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Ueber die Liebe und den Hass

Ueber die Liebe und den Hass

Titel: Ueber die Liebe und den Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachida Lamrabet
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Da war sie vierzehn.«
    »Und wie gelang es dir, sie all die Jahre vor deiner Frau zu verheimlichen?«
    »Chagrin, es ist sinnlos, Fragen zu stellen, auf die es keine Antwort gibt.«
    Auf der Rückfahrt zum Altersheim schwiegen sie beide. Als sie ihn zum Hintereingang begleitete, hielt er sie kurz am Arm fest. Seine wässrigen Augen sahen sie lange an.
    »Bringst du mir David morgen wieder?«
    »Ich muss wohl, denn ich habe noch keine neue Tagesmutter für ihn gefunden. Geh nun, wir sehen uns morgen.«
    Calixe hatte das Gefühl, ihr würde vor Schreck das Herz aus der Brust springen, als sie die Tür von Zimmer 205 öffnete und mitten im Raum die Stationsschwester stand. Das Zimmer war zu einem winzigen Quadratmeter zusammengeschrumpft, jetzt, mit so vielen Leuten und dem Maxi-Cosi mit David darin. Für einen Moment glaubte Calixe, es sei vielleicht doch nichts geschehen und sie könne wieder ruhig weiteratmen. Sie dachte, sie könne der Stationsschwester die Situation glaubwürdig erklären.
    »Das hier ist sehr schlimm, Calixe. Ein schwerer Fehler.«
    Calixe sah die Stationsschwester an, die offenbar selbst nicht recht wusste, wie sie reagieren sollte. Dann schaute sie zu Meneer Dubois, der sie verwundert ansah.
    »Ein schwerer Fehler?«, wiederholte Calixe schließlich, als würde sie erst langsam aus ihrer Sprachlosigkeit erwachen.
    »Ja, ein schwerer Fehler. Du verstehst sicher, dass ich das nicht durchgehen lassen kann. Dass ich etwas tun muss.«
    Die Stationsschwester rang mit den Händen.
    »Ja, das verstehe ich. Ich verstehe, dass du etwas tun musst. In der Vergangenheit hast du schon viel zu oft versäumt, einzugreifen.« Calixe ging zum Maxi-Cosi.
    Nun war es wiederum die Stationsschwester, die Calixe verständnislos anstarrte. »Was willst du damit sagen?«
    »Du weißt sehr genau, was ich damit sagen will. Du hättest etwas tun müssen, aber du hast nichts getan.«
    Die Stationsschwester ging ein paar Schritte zurück und lehnte sich an das niedrige Schränkchen. Sofort schien wieder ausreichend Sauerstoff vorhanden zu sein.
    »Kurz nach deinem Abschied wurde Farida entlassen, und Annick De Smet … trotz allem ist sie eine ausgezeichnete Pflegerin. Nach deinem Weggang hat sie sich vorbildlich verhalten.«
    »Und ich?«
    »Was geschehen ist, ist geschehen. Aber was du nun getan hast, geht wirklich nicht.«
    »Nein.«
    »Du befindest dich noch in der Probezeit, und dann tust du so etwas. Du begreifst gar nicht, wie schlimm ich das finde, nicht nur für uns, sondern vor allem für dich.«
    »Machst du dir etwa meinetwegen Sorgen?«
    Die Frau, die vor ihr stand, war Zeugin all der Schikanen gewesen. Und jedes Mal, wenn ihre Verfolgerinnen sie wieder mit ihren giftigen Bemerkungen in die Enge getrieben hatten, verließ die jetzige Stationsschwester tatenlos den Raum. Manchmal hatten sich ihre Blicke gekreuzt, auf dem Weg nach draußen, während die beiden Pflegerinnen sie weiter bedrängten, weil sie ihre dunkle Hautfarbe unerträglich und unverzeihlich fanden.
    »Nimm das Kind und geh nach Hause. Alles Weitere teile ich dir morgen früh mit.«
    Die ganze Zeit über hatte Meneer Dubois die beiden Frauen reglos angestarrt.
    Als Calixe den Maxi-Cosi hochnahm, ging er schnell zu ihr und legte seine Hand auf den Tragebügel. Er wollte ihr den Sitz abnehmen, aber Calixe ließ nicht los.
    » C’est mon petit-fils. « Seine Unterlippe zitterte. » J’ai le droit d’ ê tre avec mon petit-fils! Ich habe ein Recht darauf, mit meinem Enkel zusammen zu sein.«
    Erschrocken wich die Stationsschwester einen Schritt zurück.
    Calixe war angenehm überrascht von der Entschlossenheit, die in seiner Stimme durchklang.

Rachid
    Ich will wirklich arbeiten, hart arbeiten. Morgens, mittags, abends, sogar nachts. Egal, was. Hauptsache, ich kann loslegen.
    Teller spülen, Tische abräumen, bedienen, Kartons packen, mit einem Gabelstapler fahren, Schwingtore einsetzen, am Fließband arbeiten, Container be- und entladen, Montagearbeiten, ganz egal, was.
    Mein Niederländisch ist tadellos, mit authentischem Dialekt, und ich weiß auch, wann ich welches Sprachregister verwenden muss.
    Ich mag soziale Kontakte. Ich bin verrückt nach Menschen, aber wenn es sein muss, könnte ich auch stundenlang vollkommen allein unterwegs sein, um Sachen mit einem Transporter irgendwohin zu liefern.
    Harte Arbeit schreckt mich nicht, und ich würde alles dafür geben, jeden Tag müde nach Hause zu kommen. Ich durfte das bereits ein paarmal erleben,

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