Über jeden Verdacht erhaben
Vorschlag.
Die schwedische Sicherheitspolizei könne auch dafür sorgen, daß die anderen überlebenden Familienmitglieder aus Shatila, seine Mutter, zwei Schwestern und ein jüngerer Bruder, nach Schweden kommen könnten, um hier von Sozialhilfe zu leben. Die Beamten malten hier ein schwedisches System in den rosigsten Farben, ein System, über das sie sich privat vermutlich ganz anders geäußert hätten.
Damit war der damals erst achtzehn Jahre alte Abdel Rahman Fayad natürlicherweise in einigen Schwierigkeiten gelandet.
Wie fast alle, die von der schwedischen Sicherheitspolizei zu jener Zeit erpreßt wurden, beging er den Fehler, sich auf Verhandlungen einzulassen. Zunächst fragte er nach Garantien. Wie könne er wissen, daß das Angebot tatsächlich ernst gemeint sei?
Das sei einfach, wurde ihm bedeutet. Wenn er eine permanente Aufenthaltsgenehmigung für Schweden erhalte, sei der erste Teil der Vereinbarung erfüllt. Und wenn er dann noch bei einigen Kleinigkeiten mithelfen könne, würden auch die anderen Familienangehörigen schnell nach Schweden kommen.
Diese Versuchung war für den Achtzehnjährigen zu groß, was für die Beamten nicht unerwartet war; schon im nächsten Jahr befanden sich die Überlebenden seiner Familie ebenfalls in Schweden.
Vermutlich hatte er sich wie vor ihm schon so viele andere vorgestellt, weitere Aufträge ablehnen zu können, wenn seine Familienangehörigen sich erst mal in Schweden befanden.
Dagegen hatte die Säpo jedoch eine erprobte Medizin parat. Sie drohten damit, unter Palästinensern und Libanesen durchsickern zu lassen, daß er Säpo-Agent sei. Das würde nicht nur ihn in Lebensgefahr versetzen, sondern auch für seine Mutter und Geschwister eine tödliche Schande bedeuten.
Abdel Rahman Fayad war einer der besten Agenten der schwedischen Sicherheitspolizei und damit automatisch auch Israels in Schweden geworden. Sie hatten sehr auf ihn gesetzt, sowohl mit Geld als auch einer Unterstützung für ein Universitätsstudium. Er war im Lauf der Jahre in Lund, Stockholm und schließlich Umeå tätig gewesen, wobei er jedesmal auf direkten Befehl seiner Auftraggeber umgezogen war.
Jedoch war er während längerer Perioden in seiner Disziplin erheblich schwankend geworden. Unter anderem hatte er bei einigen Gelegenheiten Angaben gemacht, die so total falsch waren, daß man jeden Irrtum ausschließen konnte. Leider hatte sich dies in ein paar Fällen erst herausgestellt, nachdem die Israelis einen leugnenden palästinensischen Verwandten bis zum Tod gefoltert hatten.
Was Abdel Rahman bei der Übergabe seiner Informationen möglicherweise nicht erkannte, war folgendes: Es waren nicht die schwedischen Sicherheitspolizisten, die seine Angaben kontrollierten, sondern israelische Sicherheitsorgane. Und bei denen war die Folter eine der wichtigsten Erkenntnisquellen.
Abdel Rahman Fayad war zum Zeitpunkt seines Todes als Agent »abgewickelt«. Diese Entscheidung war von der höchsten Säpo-Führung gefaßt worden. Die Entscheidung erfolgte im Zusammenhang mit der Entlassung seines letzten Führungsoffiziers, Kriminalinspektor Patrik Vargemyr. Es hatte sich nämlich gezeigt, daß die Anweisung, Fayad abzuwickeln, offenbar nicht bis zu Vargemyr und einigen von dessen Kollegen durchgedrungen war.
Dem zusammenfassenden Bericht waren einige Originaldokumente von Abdel Rahmans Berichterstattung beigefügt, Briefe, in denen er darum bat, aufhören zu dürfen, Kopien von Anfragen des israelischen Sicherheitsdienstes sowie ein Verzeichnis der in Schweden lebenden Familienangehörigen.
Als bedeutender Umstand wurde notiert, daß nach Aktenlage keiner seiner Familienangehörigen eine Ahnung davon gehabt hatte, womit er sich beschäftigte, nicht einmal seine schwedische Frau. Der gängigen Praxis zufolge sollte der eigentliche Auftraggeber, der israelische Sicherheitsdienst, nicht erfahren, wer die »Samir« genannte Quelle in Wahrheit war. In dieser Hinsicht gab es jedoch keine Garantie, da die Säpo schon bei zahlreichen Gelegenheiten eine gewisse Nonchalance an den Tag gelegt hatte, als es gerade im Verhältnis zu den Israelis um die Geheimhaltung gegangen war. Ferner waren die Angaben von »Samir« nicht zufriedenstellend umformuliert worden, bevor sie an die Israelis weitergegeben wurden. Das bedeutete, daß man in Israel mit einiger Wahrscheinlichkeit Informationen nach und nach hatte zusammenfügen und so die Quelle schließlich identifizieren können.
Es fehlte jedoch offenbar
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