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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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diesen großen traurigen Augen geblickt, die durch das klare Wasser mit einer fast göttlichen Gleichgültigkeit, ja, wie er sich damals eingebildet hatte, mit seltsam mitleidigem Ausdruck zu ihm zurückgeschaut hatten.
    Diese jetzige Plattform schien nichts mehr und nichts weniger zu sein als eine Art Werkbank. Auf ihrem Rücken schufteten ganze Teams von Gillies. Sie bewegten sich knietief im Wasser und rollten und flochten lange Algenstränge zusammen, die von schimmernden grünen Tentakeln aus der Tiefe auf die Plattform geschoben wurden. Diese Tentakeln waren armdick, sehr beweglich und trugen am Ende fingerähnliche Ausstülpungen. Keiner - nicht einmal Kinverson - hatte die geringste Ahnung, zu welchem Geschöpf diese Extremitäten gehören könnten.
    Der Priester sagte: »Ist es nicht wundervoll, wie sie alle zusammenwirken, diese verschiedenen Tiere!«
    Lawler wandte sich Quillan zu. »Niemand hat bisher gesehen, wie eine Insel gebaut wurde, jedenfalls soweit ich weiß. Unserer Kenntnis nach sind alle Inseln Hunderte, ja Tausende von Jahren alt. Also so machen sie das! Was für ein Anblick!«
    »Eines Tages«, sagte der Priester, »wird es auf diesem Planeten echtes festes Land geben wie auf anderen Welten. Der Boden des Meeres wird sich in Millionen Jahren heben. Und indem sie sich diese künstlichen Eilande bauen und aus dem Meer herauskommen, um auf ihnen zu leben, bereiten sich die Gillies auf ihre nächstfolgende Evolutionsphase vor.«
    Lawler mußte blinzeln. »Woher weißt du das?«
    »Ich habe auf Sunrise Seminare über Geologie und Evolutionstheorie besucht. Ihr glaubt wohl immer noch, daß man uns Geistlichen nichts weiter beibringt als die Liturgie und Bibelzitate? Oder daß wir die Bibel wortwörtlich nehmen müßten? Dieser Planet hier hat eine sehr geruhsame geohistorische Entwicklung, weißt du. Es gab keine dynamischen Krustenbewegungen, durch die Gebirgsketten oder ganze Kontinente aus dem frühzeitlichen Ozean nach oben getrieben wurden, wie dies auf Welten mit Landmassen der Fall war, darum blieb alles auf ungefähr dem gleichen Niveau und vorwiegend unter Wasser. Im Lauf der Zeit konnte das Meer jede Landformation erodieren, die über den Wasserspiegel hinausgeragt hatte. Doch das wird sich ändern. Im Kern des Planeten baut sich zunehmend Druck auf. Gravitationsspannungen im Innern schaffen nach und nach Turbulenz, und in dreißig Millionen Jahren, oder in vierzig, fünfzig...«
    »Moment mal«, sagte Lawler. »Was ist denn dort los?«
    Delagar und Dag Tharp brüllten sich gegenseitig wüst an. Auch Dann Henderson war in den Streit verwickelt. Er war knallrot im Gesicht, auf seiner Stirn stand dick eine Ader. Tharp war ein nervöser, leicht erregbarer Mann, der immer irgendeinen Krach mit irgendwem über irgendwas hatte; doch der Anblick des gewöhnlich zurückhaltenden, eher leisen Henders, anscheinend in höchster Erregung, erzwang Lawlers sofortige Aufmerksamkeit.
    Er ging zu den Männern hinüber.
    »Was ist denn los?«
    Delagard antwortete: »Ach, nur ein bißchen Gehorsamsverweigerung, Doc, ich komme schon damit zurecht.«
    Tharps schnabelartige Nase war tiefrot angelaufen, der wulstige Kehlsack an seinem Hals bebte.
    »Henders und ich haben vorgeschlagen, wir sollten rüber zu der Insel segeln und die Gillies da um Asyl und Zuflucht bitten«, sagte er zu Lawler. »Wir könnten in der Nähe Anker werfen und ihnen beim Bau ihrer Insel helfen. Das war doch gleich von Anfang an eine Art Partnerschaft. Aber Delagard hier, der sagt, nein nein, wir fahren weiter bis Grayvard. Habt ihr ‘ne Ahnung, wie lang wir brauchen, um nach Grayvard zu kommen? Wie viele von diesen hinterhältigen Netzdingern an Bord kriechen können, bevor wir da hinkommen? Oder wer weiß, was sonst noch da draußen auf uns lauert? Und Kinverson sagt, wir haben bisher verdammtes Glück gehabt, daß wir bisher noch nicht auf was richtig Bösartiges gestoßen sind; aber wie lange noch können wir damit rechnen...«
    »Wir segeln nach Grayvard«, sagte Delagard eisig.
    »Siehst du? Da habt ihr’s!«
    Henders sagte: »Wir sollten aber zumindest darüber abstimmen, was meinst du, Doc? Je länger wir unterwegs sind, desto höher wird das Risiko, daß wir in die WOGE geraten oder auf irgendwelche ekligen Kreaturen treffen, wie sie Gabe uns beschrieben hat, oder in ‘nen mörderischen Sturm oder all so was. Hier haben wir ‘ne echte Insel vor uns, noch dazu grad im Bau. Und wenn die Gillies schon Taucher und

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