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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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an einem Motiv von israelischer Seite, einen formal von einem verbündeten Sicherheitsdienst angestellten Agenten zu beseitigen.
    Rune Jansson war erschüttert, vielleicht eher tief angeekelt, als er die schwarzen Aktenordner in seinem Panzerschrank einschloß. Normalerweise hätte er sich jetzt gleich auf den nächsten Fall gestürzt, zu Hause angerufen und gesagt, er werde sich verspäten; seine Frau war durch seine vielen Reisen im Land Kummer gewohnt.
    Doch dieser Fall war nicht normal. Rune Jansson spürte, daß er sich alles noch einmal von vorn ansehen mußte, zu einem Zeitpunkt, zu dem er nicht so müde und gespalten war. Nebenbei kam ihm der Gedanke, daß Hamiltons Bericht sehr klar und einfach war, frei von schmückendem Beiwerk und vollkommen eiskalt. Daß Hamilton schon früher Berichte zusammengestellt hatte, war leicht zu erkennen, doch das hatte er offenbar in einer völlig anderen Welt getan als der der Polizei.
    Rune Jansson beschloß, nach Hause zu gehen und das zu tun, was er sich schon vor der Lektüre vorgenommen hatte. Er wollte bis auf weiteres alles vergessen, sich seiner Frau und den Kindern widmen und am nächsten Morgen eine Stunde länger schlafen. Dann würde er noch einmal ganz von vorn anfangen.
    Ein Opfer widerstreitender Gefühle , dachte Erik Ponti, als er sich Stenhamra näherte. Es stand außer Frage, daß er richtig gefahren war. Eine drei Meter hohe, weiß getünchte und völlig glatte Mauer gab den ersten Hinweis, die beiden brennenden Partyleuchten am Einfahrtstor gaben den zweiten. Erik Ponti hatte sorgfältig darauf geachtet, rechtzeitig zu kommen, doch ein anderer war ebenfalls pünktlich erschienen, da die großen, glänzenden Stahltore sich gerade hinter einem Wagen schlossen, der die Auffahrt hinauffuhr. Erik Ponti hielt vor dem verschlossenen Tor und sah sich verwirrt um. Oben auf der Mauerkrone verlief ein dünnes Metallkabel. Er vermutete, daß es zu einer Alarmanlage gehörte. Neben dem einen Torpfosten entdeckte er eine kleine Luke, die vermutlich ein Codeschloß verbarg, und darüber entdeckte er eine neugierig glotzende Videokamera. Er rückte ironisch seinen Krawattenknoten zurecht, trat ein paar Schritte vor, stellte sich vor die Videokamera und breitete die Arme aus.
    »Hier stehe ich, ich kann nicht anders«, sprach er in die Kamera.
    Im nächsten Augenblick glitten die beiden Stahltore lautlos auseinander. Als er sich wieder in den Wagen setzte, den ersten Gang einlegte und zu der Allee hochblickte, die zum Eingang des Herrenhauses führte, vor dem zwei andere Wagen parkten, entdeckte er einige Personen, die er für Wachpersonal hielt. Die Szene ließ ihn an den jungen Juristen denken, der einen anderen Grafen besuchen sollte, allerdings in Transsylvanien.
    Seine Frau hatte nicht ohne einige ironische Kommentare auf die Einladung verzichtet. So hatte sie gesagt, Männer und Frauen hätten mitunter verschiedene Interessen; sie selbst hatte sich bei einem anderen Fest mit einem weiblichen Netzwerk angesagt, das in einer Angelegenheit konspirierte, die er schon als künftige Gesetzgebung sah, daß nämlich politisch korrekte Frauen möglichst schnell zu Professorinnen ernannt werden sollten.
    Als er seinen Wagen neben den anderen parkte und die hintere Seitentür aufmachte, um seine Pilotentasche mit Wäsche und Toilettenartikeln herauszunehmen, schlossen zwei Männer aus den Schatten zu ihm auf, musterten ihn und hießen den »Redakteur« willkommen; sie waren mit Maschinenpistolen bewaffnet.
    Als er die Steintreppe hinaufgegangen war und klingeln wollte, drehte er sich um. Die beiden bewaffneten Männer waren wie vom Erdboden verschluckt. Er hatte nicht mal gehört, wie sie sich entfernten. Das war kein guter Anfang, und es reute ihn schon jetzt, daß er der Einladung gefolgt war. Außerdem kam ihm plötzlich der kindische Verdacht, er könnte falsch angezogen sein; er hatte eine Art Kompromiß gewählt, saubere Jeans, Hemd, Krawatte und Jackett, und sich sogar die Schuhe geputzt. Jetzt hatte er plötzlich die Idee, Dracula und die anderen würden ihm in Frack und Abendkleid entgegenkommen.
    Carl machte selbst die Tür auf. Er trug Jeans und ein am Hals offenes schwarzes Seidenhemd.
    »Hallo!« sagte er fröhlich. »Verzeih das Theater an der Einfahrt, aber du bist ja nicht in deinem eigenen Wagen gekommen, und so haben die Computer ein bißchen verrückt gespielt.«
    »Der Wagen ist auf meine Frau eingetragen«, sagte Erik Ponti verlegen. »Das aber nicht aus

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