Ueber Deutschland
worden, ist zuerst der bewundernswürdige Haller zu nennen, dessen poetisches Genie ihm als Weltweisen so wirksame Dienste leistete, indem es ihn mit einem höhern Enthusiasmus für die Natur und allgemeinern Ansichten über ihre Erscheinungen begeisterte; dann Geßner, an dem man in Frankreich selbst größern Geschmack als in Deutschland gefunden; Gleim, Ramler, u.s.w.; und vor ihnen allen Klopstock.
Sein Genie war durch Milton und Young entzündet, aber mit ihm nimmt eigentlich erst die wahre Deutsche Schule ihren Anfang. In einer seiner Oden drückt er auf eine sehr glückliche Weise den Wettstreit der Englischen und Deutschen Muse aus.
Die beiden Musen.
Ich sah, o sagt mir, sah ich, was jetzt geschieht?
Erblick't ich Zukunft? Mit der Britannischen
Sah ich in Streitlauf Deutschlands Muse
Heiß zu den krönenden Zielen fliegen.
Zwei Ziele gränzten, wo sich der Blick verlor,
Dort an die Laufbahn. Eichen beschatteten
Des Hains das eine; nah dem andern
Weheten Palmen im Abendschimmer.
Gewohnt des Streitlaufs, trat die von Albion
Stolz in die Schranken, so wie sie kam, da sie
Einst mit der Mäonid', und jener
Am Kapitol in den heißen Sand trat.
Sie sah die junge bebende Streiterin;
Doch diese bebte männlich, und glühende
Siegswerthe Röthen überströmten
Flammend die Wang', und ihr goldnes Haar flog.
Schon hielt sie mühsam in der empörten Brust
Den engen Athem; hing schon hervorgebeugt
Dem Ziele zu; schon hub der Herold
Ihr die Drommet', und ihr trunkner Blick schwamm.
Stolz auf die Kühne, stolzer auf sich, bemaß
Die hohe Brittin, aber mit edlem Blick,
Dich Thuiskona: «Ja bei Barden
Wuchs ich mit dir in dem Eichenhain auf;
Allein die Sage kam mir, du seyst nicht mehr!
Verzeih, o Muse, wenn du unsterblich bist,
Verzeih, daß ichs erst jetzo lerne;
Doch an dem Ziele nur will ichs lernen!
Dort steht es! Aber siehst du das weitere,
Und seine Kron' auch? – Diesen gehaltnen Muth,
Dies stolze Schweigen, diesen Blick, der
Feurig zur Erde sich senkt, die kenn' ich!
Doch wäg's noch Einmal, eh zu gefahrvoll dir
Der Herold tönet. War es nicht ich, die schon
Mit der am Thermopyl die Bahn maß?
Und mit der hohen der sieben Hügel?»
Sie sprachs. Der ernste richtende Augenblick
Kam mit dem Herold näher. «Ich liebe dich!
Sprach schnell mit Flammenblick Teutona:
Brittin, ich liebe dich mit Bewundrung!
Doch dich nicht heißer, als die Unsterblichkeit
Und jene Palmen! Rühre, dein Genius
Gebeut er's, sie vor mir; doch faß' ich,
Wenn du sie fassest, dann gleich die Kron' auch.
Und, o wie beb' ich! o ihr Unsterblichen!
Vielleicht erreich' ich früher das hohe Ziel!
Dann mag, o dann an meine leichte
Fliegende Locke dein Athem hauchen!»
Der Herold klang! Sie flogen mit Adlereil.
Die weite Laufbahn stäubte, wie Wolken, auf.
Ich sah: Vorbei der Eiche wehte
Dunkler der Staub, und mein Blick verlor sie!
So schließt die Ode, und es ist fein, daß keine als Siegerin genannt wird.
ErfüllungsgehilfeIch verweise die Prüfung der Werke Klopstocks in literarischer Hinsicht zu dem Capitel über die deutsche Poesie, und beschränke mich hier bloß darauf, sie als Thaten seines Lebens zu betrachten. Alle diese Werke hatten keine andere Zwecke, als die Erweckung der Liebe zu seinem Vaterlande, oder den Preis der Religion. Hätte die Dichtkunst ihre Heiligen, Klopstock würde zu den ersten darunter gezählt werden müssen.
Die mehrsten seiner Oden sind christliche Psalmen; Klopstock ist der David des neuen Testaments. Was aber vorzüglich seinem Character – abgesehen von seinem Genie – die höchste Ehre bringt, ist sein großer religiöser Hymnus in der Form des Epos, ein Werk, an welches er zwanzig Jahre seines Lebens gesetzt, sein Messias. Es gab vor ihm zwei christliche Gedichte: Dante's Hölle, und Miltons verlorenes Paradies: das erste voll von Bildern und Wundererscheinungen, wie die äußerliche Religion der Italiener; das andere, hervorstechend in der Characterzeichnung: der Dichter hatte mitten unter bürgerlichen Unruhen gelebt, und sein Satan ist ein gigantischer Aufrührer, der gegen die Monarchie des Himmels die Waffen ergreift. Klopstock dagegen hat das christliche Gefühl in seiner ganzen Reinheit aufgefaßt, nur dem göttlichen Erlöser ist seine Seele geweiht. Dante war durch die Kirchenväter, Milton durch die Bibel begeistert, die größten Schönheiten in Klopstock's Gedichte haben ihre Quelle im Neuen Testament, er weiß aus der
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