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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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daß sie dann nach unten gehen und ein feines Leben in der Verborgenen Stadt führen dürfen. Vielleicht glauben ja auch die Taucher was ähnliches. Oder die Kriechaustern.«
    »Die wirren Fabelgespinste eines alten, halbverrückten Mannes, diese Stadt«, sagte Lawler. »Ein Märchen.«
    »Vielleicht. Oder auch nicht.« Delagard lächelte Lawler kühl und etwas verkniffen an. Es war bestürzend, wie stark, wie irreal, ja wie unheimlich seine Selbstbeherrrschung unter diesen Umständen war. »Aber sagen wir doch einfach mal, es ist kein Märchen. Was wir alle heute morgen gesehen haben - dieser ganze unglaubliche faule Hokuspokus von herumtanzendem Wer-weiß-was-Zeugs - könnte doch durchaus nichts weiter sein als eine riesige Bio-Maschine, die den Energiebedarf für die verborgene Gillie-Stadt deckt. Die Pflanzen, die da drüben wachsen, sind - metallisch. Darauf geh ich ‘ne Wette ein! Sie sind Teile der Maschine. Ihre Wurzeln sind im Meer, und sie entziehen ihm Mineralien und verwandeln sie in neue Stoffe. Und sie erfüllen alle möglichen mechanischen Funktionen. Und irgendwo auf dieser Insel gibt es vielleicht ein gigantisches elektrisches Gitter. Genau in der Mitte, möchte ich wetten, ist ein Sonnenkollektor, eine Akkumulatorplatte, welche die Energie einsammelt, die von dem ganzen halbbiotischen Netz da drüben in die unterseeische Stadt gespeist wird. Und was wir gespürt haben, ist nichts als der Energie-Überschuß bei dem Ganzen. Der knistert durch die Luft und wirbelt uns den Kopf voll Hirngespinste. Oder täte es, wenn wir das zulassen. Aber wir werden es nicht zulassen! Wir sind schlau und halten uns außerhalb der Reichweite. Wir werden in sicherer Entfernung ganz einfach weiter die Küste entlangsegeln, bis wir den Eingang der verborgenen Stadt gefunden haben, und dann...«
    »Da segelst du mir ein bißchen zu schnell, Nid«, sagte Lawler. »Zuerst sagst du mir, du glaubst, diese Stadt auf dem Meeresgrund ist deiner Meinung nach nichts weiter als die Spinnerei eines alten Mannes, und auf einmal bist du schon an ihren Pforten.«
    Delagard blieb unbeeindruckt von der Ironie. »Ich nehme das nur einfach als real gegeben an. Nur so für unser Gespräch. Trink doch noch ‘nen Schluck, Doc. Das ist nämlich diesmal wirklich mit Sicherheit der letzte Rest. Also können wir ihn auch richtig genießen und auf einmal.«
    »Angenommen, die Stadt ist Realität«, sprach Lawler weiter, »wie sollen wir dann unsere große Stadt errichten, von der du geredet hast, wenn die Position bereits von einem Haufen von Super-Gillies besetzt ist? Könnten die nicht ein wenig ärgerlich reagieren? Vorausgesetzt, es gibt sie, natürlich...«
    »Doch, ich denke, das werden sie. Falls es sie gibt.«
    »Und werden sie dann nicht ganze Armadas von Rammhörnern, Säblern, Seeleoparden und Drakken losschicken, damit die uns eine Lektion erteilen und uns klarmachen, wir sollten sie lieber nicht noch einmal stören?«
    »Dazu werden sie gar keine Chance bekommen«, erklärte Delagard fröhlich-erhaben. »Sollten die da sein, dann gehn wir einfach runter zu ihnen und erobern sie ein bißchen und zerquetschen sie zu Scheiße!«
    »Wir tun - was?«
    »Die Sache ist kinderleicht, du kannst es dir kaum vorstellen. Die sind verweichlicht, dekadent und alt. Wenn sie da drunten sind, Doc... wenn! Vom Beginn der Zeit an ist denen alles nach ihrem Wunsch und Willen gegangen auf diesem Planeten, und in ihrem Kopf existiert gar kein Begriffskonzept für Feind oder Aggressor. Alles auf Hydros existiert einzig, um ihnen zu dienen. Und sie stecken da drunten in ihrer Meereshöhle seit einer halben Million Jahre in einem bequemen Luxus, wie wir uns das nicht mal erträumen könnten. Und wenn wir zu ihnen runtergehen, werden wir entdecken, daß sie völlig wehrlos und schutzlos sind. Wozu hätten sie das auch gebraucht? Schutz - gegen wen? Wir marschieren da einfach rein und erklären ihnen, daß von jetzt an wir das Sagen haben. Und die werden umfallen und sich ergeben.«
    »Elf halbnackte Männer und Frauen, bewaffnet mit Gaffeln und Beleghökern erobern also die Hauptstadt einer unendlich fortschrittlichen überlegenen fremden Zivilisation, ja?«
    »Hast du dich je damit befaßt, Lawler, wie die Geschichte auf der ERDE verlaufen ist? Da gab es dort mal eine Gegend, die hieß Peru, und die Leute dort beherrschten einen halben Kontinent - was immer das sein mag - und errichteten Tempel aus Gold. Und dann kam ein Kerl namens Pizarro dorthin, hatte so

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