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Ueber Deutschland

Titel: Ueber Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Germaine de Staël
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vervollkommnete, indem er sich ihrer zu theologischen Erörterungen bediente; seine Psalmen- und Bibel-Uebersetzungen sind noch jetzt schöne Muster. Die Wahrheit und poetische Gedrungenheit seines Stils sind dem Geiste des Deutschen durchaus angemessen, und in dem Schall seiner Worte selbst liegt, ich weiß nicht, was für eine kräftige Freimüthigkeit, auf die man sich vertrauend stützt. Die politischen und Religions-Kriege, in denen die Deutschen zu ihrem Unglück einander bekämpften, wandten die Geister von der Literatur ab, und nur erst im Jahrhunderte Ludwigs des Vierzehnten, in dem Zeitraume, in welchem das Streben, den Franzosen nachzuahmen, sich der meisten Höfe und Schriftsteller Europa's bemächtigte, fing man wieder an, sich damit zu beschäftigen.
    Hagedorns, Gellerts, Weiße's Schriften waren nichts, als schwerfällig gemachtes Französisch; man findet in ihnen weder Eigenthümlichkeit, noch irgend etwas dem natürlichen Geiste ihres Volkes Angemessenes. Diese Schriftsteller strebten nach französischer Anmuth, ohne daß weder ihr Leben, noch ihre Gewohnheiten sie dazu begeisterten, sie schmiegten sich in die Fessel der Regel, ohne weder die Eleganz, noch den Geschmack zu besitzen, die selbst dem Despotismus Annehmlichkeit verleihen können. Auf die Französische folgte bald eine andre Schule, die in der deutschen Schweiz entstand, und zunächst auf die Nachahmung englischer Schriftsteller begründet war. Bodmer, sich auf des grossen Haller Beispiel stützend, suchte zu beweisen, daß die englische Literatur dem deutschen Geist verwandter sey, als die französische. Gottsched, ein Gelehrter ohne Geschmack und ohne Genie, bestritt diese Behauptung. Aus dem Streite dieser beiden Schulen entsprühte großes Licht. Einige Männer fingen schon damals an, sich einen eignen Weg zu bahnen. Klopstock nahm den ersten Platz in der englischen, Wieland in der französischen Schule ein, aber Klopstock eröffnete Nachfolgern eine neue Laufbahn, während Wieland einzeln dasteht, der Erste und der Letzte in der französischen Schule: der Erste, weil in dieser Gattung niemand ihn erreichen konnte, und der Letzte, weil nach ihm die deutschen Schriftsteller einen durchaus verschiedenen Gang nahmen.
    In allen Nationen teutonischen Stammes finden sich Funken jenes heiligen Feuers, das die Zeit mit Asche bedeckt hat; und so geschah es, daß Klopstock, indem er zunächst die Engländer nachahmte, die Einbildungskraft und den eigentümlichen Charakter der Deutschen weckte, während, fast in demselben Augenblicke, Winkelmann in der Kunst, Lessing in der Critik, und Göthe in der Poesie, eine wahrhaft deutsche Schule gründeten: wenn Schule kann genannt werden, worin eben so viel Verschiedenheiten bestehen, als Individuen, oder verschiedenartige Talente. Ich werde im Verlaufe dieses Werks die Poesie, die dramatische Kunst, die Romane und die historische. Literatur besonders behandeln; aber da jeder Schriftsteller von Genie in Deutschland, so zu sagen, eine eigne Schule bildet, so schien es mir nöthig mit der Zeichnung der Hauptzüge jedes einzelnen zu beginnen, und die berühmtesten Gelehrten persönlich zu schildern, bevor ich zur Analyse ihrer Werke übergehe.
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Viertes Capitel. Wieland.
    Von allen Deutschen, die in dem Geiste der französischen Schriftsteller geschrieben, ist Wieland der einzige, in dessen Werken man Genie findet, und wenn er gleich immer als Nachahmer fremder Literaturen aufgetreten, so lassen sich die großen Dienste doch nicht verkennen, die er der seines Volks geleistet, indem er die deutsche Sprache vervollkommnet und ihrem Versbau größere Leichtigkeit und Harmonie gegeben.
    Es gab in Deutschland eine große Zahl von Schriftstellern, die es versuchten, in die Fußstapfen der französischen Literatur aus dem Zeitalter Ludwigs des Vierzehnten zu treten. Wieland ist der erste, der mit Erfolg die des achtzehnten Jahrhunderts einführte. In seinen prosaischen Werken findet sich einige Aehnlichkeit mit Voltaire, in seinen poetischen mit Ariost. Aber durch diese willkührliche Ähnlichkeit, blickt seine durchaus deutsche Natur überall hervor. Wieland ist unendlich unterrichteter als Voltaire, und hat die Alten auf eine viel gründlich gelehrtere Weise studirt als je ein französischer Dichter. Seine Fehler aber, wie seine Eigenschaften, sind von der Art, daß man seinen Schriften nicht die französische Grazie und Leichtigkeit zugestehen kann.
    In seinen philosophischen

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