Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
unhaltbar. Seine eigenen Leute verdächtigten ihn und einen gleichaltrigen Kameraden des Verrats.
    Er flüchtete mit einigen anderen Jungen in einem Wagen über Syrien und die Türkei nach Deutschland. Dort löste sich die Gruppe auf, und Abdel Rahman Fayad reiste allein nach Schweden weiter. Er nahm die Fähre von Saßnitz nach Trelleborg. So war er bei der Trelleborger Polizei gelandet, bei der er um politisches Asyl ersuchte.
    Um glaubwürdig darzulegen, daß er tatsächlich asylberechtigt war, hatte er bei den ersten Polizeivernehmungen ein sehr ausführliches Bild der Lage gegeben, einmal der Organisationen, die ihm im Libanon bekannt waren, zum anderen davon, was derjenige erwarten konnte, der von den eigenen Leuten des Verrats verdächtigt wurde. In dieser Lage gebe es, so erklärte er, keinen anderen Ausweg als die Flucht. Die Gruppen religiöser Fanatiker, die um diese Zeit entstanden, würden ihn töten, weil sie den Verdacht hatten oder gar wußten, daß er etwas mit der »Verräterorganisation PLO« zu tun hatte. Und seine eigenen Leute vertrauten ihm nicht mehr.
    Er mußte überdies ausführlich seine Familienverhältnisse darlegen und erzählen, ob eventuell auch andere Familienangehörige die Absicht hätten, nach Schweden zu flüchten. Klugerweise versicherte er, kein anderer würde auch nur auf den Gedanken kommen, nur aus dem Grund nach Schweden zu flüchten, daß er sich hier aufhalte.
    In den Originalpapieren hatten die ersten Verhöre mehr als zwanzig dicht beschriebene Seiten umfaßt. In Rune Janssons Material wurden einige Seiten im Original wiedergegeben, und dazwischen fanden sich Zusammenfassungen, die ein Computer ausgedruckt hatte.
    Was der junge Abdel Rahman Fayad nicht verstand, als er mit einem offenbar erstaunlich freundlichen Ausländerpolizisten in Trelleborg sprach, war, daß er gleichzeitig mit einer anderen Partei sprach, nämlich der schwedischen Sicherheitspolizei. Sämtliche Vernehmungen von Ausländern, die in Schweden um Asyl nachsuchen, werden routinemäßig von der schwedischen Sicherheitspolizei unter die Lupe genommen. Einmal, weil alles Material, das vor allem für Israel von nachrichtendienstlichem Interesse sein kann, sofort weiterbefördert werden muß. Zum andern aus einem vollkommen anderen Grund, über den Abdel Rahman Fayad schon bald brutal aufgeklärt werden würde.
    Er hatte etwas mehr als drei Monate in einem Sammellager außerhalb von Trelleborg verbracht, als der Blitz einschlug. Drei Monate waren eine psychologisch wichtige Grenze, da es um diese Zeit eine Vorschrift gab, daß derjenige, der sich schon drei Monate im Land aufgehalten hatte, nicht mehr »direkt abgewiesen« werden könne. Abdel Rahman Fayad hatte damit also die erste Hürde in dem ersten Hindernislauf gewonnen, der ihm das Recht eintragen sollte, in Schweden eine Freistatt zu finden.
    Doch dann kam der Wendepunkt in Gestalt einiger nach Trelleborg gereister Spezialisten aus Stockholm, die sofort die Karten auf den Tisch legten. Sie erklärten ganz offen, wie sie es immer taten, jetzt sei die Plauderei mit der Ausländerpolizei beendet, jetzt stelle die Sicherheitspolizei die Fragen. Als sie nach dieser Einleitung präzisere Fragen zu stellen versuchten, um Namen und Details zu erfahren, verweigerte er wie schon erwartet die Antwort und wollte sich damit aus der Affäre ziehen, er habe nur dummes Zeug erzählt und sich aufzuspielen versucht, um sein politisches Asylgesuch glaubwürdiger zu machen.
    Dann folgte der nächste Schachzug. Die Sicherheitspolizisten erklärten ihm, in Wahrheit könnten sie entscheiden, ob er bleiben dürfe oder ausgewiesen werden solle. Darin hatten sie gewiß recht, auch wenn Abdel Rahman Fayad das natürlich nicht gleich verstand. Doch so war es. Nichts von dem, was er über seine politischen Asylgründe gesagt hatte, war in dem Augenblick noch etwas wert, in dem die Säpo ihn zum Terroristen stempelte. In dieser Situation pflegten die Säpo-Leute mit den Fingern zu schnipsen, um anzudeuten, wie leicht sie seine Ausweisung erwirken konnten. Ebenso leicht aber könnten sie dafür sorgen, daß er bleiben dürfe.
    In der Situation äußerten sie meist ihren Vorschlag. Wenn du uns hilfst, werden wir dir helfen.
    Als Abdel Rahman Fayad aufging, daß die schwedischen Säpo-Leute ihn tatsächlich baten, Spion für sie zu werden, wehrte er sich natürlich mit Händen und Füßen. Alles, nur das nicht.
    Dann folgte nach der standardisierten Prozedur der nächste

Weitere Kostenlose Bücher