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Ueber die Liebe und den Hass

Ueber die Liebe und den Hass

Titel: Ueber die Liebe und den Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachida Lamrabet
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ihre Enkelin mit ihrem Freund vorbei. Calixe schaute ihnen immer lange hinterher. Es stimmte sie immer ein wenig melancholisch, wenn sie das schwarz-weiße Pärchen Arm in Arm aus dem Heim gehen sah.
    Ein Geschlecht ohne Väter, ohne Männer.
    So könnte Calixe ihre Familie beschreiben. Wenn sie zurückblickte, gab es dort weit und breit keinen Mann. Dennoch handelte es sich nicht um eine unbefleckte Empfängnis. Sie hatten existiert, ganz zu Anfang, doch sie verschwanden, sobald ihr Samen sich behaglich in der Wärme eingenistet hatte.
    Und die Töchter, die danach kamen, waren eine lebenslange schmerzhafte Erinnerung an die Abwesenheit, die wie ein Schatten über ihnen schwebte und sie daran hinderte, Anschluss an ein Leben zu finden, wie es hätte sein sollen. Es hatte die Töchter scheu gemacht.
    Ihre Mutter hatte sie eines Abends geküsst und ins Bett gebracht, danach hatte sie sich selbst hingelegt, mit einer Handvoll Pillen und einem Glas Leitungswasser. Am nächsten Morgen hatte Calixe zunächst gewartet und danach vergeblich versucht, sie zu wecken. Es hatte Jahre gedauert, bis sie nicht mehr glaubte, es habe an ihr gelegen, dass ihre Mutter nicht mehr hatte aufwachen wollen.
    Zweifellos waren das seine Augen, die grauen scharfen Augen, die Meneer Dubois mit einer sprachlosen Faszination anschauten.
    Das Baby riss die Augen weit auf und blickte in das faltige, ungewohnt bleiche Gesicht. Das Weiß in seinen Augen war rein und glänzend. Die Welt musste erst noch entdeckt, alles mit den Augen erkannt werden.
    »Tata.« David lachte und dabei fiel ihm der Schnuller aus dem Mund.
    »Tata-ta!«
    »Was?«
    »Ta?«
    »Was willst du mir sagen?«
    Als Reaktion auf Meneer Dubois’ krächzende Stimme fing David aufgeregt mit den Armen und Beinen an zu strampeln. Meneer Dubois griff nach dem Tragebügel des Maxi-Cosi und hob ihn an. Nun fing David noch stärker mit den Beinchen an zu treten. »Taaa-tata!«
    »Hör auf damit, sonst fällst du noch raus.«
    Meneer Dubois platzierte den Maxi-Cosi genau vor den Fernseher.
    »Schau.«
    David gurrte vergnügt und betrachtete noch immer mit aufgerissenen Augen den alten Mann.
    Auf dem Fernsehbildschirm erschienen tanzende Frauen.
    »Gefallen dir die Lieder?«
    »Tata!«
    Im Erdgeschoss war Calixe damit beschäftigt, gemeinsam mit Anne die Stühle und Sofas im Gemeinschaftsraum an die Wände zu rücken. Vereinzelt kamen Heimbewohner für die anstehende Gymnastikstunde.
    Ein Mann schlurfte auf Anne und Calixe zu. Er war groß und kräftig gebaut. Er trug eine grellgrüne Brille, die signalisierte, dass er sich trotz seiner steifen Gelenke noch recht jung fühlte.
    Er baute sich unmittelbar vor Calixe auf und hielt den Kopf ein wenig geneigt, um sie besser betrachten zu können.
    »Muslima?«, fragte er geradeheraus.
    »Was haben Sie gesagt?«, antwortete Calixe, ohne ihre Arbeit zu unterbrechen. Mit einem Finger pikste er Calixe knapp über der Brust. »Muslima?«, fragte er noch einmal nachdrücklich.
    Da stellte sich Anne zwischen die beiden. »Meneer De Meirleir, gehen Sie doch bitte kurz zur Seite, Sie stehen hier im Weg.«
    Der Mann rührte sich nicht vom Fleck und sah zu, wie Calixe Stühle aufeinanderstapelte.
    »Sie wollen wissen, ob ich Muslima bin?« Calixe unterbrach ihre Arbeit nicht. »Nein, bin ich nicht. Und jetzt gehen Sie bitte zur Seite.« Sie stand direkt vor ihm. Er hatte etwas Ungezogenes an sich, fand Calixe, ein Flackern im Blick, das sie nur von Kindern und vereinzelt von sehr alten Menschen kannte.
    Der Mann streckte den Rücken durch und nickte. Er hielt ihr einen gereckten Daumen hin, als wollte er ihr einen erreichten Pluspunkt geben. Danach schlurfte er wieder zu der Gruppe der Alten zurück, die am Rand des leergeräumten Saales warteten. Calixe schüttelte den Kopf.
    Als sie die Tür von Zimmer 205 öffnete, fand sie Meneer Dubois auf seinem Sessel vor dem Fernseher vor. Sie erschrak, weil sie Davids Maxi-Cosi nicht sogleich sah.
    Doch als sie näher trat, konnte sie sehen, dass er auf der anderen Seite des Sessels stand. Sie schauten sich eine Talkshow an.
    »Hat er gestört?«
    Meneer Dubois antwortete nicht.
    »Ich ziehe mich schnell um und hole ihn dann ab.«
    Als sie die Tür hinter sich zuzog, sah Meneer Dubois zu David im Tragesitz.
    Nach einer Weile kam Calixe erneut ins Zimmer. Sie hatte ihre Arbeitskleidung gewechselt und hielt eine Babydecke in der Hand. Vorsichtig deckte sie David, der schon wieder eingeschlafen war, damit zu.
    Meneer

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