Ganze?« fragte Lawler. »Wenn ihr nämlich bloß so ein bißchen Spaß haben und euch bei ‘ner Flasche nett die Zeit vertreiben möchtet, um einander vorzubeten, was für ein miserabler Schweinehund Delagard ist, dann würde ich nämlich wirklich lieber in meine Falle gehen. Klar?«
»Wir wollen bloß rauskriegen, wo du stehst, Doc«, sagte Dann Henders. »Sag uns bloß eins, willst du, daß unsere Reise so weitergeht wie bisher?«
»Nein.«
»Und? Wozu bist du bereit, um das zu ändern?«
»Gibt es denn etwas, das wir tun können?«
»Ich hab dich was gefragt. Eine Gegenfrage reicht mir nicht als Antwort.«
»Ihr plant zu meutern, ja?«
»Hab ich davon was gesagt? Ich kann mich nicht erinnern, Doc.«
»Ein tauber Blinder hätte es dir an den Lippen ablesen können!«
»Meuterei«, sagte Henders. »Also, wenn nun tatsächlich ein paar von uns beschließen, daß sie aktiv in die Entscheidung eingreifen wollen, wohin unser Schiff fahren soll... was würdest du dazu sagen, Doc, wenn das wirklich der Fall wäre? Und was würdest du tun?«
»Es ist ein arg dummer Plan, Dann.«
»Ach meinst du, Doc?
»Früher mal, da war ein Zeitpunkt, wo ich genauso scharf drauf war, Delagard zur Umkehr zu bewegen. Dag weiß das. Ich hab mit ihm drüber gesprochen. Man muß Delagard Einhalt gebieten, sagte ich damals. Das weißt du doch noch, Dag, oder? Aber das war, bevor die WOGE uns bis hierher verschlagen hatte. Und seitdem hatte ich ausreichend Zeit zum Nachdenken, und ich hab meine Meinung geändert.«
»Wieso denn das?«
»Aus drei Gründen. Erstens gehört das Schiff Delagard, ob es uns paßt oder nicht, und mir gefällt der Gedanke nicht besonders, es ihm wegzunehmen. Ein moralisch strittiger Punkt, könntet ihr sagen. Und ihr könntet eine Rechtfertigung darin finden, daß er unser aller Leben aufs Spiel setzt, ohne unsere ausdrückliche Einwilligung, denke ich mir. Aber dennoch halte ich es für keine besonders gescheite Idee. Delagard ist zu raffiniert. Er ist zu gefährlich. Zu stark. Er ist ständig auf der Hut. Und viele der übrigen an Bord sind ihm treu ergeben - oder haben Angst vor ihm, was so ziemlich auf das gleiche hinausläuft. Sie würden uns nicht helfen. Aber wahrscheinlich würden sie ihm helfen. Wenn ihr was Schräges gegen Delagard versucht, könntet ihr das
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