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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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auf dem Deck der Queen of Hydros erneut inszeniert worden war. Und es hätte Lawler auch kaum noch überrascht, wäre die ERDE selbst als Bühnenkulisse über ihnen aufgezogen, dicht über den Masten lastend, und von all den übervölkerten Kontinenten troff in Strömen das Blut... Soviel also blieb zu sagen zu der allgemeinen, im Brustton der Selbstgerechtigkeit verkündeten Überzeugung, daß alle derartigen primitiven Urinstinkte ausgestorben seien, daß eine derartige urtümliche blutrünstige Gewalttätigkeit im Laufe der Evolution aus der menschlichen Rasse ausgemendelt worden sei...
    Ja, der heftige Regen bot eine willkommene Ablenkung davon, lieferte das langersehnte und dringend nötige Trinkwasser, und überdies wusch er die Makel der Sünde vom Deck. Denn das, was da im Morgengrauen geschehen war, wollte Lawler doch eigentlich liebend gern so rasch wie möglich vergessen.

4
    IN DIESER NACHT suchten ihn beunruhigende Träume heim. Nicht Träume voll Mord, sondern erfüllt von heftigen erotischen Leidenschaften.
    Schattenhafte weibliche Gestalten umtanzten ihn im Schlaf, gesichtslose Frauen, bloße sich drehende und windende Leiber, bloße Sexualgefäße, um das Verlangen in sie zu ergießen. Sie hätten jede und alle sein können, waren das anonyme Mysterium Weib schlechthin, ohne Individualität, charakterlos, nichts als ein Schwarm schwingender Brüste, breiter Hüften, fülliger Hintern, dichtwuchernder Schamhaardreiecke. Manchmal glaubte er, der Tanz bestehe einzig aus losgelösten Brüsten oder aus einer Folge sich unablässig öffnender Schenkel, oder aus feuchtschimmernden Lippen, oder flatternden Fingern, oder zuckenden Zungen.
    Unruhig warf er sich auf dem Lager herum, driftete fast ins Erwachen hinauf, sank aber stets wieder in den Schlaf zurück, der neue sinnliche Fieberschauder brachte. Wolken von Weiblichkeit umlagerten seine Koje mit Augen wie lüsterne Spalte, geblähten Nüstern, nackten Leibern. Die Körper hatten jetzt auch Gesichter - die Gesichter der Frauen von Sorve, die er gekannt und geliebt und nahezu restlos vergessen hatte, eine große, große Schar von Weibern, alle die Bockssprünge, die beiläufigen Ausbrüche seiner prallvollen Jugendjahre waren neu zum Leben erwacht und drängten sich nun um ihn, die unausgeformten Gesichter der noch halbkindlichen Mädchen, die Lüsternheit in den Gesichtern der älteren Frauen, die mit einem Jungen, der halb so alt war wie sie, herumspielten; der spähende Blick in den Gesichtern von Frauen, die mit einer Liebe geschlagen waren, von der sie wußten, daß sie ohne Erfüllung bleiben mußte. Eine nach der anderen zogen sie dicht an Lawler vorbei, ließen sich von ihm berühren, sich näherziehen - und lösten sich dann in wolkigen Rauch auf, um fast sogleich einer anderen Platz zu machen. Sundira - Anya Braun - Boda Thalheim (die noch nicht ‚Schwester Boda’ geworden war) - Mariam Sawtelle - Mireyl - wieder Sundira - Meela - Moira - Sundira - Sundira - Anya - Mireyl - Sundira...
    Lawler fühlte alle Qualen sexuellen Verlangens, dem keine Hoffnung auf Erfüllung beschert ist. Sein Glied war ein riesiger Schmerzensbaum. Die Hoden zerrten wie Eisengewichte. Ein zum Wahnsinn reizender, unwiderstehlicher heißschwüler weiblicher Geschlechtsduft wogte ihm um Nase und Mund wie eine feuchte erstickende Decke, drang tief in seine Kehle und erfüllte seine Lungen. Er keuchte und rang nach Luft, bis alles in ihm brannte und nach Erlösung schrie.
    Und hinter diesen Phantasiegebilden, hinter dem schmerzenden Gefühl von Not und Frustration lauerte etwas anderes: Da war etwas Unbekanntes, Vibrierendes, vielleicht ein Geräusch, jedenfalls aber ein beständig breiter werdender Strahl von starkem sensorischem Input, der sich schneidendscharf von den Lenden bis in seinen Schädel hinaufbohrte. Er spürte, wie das Etwas in ihn eindrang, dicht hinter seinen Hoden, wie ein Speer aus Eis, und wie es durch alle die dampfenden Windungen seiner Eingeweide heraufdrang, durch das Zwerchfell, das Herz, wie es ihm die Kehle durchstieß und immer weiterstieß bis in sein Gehirn. Er war gepfählt und kreiste langsam wie ein aufgespießter Fisch überm Grillfeuer; und während er rotierte, wuchs und wuchs und wuchs die Intensität der erotischen Empfindungen, bis ihm schien, als existiere nichts anderes im ganzen Universum als dieses sein zwanghaftes Bedürfnis nach sofortiger sexueller Vereinigung.
    Dann wälzte er sich von seinem schmalen Lager. Er war nicht

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