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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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konvulsivisch.
    Lawler fühlte, wie der Schmerz in seinen Lenden schwächer wurde.
    »So haltet mich doch richtig fest!« rief der Priester. »Ich verlier den Halt!«
    »Aber nicht doch, Father! Keine Spur!«
    Lawler umklammerte mit den Händen die nach oben ragenden Fußknöchel des Mannes. Er spürte, wie dessen Körper sich spannte, als er sich vom Schiff fortbog, nach unten zielte und die Stange mit einem festen harten Stoß abwärts trieb. Der fleischige Leib des Klebewesens wellte sich heftig. Die Farbe wechselte zu dunklem Grün, dann zu kränklichem Schwarz; in den fleischigen Weichpartien bildeten sich plötzlich zuckende Erhebungen; das Ding bäumte sich hoch, fiel in die See zurück und wurde in der Heckwelle des Schiffes davongetragen.
    Augenblicklich fühlte Lawler, wie sein Gehirn sich von den letzten Dunstschwaden befreite.
    »Mein Gott...«, sagte er. »Was war das?«
    »Gharkid hat es als Napfschnecke bezeichnet«, sagte Father Quillan. »Etwas, das sich an uns festgesaugt hat und uns allesamt mit wüsten Pheromonen beschoß.« Er bebte am ganzen Leib, als ob eine unerträgliche Spannung von ihm gewichen sein. »Einige unter uns waren fähig, dem zu widerstehen, andere nicht.«
    Lawler blickte über das Deck. Überall wanderten nackte Gestalten herum, benommen, als wären sie gerade aus tiefstem Schlaf erwacht. Leo Martello erhob sich von Neyana und stierte sie an, als hätte er sie in seinem Leben nie gesehen. Kinverson löste sich von Lis Nikiaus. Lawler fing den Blick aus Sundiras Augen auf. Sie wirkte wie betäubt. Sie fuhr sich wieder mit einer schmerzlichen reibenden Geste über den nackten Bauch, als wollte sie damit den Abdruck von Delagards Fleisch von sich abwischen.
    DAS ERSCHEINEN der Napfschnecke war eine Art Vorzeichen. Denn in diesen tiefen Breiten schien das Leere Meer nämlich zunehmend weniger leer zu sein.
    Es zeigte sich eine neue Drakken-Art, sozusagen die südliche Abart der Spezies. Sie sah zwar der nördlichen recht ähnlich, war aber größer und wirkte irgendwie gerissener und hatte etwas Heiter-Planmäßiges an sich. Statt in Schwärmen von Hunderten von Exemplaren zu wandern, bewegten sich diese Drakken in einem Rudel von wenigen Dutzend, und wenn ihre langen Tubusköpfe sich über die Wasserfläche hoben, waren sie weit verstreut, als beanspruchte jeder zum Trupp Gehörende eine gewisse großzügige Distanz zu seinen Gefährten, die allseits auch respektiert zu werden schien. Sie begleiteten das Schiff über Stunden hin und paddelten unermüdlich, die Nasen hoch in die Luft gereckt, neben ihnen her. Die schimmernden Augen schlossen sich nie. Es fiel gar nicht schwer, sich einzureden, daß sie nur auf die Dunkelheit warteten und auf die Gelegenheit, um massenweise an Bord zu kommen. Delagard befahl die Freiwachen früher an Deck, wo sie mit Gaffeln patrouillieren sollten.
    Doch in der Dämmerung tauchten die Drakken unter, und zwar allesamt gleichzeitig in der für sie charakteristischen Simultanaktion, als wären sie alle von einer übergeordneten Größe drunten verschluckt worden. Delagard war allerdings nicht überzeugt, daß sie fort waren, und ließ das Deck die ganze Nacht hindurch patrouillieren. Doch es erfolgte kein Angriff, und am nächsten Morgen war von den Drakken nirgendwo etwas zu sehen.
    SPÄTER AM SELBEN Nachmittag, als bereits die Dämmerung hereinbrach, trieb eine gewaltige amorphe, irgendwie fahle und viskose Masse von Luv am Schiff vorbei. Sie erstreckte sich viele hundert Meter weit, vielleicht mehr. Es hätte fast so etwas wie eine ‚Insel’ von unbekannter Struktur sein können, so groß war das Ding: eine kolossale schwabbelige Insel, ganz aus Mukosa, eine gewaltige Ansammlung von Schleim und Rotz. Als sie näher kamen, stellten sie fest, daß das gewaltige runzlige Blasending effektiv lebendig war, oder doch jedenfalls partiell. Die fahlgelbe eipuddingähnliche Oberfläche erzitterte sacht in stoßhafter Rhythmik, trieb kleine kugelige Protuberanzen hoch, die fast sofort wieder in die Gesamtmasse zurücksackten.
    Dag Tharp spielte den Clown. »Endlich! Ladies and Gentlemen! Hier seht ihr es: Das Antlitz - Die Feste - Das Land über dem Wasser - Endlich!«
    Kinverson lachte. »Also wenn ihr mich fragt - für mich sieht das eher aus wie das Gegenteil von ‘nem Gesicht - eher wie das andere Ende.«
    »Aber seht doch!« sagte Martello. »Es schweben Lichtzungen davon auf und flackern in der Luft umher. Wie wunderschön das ist!«
    »Wie

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