Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
Deck war eine feste Fläche aus irgendeiner leichteren Holzart und sorgsam versiegelt, um das Schiffsinnere trocken zu halten, wenn Bugseen über Bord schwappten. Mittschiffs erhoben sich zwei Masten. Luken auf dem Vorschiff und am Heck führten in geheimnisvolle untere Regionen.
    Delagard sagte: »Also, wir haben hauptsächlich die Decks frisch abgedichtet und den Rumpf neu belegt. Wir wollen überall wasserdicht sein. Es ist möglich, daß wir es mit ein paar häßlichen Stürmen zu tun kriegen werden, und mit Sicherheit wird uns da draußen irgendwo die verfluchte Tidenwelle einholen. Auf einem interinsularen Trip könnten wir um Schlechtwettergebiete herumskippern, und wenn es einigermaßen gut läuft für uns, besteht die Hoffnung, daß wir dem Schlimmsten von der Tidenwoge entgehen, aber diesmal wird’s vielleicht nicht ganz so leicht.«
    »Ja, aber das soll doch eine Inselfahrt werden«, sagte Lawler.
    »Schon, aber vielleicht nicht zwischen den Inseln, wie wir es gern hätten. Manchmal muß der Mensch, besonders bei so einer Reise, eben den langen Umweg nehmen.«
    Lawler kam da nicht ganz mit, aber da Delagard nicht näher darauf einging, hakte er nicht nach. Delagard schleppte ihn durch das ganze Schiff und spulte dabei eine Masse technischer Angaben herunter: Das ist das Kajüthaus, dort das Deckhaus, die Brücke, das Vorschiff und das Achterdeck, das Bugspriet, die Winsch, der Wasserläufer, die Kranbrücke und die Winde. Das da sind Gaffelhaken, da ist der Ruderkasten, das da ist das Kompaßhaus. Drunten haben wir da die Mannschaftsquartiere, den Frachtraum, die Magnetronkammer, den Funkraum, die Schiffszimmerei... und dies... und das... Lawler hörte kaum zu. Die meisten Begriffe sagten ihm sowieso nichts. Was ihm allerdings auffiel: Alles unter Deck war so unglaublich dichtgedrängt, alles ineinander gequetscht. Er war die Intimität und Abgeschlossenheit seines Vaargh gewöhnt. Aber hier würden sie sich alle gegenseitig in den Unterhosen rumkriechen sehen. Lawler versuchte sich vorzustellen, daß er es auf dem weiten offenen Ozean zwei, drei, ja vier Boot-Wochen lang in diesem überfüllten Boot würde aushalten müssen... und nirgendwo eine Insel in Sicht.
    Na, also nicht grad ein Boot, sagte er sich. Ein Schiff! Ein hochseetüchtiges Segelschiff!
    »Wie lauten die letzten Bescheide von Salimil?« fragte er, als Delagard ihn endlich aus der beklemmenden Enge des Schiffsbauches nach oben geleitete.
    »Dag verhandelt grad jetzt mit denen. Die Ratssitzung sollte eigentlich heute früh stattfinden. Meiner Vermutung nach kommen wir mit Leichtigkeit durch. Die haben dort ‘ne Menge Platz. Und mein Sohn Tylie rief mich letzte Woche von Salimil an und sagte mir, daß vier Ratsmitglieder fest für uns und zwei weitere nicht abgeneigt sind.«
    »Von wie vielen?«
    »Neun.«
    »Klingt gut.« Also würden sie wohl nach Salimil gehen. Na schön. Wenn es denn sein mußte. Er beschwor ein Bild von Salimil in sich herauf, wie er es sich vorstellte - natürlich ziemlich genauso wie Sorve, aber irgendwie größer, großartiger, üppiger -, und er malte sich aus, wie er seine medizinische Ausrüstung in einem Vaargh verstaute, den sein Kollege, Dr. Nikitin von Salimil, für ihn bereitgestellt hatte. Mit Nikitin hatte er viele Male über Funk gesprochen. Jetzt fragte er sich, wie der Mann tatsächlich aussehen mochte. Salimil, doch, das konnte angehen. Lawler wollte gern glauben, daß Rylie Delagard wußte, wovon er redete, und daß Salimil sie aufnehmen werde. Dann fiel ihm ein, daß Kendy, der andere Delagard, der auf Velmise lebte, ebenso fest überzeugt gewesen war, daß man dort den Flüchtlingen aus Sorve Asyl gewähren werde.
    Sidero Volkin kam an Deck gehumpelt und wandte sich an Delagard. »Dag Tharp ist da. In deinem Büro.«
    Delagard grinste. »Da haben wir unsere Antwort. Gehn wir an Land.«
    Aber Tharp war bereits unterwegs zum Ufer und kam ihnen entgegen, als sie von Bord kletterten, und sobald Lawler den verdatterten Ausdruck in dem scharfen roten Gesicht des kleinen Funkers sah, wußte er, wie die Antwort aus Salimil ausgefallen war.
    »Nun?« fragte Delagard trotzdem.
    »Sie haben uns abgewiesen. Fünf Stimmen gegen vier. Sie haben nicht genug Wasser, sagen sie. Weil der Sommer so trocken war. Sind allerdings bereit, sechs Personen aufzunehmen.«
    »Die Saukerle! Sollen sie in der Hölle braten!«
    »Soll ich ihnen das sagen?« fragte Tharp.
    »Du sagst denen gar nichts. Mit denen vergeuden wir nicht

Weitere Kostenlose Bücher