Über den Wassern
Arm. Lawler schüttelte ihn ab. »Nein, nicht mit dir... ich such keinen Mann...«
»Ich auch nicht. Und im übrigen auch keine Frau. Gütiger Gott, Lawler! Seid ihr denn allesamt wahnsinnig geworden?«
»Wie?«
»Komm her zu mir und stell dich neben mich und schau dir an, was da geschieht! Diese infame verrückte Orgie!«
Lawler schüttelte benommen den Kopf. »Was? Wie? Orgie?«
»Siehst du nicht, wie es Sundira Thane und Delagard dort drüben miteinander treiben? Und Kinverson und Pilya? Und schau, schau dorthin, dort ist Neyana und winselt wie eine Irre. Dabei hast du sie doch grad erst bestiegen. Und schon gierst du nach mehr. So etwas hab ich noch nie gesehen.«
Lawler griff sich an die Lenden. »Ich spüre - Schmerz - hier...«
»Es ist etwas aus dem Meer, das uns dies antut. Es befällt unseren Verstand. Auch ich spüre es. Aber ich kann mich beherrschen. Ihr aber... euer ganzer wahnsinnig gewordener Haufen...« Es fiel Lawler sehr schwer zu begreifen, wovon der Knochige redete. Er stolperte weiter. Er sah die große goldhaarige Frau übers Deck streifen, auf der Suche nach ihrem nächsten Partner.
»Lawler! Komm zurück!«
»Laß! Warte! Später... wir können später reden...«
Während er noch auf die Frau zutaumelte, glitt eine schlanke dunkle Männergestalt an ihm vorüber und rief: »Father, Sir! Doktor! Sir! Ich seh es! Hier drüben! Außenbords!«
»Was siehst du, Gharkid?« fragte der Quillan genannte Knochenmann.
»Eine große Napfschnecke, Father-Sir. Sie klebt am Schiffsrumpf. Die sondert irgendwie was Chemisches ab - irgendwie ‘ne Droge...«
»Lawler! Komm dir anschauen, was Gharkid entdeckt hat!«
»Ja... später... später...«
Aber sie blieben erbarmungslos und kamen zu ihm und drangen auf ihn ein und packten ihn, jeder auf einer Seite, und zogen ihn zur Reling. Lawler spähte hinüber und hinab. Die Empfindungen waren hier noch weit intensiver als irgendwo sonst an Bord: Lawler spürte ein tiefes rhythmisches Trommeln im Kreuzbein, ein betäubendes Pochen im Schoß. Seine Hoden wummerten wie Glocken. Der Penis stand steif und zitterte und zuckte in die Höhe, den Sternen zu.
Er mühte sich, den Kopf klarzukriegen. Er begriff kaum, was vorging.
Ein Etwas, das ins Schiff eindrang? Alle mit wilder geschlechtlicher Lust zum Irrsinn trieb?
Namen fanden sich wieder in seinem Kopf ein, und er überlagerte sie mit Gesichtern und Gestalten. Quillan, Gharkid. Widersetzten sich der Kraft. Und die anderen, die ihr unterlegen waren: Er selbst und Neyana, Sundira und Martello, Sundira und Delagard, Kinverson und Pilya, Felk und Lis... Und weiter und weiter in endlosem Partnerwechsel, einem fiebernder Reigen tanzender zuckender Schwänze und Mösen. Wo war Lis? Er wollte Lis haben. Nie zuvor hatte er nach ihr Verlangen verspürt. Auch nicht nach Neyana. Aber jetzt - ja! Ja, Lis. Ja. Und dann schließlich Pilya. Um ihr zu geben, endlich, wonach sie sich diese ganze Reise über gesehnt hatte. Und nach ihr dann Sundira... Nimm sie dem Scheißkerl Delagard weg! Ja, Sundira, und dann wieder Neyana, und dann Lis und Pilya - und Sundira, Neyana, Pilya, Lis - und ficke bis zum Morgen - ficke bis Mittag - ficke bis zum Ende aller Zeit...
»Ich will es töten!« sagte Quillan. »Gib mir mal die Gaffelstange rüber, Natim.«
»Ja, aber spürst du denn nicht, wie stark das ist?« fragte Lawler. »Bist du immun dagegen?«
»Selbstverständlich bin ich nicht immun«, erwiderte der Priester.
»Also bewirkt dein Zölibatgelübde...«
»Nein! Nicht mein Gelübde zur Abstinenz hält mich zurück, Lawler, sondern pure Angst.« Und zu Gharkin sagte er: »Die Stange sollte knapp reichen. Halt mich an den Beinen fest, damit ich nicht über Bord gehe.«
»Laß mich«, sagte Lawler. »Ich hab längere Arme als du.«
»Bleib, wo du bist!«
Dann zog sich der Priester über die Bordwand und beugte sich vorsichtig auf der anderen Seite nach unten. Gharkid packte ihn an den Beinen, und Lawler hielt Gharkid fest. Als Lawler sich vorbeugte und über Bord spähte, erblickte er etwas, das wie eine grellgelbe Platte von etwa einem Meter Durchmesser aussah, die dicht über der Wasserlinie am Schiffskörper klebte. Sie war flach und rund und wies im Zentrum eine kleine runzelig-knotige Wölbung auf. Quillan langte so weit wie möglich nach unten und stieß zu. Wieder und wieder. Vom Rücken des Geschöpfes sprühte ein dünner blauer Strahl wie ein Springbrunnen nach oben. Und noch ein Stoß, und das Ding bebte
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