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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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erfahren.« Er schwieg und sah sie fest an. »Das einzige, was ich weiß: Dort war einmal unsere Heimat. Und das sollten wir nie vergessen: Unsere eigentliche wirkliche Heimat. Wir können uns noch so viel selber betrügen und uns vormachen, wir sind auf Hydros zuhause - wir bleiben trotzdem alle immer nur Besucher hier.«
    »Besucher?« fragte Sundira.
    Sie stand sehr nahe bei ihm. Die grauen Augen schimmerten hell, die Lippen schimmerten feucht. Lawler hatte das Gefühl, als höben und senkten sich ihre Brüste rascher als gewöhnlich unter dem leichten Wickeltuch. Seine Einbildung? Oder zeigte sie ihm, daß sie ihn wollte?
    »Fühlst du dich denn auf Hydros zu Hause?« fragte er. »So ganz wirklich, echt zu Hause?«
    »Aber natürlich. Du nicht?«
    »Ich wollte, ich könnte es.«
    »Aber du bist doch hier geboren!«
    »Na und?«
    »Ich versteh nicht...«
    »Nun, bin ich ein Gillie? Ein Taucher? Ein Fleischlingsfisch? Die fühlen sich hier zu Hause. Die sind hier zu Hause!«
    »Aber du doch auch.«
    »Du begreifst noch immer nicht«, sagte Lawler.
    »Ich bemühe mich. Ich würde dich gern verstehen.«
    Das wäre jetzt der Augenblick, dachte Lawler, um nach ihr zu greifen, sie fest an mich zu ziehen, sie zu streicheln, dies und das zu tun, mit Händen und Lippen... es zu tun. Sie will dich verstehen, sagte er sich. Also gib ihr ihre Chance.
    Und dann hörte er Delagards Stimme im Kopf: Außerdem ist sie Kinversons Partnerin, oder? Und wenn die zwei verbandelt sind, und sie erweist sich als nützlich, wozu sollte man sie trennen?
    »Ja«, sagte er, und sein Ton war plötzlich abweisend. »Eine Menge Fragen, und kaum Antworten. Ist es nicht immer so?« Und plötzlich wollte er allein sein. Er tippte mit dem Zeigefinger auf den Flakon mit dem Tranquilizer. »Der Vorrat müßte dir für zwei weitere Wochen reichen, genau bis zum Termin unserer Abfahrt. Und wenn der Husten sich nicht wieder bessert, laß es mich wissen.«
    Sie reagierte ein wenig bestürzt auf diese brüske Verabschiedung. Dann aber lächelte sie, bedankte sich und ging. Ach, Mist, Mist, Mist! dachte er.
    DELAGARD SAGTE: »Die Schiffe sind so ziemlich in Schuß, und wir haben noch eine ganze Woche Zeit! Meine Männer haben sich regelrecht die Klöten abgerissen, um das hinzukriegen.«
    Lawler stand am Rand der Werft und schaute aufs Wasser hinaus, wo Delagards ‚Flotte’ ankerte, alle Schiffe bis auf eins, das noch im Trockendock hing und dessen Rumpf ausgebessert wurde. Zwei Schiffszimmerer arbeiteten eifrig daran. Und auf den anderen Schiffen waren drei Männer und vier Frauen eifrig mit Hämmern und Hobeln am Werken. »Ich vermute natürlich, daß du das eben nicht wörtlich gemeint hast.«
    »Was? Wie? Ach so. Sehr komisch, Doc. Aber hör mal, jeder, der für mich arbeitet, hat Klöten, sogar die Weiber. Ich drück mich halt nun mal so ordinär aus. Oder es ist eben eine meiner kleinen sprachlichen Absonderlichkeiten, was dir lieber ist. Möchtest du dir ansehen, was wir gemacht haben?«
    »Ich war noch nie an Bord eines großen Schiffes, stell dir vor. Nur mal so in Fischerbooten, Rutenbooten, weißt du?«
    »Es gibt für alles ein erstes Mal. Komm, ich zeig dir das Flaggschiff.«
    Sobald er an Bord war, erschien Lawler das Schiff viel kleiner als Delagards Schiffe sonst, wenn sie draußen in der Bucht ankerten. Aber, nun ja, es sah doch einigermaßen geräumig genug aus. Fast wie eine Miniatur-Insel. Lawler spürte das leichte Rollen unter den Sohlen, sogar hier im Flachwasser. Der Kiel war aus demselben gelben zähfesten Kelpholzmaterial gefügt, aus dem auch der Inselgrund gefertigt war, aus langen zähen Fasern, die dicht zusammengepreßt und gebündelt und mit Pech kalfatert waren. Aber die Außenhülle der Schiffsrümpfe hatte eine andere Kalfaterung. Ebenso wie die Inseldeiche eine Deckschicht von lebendem Seefingerkraut überzog, das sich fortwährend selbst ergänzte und neustrukturierte im Anprall des Meeres gegen die Inseleinfassung, genau wie die hölzernen Bohlen des Lagunenbodens durch Schichten von schützenden Algen verstärkt wurden, so umspannten auch dichte grüne Geflechte der Seefinger den Schiffsrumpf bis fast zur Reling herauf. Die stummeligen kleinen blaugrünen Schläuche des Gewächses, die für Lawler stets mehr wie winzige Fläschchen als wie Finger ausgesehen hatten, überzogen den Schiffsrumpf mit einem dichten stachligen Mantel, der sich dicht unter der Wasserlinie in einem dichten wulstigen Geflecht ausstülpte. Das

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