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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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sind doch fast da. Wir sind bis hierher gekommen, und wir werden auch den Rest des Weges schaffen. Es besteht kein Anlaß, sich Sorgen zu machen.« Und wieder das breite Grinsen. »Hör mal, Doc, entspann dich, laß los, ja? Gestern abend ist mir zufällig ein Tropfen Brandy in die Finger gekommen, den Gospo versteckt hatte. Komm doch in einer Stunde oder so zu mir in die Kabine runter. Es werden alle da sein. Und wir feiern eine Party. Wir werden auf unsere Ankunft anstoßen.«
    LAWLER KAM ALS LETZTER zur Party. Die anderen hockten alle schon bei Kerzenlicht mehr oder weniger im Halbkreis in der dunklen, engen dumpf riechenden Kabine um Delagard herum. Sundira links von ihm, Kinverson dicht bei ihr, Neyana und Pilya daneben, dann Gharkid, der Priester, Tharp, Felk und Lis. Alle hatten einen Becher mit Schnaps vor sich. Auf dem Tisch standen eine leere und zwei volle Flaschen. Delagard stand gegen die Wandung gedrückt, den Kopf tief zwischen die Schultern gezogen, was zugleich irgendwie aggressiv und defensiv wirkte. Er sah aus, als wäre er besessen. Die Augen glitzerten beinahe fiebrig. Das Gesicht, voll von einem Stachelbart und schorfig von einer Art Hautausschlag, war gerötet und schweißfeucht. Und plötzlich begriff Lawler, daß der Mann sich am Rande einer Krise befinden müsse, eines innerlichen Ausbruchs, einer heftigen Explosion und Freisetzung aufgestauter Gefühle, die allzu lange unterdrückt worden waren.
    »Los, trink auch was, Doc«, rief Delagard.
    »Danke. Gern. Ich dachte, wir haben nichts mehr von dem Zeug.«
    »Hab ich auch gedacht«, erwiderte Delagard. »Hab mich eben geirrt.« Er schenkte ein, bis die Kumme überfloß, dann schob er sie über den Tisch auf Lawler zu. »Also hast du dich doch an Jollys Geschichte von der Unterwasserstadt erinnert, was?«
    Lawler trank einen tiefen Schluck Brandy und wartete, bis sich die Wirkung im Bauch ausbreitete.
    »Woher weißt du was davon?«
    »Sundira hat es mir erzählt. Sie sagt, du hast mit ihr darüber geredet.«
    Achselzuckend antwortete Lawler: »Ja, gestern ist das auf einmal wieder aus dem Nichts in meiner Erinnerung aufgetaucht. Ich hab seit Jahren nicht mehr daran gedacht. Der tollste Teil von Jollys Geschichte - und ich hatte es vergessen.«
    »Aber ich nicht«, sagte Delagard. »Ich hab es grad den anderen erzählt, während wir auf dich gewartet haben. Na, was meinst du jetzt, Doc? Hat Jolly bloß ‘nen Haufen Scheiße verzapft, oder nicht?«
    »Eine Stadt unter dem Wasser? Wie sollte so was möglich sein?«
    »Also, ich erinnere mich, daß Jolly was von einem Schwerkrafttrichter oder so sagte. Hochüberlegene Super-Technologie. Von Super-Gillies gebaut.« Delagard ließ seinen Becher und den Brandy darin kreisen. Es fehlte nicht mehr viel, und er würde betrunken sein, erkannte Lawler. »Diese Geschichte vom Jolly hab ich immer am liebsten gehört. Genau wie du. Wie die Kiemlinge vor ‘ner halben Million Jahren beschlossen haben, auf dem Ozeangrund zu leben. Weißt du noch, es gab damals auf diesem Planeten noch feste Landmassen, das hatten sie dem Jolly gesagt. Inseln von anständigen Ausmaßen, kleinere Kontinente sogar, und dann haben sie das großenteils abgetragen und die Rohstoffe dazu verwendet, in der Tiefe, am Ende ihres Gravitationsschachtes abgeschottete, versiegelte Kammern zu bauen. Und als sie damit fertig waren, haben sie sich dort hinunter zurückgezogen und die Schotts hinter sich dichtgemacht.«
    »Und das glaubst du also?« fragte Lawler.
    »Ach, vielleicht auch nicht. Es ist eine ziemlich wilde Geschichte. Aber eben eine recht angenehme, gibst du mir nicht recht, Doc? Daß da drunten eine überlegene Gillie-Rasse lebt, die über den Planeten herrscht. Die ihre provinziellen Verwandten auf den schwimmenden Inseln zurücklassen, als Sklaven und Bauerntrottel, die für sie die Oberwelt als Farmer bearbeiten und sie mit Nahrung versorgen. Und alle Formen von Leben auf Hydros - die Insel-Gillies, und die Mäuler und die Plattformen und Taucher, und die Hexenfische und alles andere, bis hinunter zu den Kriechaustern und Rasplern - hängen in einem großen übergeordneten ökologischen Abhängigkeitsgeflecht zusammen, dessen ausschließliche Aufgabe es ist, den Bedürfnissen der Wesen zu dienen, die in dieser Unterwasserstadt leben. Die insularen Gillies glauben, daß sie nach ihrem Tod auf das ‚Antlitz’ versetzt und dort weiterleben werden. Frag doch Sundira, wenn du mir nicht glaubst. Und das muß einfach bedeuten,

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