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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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steh ich jetzt, und ich muß einsehen, daß ich mich geirrt hab. Für uns gibt es hier nichts. Nichts.«
    »Pizarro - Cortez«, sagte Lawler, »die hätten doch wenigstens zu landen versucht, bevor sie den Schwanz einziehen und sich verpissen.«
    »Komm mir jetzt nicht mit so was, Mann!« sagte Delagard. »Ich versuch doch, fair mit dir zu reden.«
    »Du hast mir Pizarro und Cortez aufgetischt, als ich versucht habe, fair mit dir zu reden, Nid.«
    Delagard klappte die Augenlider wieder auf. Die Augen wirkten erschreckend: hell wie glühende Kohlen, flackernd vor Schmerz. Er verzog einen Mundwinkel, vielleicht versuchte er zu lächeln. »Mach mal halblang, Doc. Ich war besoffen.«
    »Das weiß ich.«
    »Weißt du, was mein Fehler war, Doc? Daß ich an meine eigene Scheiße geglaubt hab. Und an die Scheiße von Jolly. Und die von Father Quillan. Quillan, der hat mich mit ‘ner Menge Zeugs vollgestopft über das Feste Land über den Wassern. Ein Ort war das, wo mir göttliche Macht zuteil werden würde, ich brauchte sie mir nur zu nehmen - so habe ich jedenfalls verstanden, was er mir gesagt hat. Und jetzt sind wir da! Da liegen wir! Ruhen in Frieden! Ich war die ganze Nacht hier auf Deck, hab so dagestanden und mir gedacht: Wie willst du hier einen Raumflughafen bauen? Und mit was? Wie soll jemand in diesem Chaos dort drüben leben, ohne daß er nach einem halben Tag den Verstand verliert? Wie sollen wir uns ernähren? Werden wir überhaupt dort atmen können? Kein Wunder, daß die Gillies hier nicht hergehen wollen. Dieses Elendsland ist unbewohnbar. Und plötzlich ist mir dann alles klargeworden, und da stand ich - ganz allein und mit mir selbst konfrontiert - und fing an, über mich zu lachen. Zu lachen, Doc! Aber der Jux ging auf meine Kosten, und es war nicht besonders komisch. Diese ganze Fahrt war der reine Wahnsinn, nicht wahr, Doc?«
    Delagard schwankte inzwischen auf den Fußballen vor und zurück. Lawler begriff plötzlich, daß er noch immer betrunken sein müsse. Anscheinend ab es an Bord doch noch einen weiteren versteckten Brandyvorrat, und vielleicht hatte Delagard die ganze Nacht hindurch weitergetrunken. Vielleicht soff er schon seit Tagen. Er war dermaßen alkoholisiert, daß er sich einbildete, nüchtern zu sein.
    »Du solltest dich hinlegen. Ich kann dir ein Beruhigungsmittel geben.«
    »Ich scheiß auf dein Beruhigungsmittel. Mich würde nur beruhigen, wenn du mir zustimmst! Es war eine Irrsinnsreise. Oder, Doc?«
    »Du weißt doch, daß ich so denke, Nid.«
    »Und du denkst, ich bin ebenfalls irrsinnig.«
    »Ich weiß nicht, ob du das bist oder nicht. Aber ich weiß, daß du kurz vor einem Zusammenbruch stehst.«
    »Na und, wenn schon?« fragte Delagard. »Ich bin noch immer Kapitän auf diesem Schiff. Ich hab uns in die Scheiße reingeritten. Alle die Menschen, die sterben mußten - sie sind durch meine Schuld tot. Ich darf nicht zulassen, daß noch jemand stirbt. Ich bin dafür verantwortlich, daß wir von hier wieder fortkommen.«
    »Und was ist dann dein Plan?«
    »Was wir jetzt tun müssen...« - Delagard sprach schleppend und betont deutlich, wie aus einer abgrundtiefen Erschöpfung heraus -, »ist, einen Kurs bestimmen, der uns wieder in bewohnte Gegenden zurückbringt, und dort laufen wir die erste erreichbare Insel an und betteln, verdammt noch mal, daß sie uns aufnehmen. Elf Menschen - für elf Menschen werden sie immer noch Platz finden, egal was sie uns über ihre beengten Verhältnisse sagen werden.«
    »Das klingt mir sehr vernünftig.«
    »Das hab ich mir gedacht.«
    »Also, gut dann. Zuerst aber ruhst du dich mal aus, Nid. Wir übrigen machen uns sofort daran, von hier wegzukommen. Felk kann die Navigation übernehmen, wir legen die Segel um, und bis zum halben Nachmittag sind wir hundert Kilometer weit von hier fort und steuern so schnell wie möglich auf Grayvard oder so zu.« Lawler schob Delagard mit leichtem Drängen zu den Stufen, die von der Brücke hinabführten. »Nun geh schon. Ehe du umkippst.«
    »Nein«, sagte Delagard störrisch. »Ich hab dir doch gesagt, noch bin ich der Kapitän. Und wenn wir hier rausmüssen, dann nur mit mir am Ruder.«
    »Schon gut. Wie du gern möchtest.«
    »Es geht nicht darum, was ich gern möchte, sondern was ich zu tun habe. Was ich tun muß. Und noch etwas brauche ich von dir, ehe wir starten.«
    »Und was wäre das?«
    »Etwas, das es mir möglich macht, mit der veränderten Sachlage fertigzuwerden. Schließlich, es war doch eine

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