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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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überraschend. Alle drei Männer hatten einiges zugegeben. Doch nur einer der Verdächtigen hatte bisher ein volles Geständnis abgelegt, nämlich der Beamte des Außenministeriums, der offenbar der weichste der drei war, ein etwas aparter, femininer Typ.
    Der ehemalige Kollege, oder wie man ihn nennen sollte, hatte erklärt, daß er sich gerade mit einer geheimen Operation befasse, die zum Zweck habe, bestimmte russische Nachrichtenoffiziere zu entlarven. Zusammenfassend ließ sich sagen, daß der Mann einfach zuviel gequatscht hatte.
    Als die Vorträge beendet waren, bat Carl um die Ansichten seiner Mitarbeiter zu einem konkreten Problem. Ob es eine gute Idee wäre, den dreien bei Kooperation Strafmilderung zu gewähren? Ob es möglich sei, die Verdächtigen in dieser Hinsicht zu überzeugen? Sei das überhaupt eine legale Methode?
    Carls Chefjurist machte sich an eine komplizierte Beschreibung der sogenannten Kronzeugenregelung, die normalerweise in Schweden nicht angewendet wurde, weil es für solche Dinge keinerlei gesetzliche Grundlage gab.
    »Es dürfte allseits bekannt sein, daß diese Methode bei der schwedischen Polizeiarbeit gelinde gesagt üblich ist«, erklärte der Jurist. »Man redet verdächtigen Gesetzesbrechern ein, daß es ihnen nur zugute kommen kann, wenn sie mit uns zusammenarbeiten, was sie in der Regel aber durchaus nicht tun.
    Es gibt jedoch bestimmte Möglichkeiten, das legale Hindernis gerade bei Verbrechen gegen die Sicherheit des Landes zu umgehen. Das einfachste Beispiel wäre hier der ehemalige Kollege, was im Augenblick wohl die einzig angemessene Bezeichnung für diesen Mann sein dürfte. Mit ihm hätten wir grundsätzlich nach zwei Methoden vorgehen können. Man hätte zu ihm ins Zimmer gehen und die Karten auf den Tisch legen können, um ihm dann sofort gegen ein umfassendes Geständnis und Zusammenarbeit Immunität anzubieten. Dieser Weg wäre nach einer Entscheidung des Säpo-Chefs gangbar, der schließlich darüber entscheiden kann, ob es überhaupt eine Voruntersuchung geben soll. Inwieweit dies eine Gesetzeslükke ist oder nicht, kann man sicher diskutieren, aber die gesetzgebende Körperschaft unseres Landes, der Reichstag, ist in seiner Mehrheit für solche juristischen Feinheiten weder spezialisiert genug noch überhaupt daran interessiert.
    Jetzt, wo alle drei vorläufig festgenommen sind, ist die Lage ein bißchen kniffliger. Inzwischen ist nämlich auf eine Entscheidung von Oberstaatsanwalt Jan Danielsson Rücksicht zu nehmen. Was auf gut schwedisch jetzt nötig ist, ist ganz einfach ein Übereinkommen zwischen dem Säpo-Chef und dem Oberstaatsanwalt.«
    Carl schlug vor, die Vernehmungsgruppe solle diesen Vorschlag bei allen drei Verdächtigen ausprobieren. Es spiele schließlich keine Rolle für die Sicherheit des Landes, ob diese nun zu sechs oder zwölf Jahren Gefängnis verurteilt würden, wohl aber für sie selbst. Es sei zwar wichtig, sie aus dem Verkehr zu ziehen, aber genauso wichtig, sich ein möglichst vollständiges Bild von den neuen Arbeitsmethoden der Russen zu verschaffen. Jemand dagegen?
    Keiner der Anwesenden äußerte ein Wort. Folglich war keiner dagegen, zumindest nicht genügend dagegen, um es dem Schwarzen Admiral in diesem Augenblick zu sagen. Damit beendete Carl die Konferenz und rief Lars Kjellsson an. Er teilte diesem kurz angebunden mit, er sehe keinerlei Hindernisse für das Verfahren Haftbefehl, Prozeß und Verurteilung. Dann gab es noch einige praktische Fragen, nämlich die Verhandlung darüber, ob man die Höhe der Strafe gegen umfassende Geständnisse mildern könne, und so weiter, doch dazu brauche die Führung des Landes wohl nicht gerade heute Stellung zu nehmen? Wie schon gesagt, drei Festnahmen seien die Ernte des Tages.
    Lars Kjellsson beendete das Telefonat schnell. Am Abend sollte sich der Ministerpräsident in den Fernsehnachrichten äußern, und jetzt brauchte er nur noch auf den Wagen aufzuspringen, den Carl ihnen gezeigt hatte: Es sei das Verdienst der neuen Regierung, daß die Spione hätten gefaßt werden können, und so weiter.
    Carl nahm den Hörer schnell wieder auf, rief den Personenschutz an und teilte mit, er habe die Absicht, in zwanzig Minuten in seinem eigenen Wagen nach Hause zu fahren. Er fragte, ob das für die Vorbereitungen Zeit genug sei.
    Das war es nicht, wie der nervösen Stimme am anderen Ende anzumerken war, obwohl sie versicherte, natürlich lasse sich das machen. Carl korrigierte sich und machte eine

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