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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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schätzungsweise zwanzig Meter Umfang und ungefähr zehn, fünfzehn Meter Länge von dem untergetauchten Hinterende bis zur gerundeten Spitze.
    Delagard war unruhig und rechnete anscheinend mit allem möglichen; jedenfalls befahl er alle Mann an Deck und an die Reling, wo sie mit Spießen und Gaffeln bewaffnet warten mußten. Aber das Ei-Ding glitt so harmlos wie eine Frucht vorbei. Wahrscheinlich war es ja auch gar nichts weiter als ein Ei. Am selben Tag kamen zwei weitere dieser Eier vorbei. Davon war das erste rundlich-kugeliger als das allererste, das zweite etwas mehr länglich, aber ansonsten sahen sie aus, als wären sie von der gleichen Art. Und außerdem schienen sie die Queen überhaupt nicht zu bemerken. Was diesen Eiern fehlt, dachte Lawler, sind riesige glitzernde Glubschaugen, damit sie das Schiff besser sehen können, während sie vorbeitreiben. Aber die ‚Gesichter’ waren blind, glatt, rätselhaft und ärgerlich ausdruckslos. Doch es haftete ihnen etwas seltsam Feierliches an, eine ruhige Schwere. Father Quillan sagte, sie erinnerten ihn an einen Bischof, den er einst gekannt hatte. Und dann mußte er der gesamten Crew erklären, was denn ein ‚Bischof’ sei.
    Und nach den Eiern kam eine Spezies von Fliegenden Fischen, die jedoch weder Verwandte von den eleganten regenbogenfarbig schimmernden heimischen Spezies des Mare Nostrum waren, noch irgendwie den gräßlichen Hexenfischen der offenen Ozeane glichen. Diese hier waren zerbrechlich wirkende, etwa fünfzehn Zentimeter lange schimmernde Geschöpfe mit graziösen durchsichtigen Schwingen, die sie zu unglaublichen Höhen emportrugen. Man konnte sie aus der Ferne schon sehen, wie sie nahezu senkrecht aus dem Wasser aufstiegen und ungewöhnlich weit flogen, ehe sie erneut ins Meer tauchten, und dies nahezu, ohne daß das Wasser aufspritzte. Und Augenblicks darauf waren sie wieder in den Lüften und tauchten hinab und flogen wieder hinauf und wieder hinab, und kamen mit jedem Bewegungszyklus näher an das Schiff heran, bis sie schließlich dicht steuerbord waren.
    Diese Fliegenden Fische schienen ebenso ungefährlich zu sein wie die driftenden Smaragdeier. Sie flogen dermaßen hoch, daß kaum Gefahr bestand, auf Deck mit ihnen zusammenzustoßen, also brauchte man sich auch nicht zu ducken oder in Deckung zu gehen, wie dies bei einem Flugangriff der Hexenfische unumgänglich gewesen wäre. Diese Fische waren so wunderschön und funkelten so prachtvoll unter dem grellen harten Lichterdom des Himmels, daß nahezu die gesamte Schiffsbesatzung sich an Deck einfand, um sie vorbeiziehen zu sehen.
    Die Leiber der Wesen waren fast durchsichtig. Mit Leichtigkeit konnte man die zarten drahtfeinen Gräten ausmachen, die runden pumpenden rot-violetten Herzen, die fadenfeinen blauen Adern. Die blutroten Augen waren fein facettiert und blinkten je nach Lichteinfall.
    Wunderschön, ja. Doch während sie hoch über das Schiff hinwegsetzten, regnete aus ihnen eine seltsame Flüssigkeit herab, ein schwacher schimmernder Schauer von dunkelblinkenden Tröpfchen, die scharf und beißend brannten, wo immer sie auftrafen.
    Zuerst begriff niemand, was los war, denn die ersten flüchtigen Treffer der Exkrete dieser Flugwesen waren weiter nichts als eine kaum fühlbare Unannehmlichkeit. Aber die Reizwirkung war kumulativ, die Säure drang langsam tiefer, und aus einem leichten Jucken wurde bald heftiger Schmerz.
    Lawler, der im Windschatten der Vorsegel gestanden hatte, war weitgehend gegen den Beschuß abgeschirmt gewesen. Ein paar Spritzer trafen seinen Unterarm, nicht genug, als daß ihm dies mehr als ein ärgerliches Stirnrunzeln abgenötigt hätte. Dann jedoch sah er, daß sich auf den blankgeschrubbten Decksplanken gelbe knotige Sterne abzuzeichnen begannen, und als er aufblickte, sah er seine Gefährten wild fuchteln und herumtanzen, schreien und sich auf die Arme klatschen und die Wangen reiben.
    »Runter! Alle unter Deck!« brüllte er. »Geht in Deckung! Das kommt von den Fischen!«
    Die Angreifer aus der Luft waren mittlerweile über das Schiff hinweggezogen und auf der anderen Seite verschwunden. Doch schon erhob sich steuerbords eine zweite Angriffswelle aus den Fluten.
    Die Attacke dauerte insgesamt fast eine Stunde lang und kam in einem halben Dutzend von Angriffswellen. Hinterher fanden sich die Opfer nacheinander in Lawlers Sanitätsraum ein, um sich die Verätzungen behandeln zu lassen.
    Sundira, die beim Angriff der Fische in der Takelung gearbeitet hatte,

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